Norbert Bischofberger
Schweiz

«‹Spirituelle Wege der Schweiz› ist mein Herzensprojekt»

Bern, 26.10.17 (kath.ch) Die Sendung «Sternstunde Religion» nimmt die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Sendereihe «Spirituelle Wege der Schweiz» mit auf  Wanderungen durch die Schweiz. Moderator Norbert Bischofberger erkundet dabei Pilgerwege in drei Berner Regionen, die seit jeher von christlichen, römischen und keltischen Einflüssen geprägt sind. Mit kath.ch sprach der Theologe über seine Erlebnisse während den Dreharbeiten.

Vera Rüttimann

Herr Bischofberger, wie kam das Projekt «Spirituelle Wege der Schweiz» zustande? 

Norbert Bischofberger: Ich gehe persönlich gerne in die Natur raus. Ich mag Wandern und Bergsteigen. Ich habe in der Redaktionssitzung eine Sendung angeregt nach dem Motto: Raus aus dem Studio, näher zu den Leuten. Meine  Redaktionskolleginnen fanden das eine gute Idee. So kam das Projekt mit dem Namen «Spirituelle Wege der Schweiz» auf die Welt.

Auf der Website von «Sternstunde» schreiben Sie: «Auf spirituellen Wanderungen im Berner Oberland, im Schwarzenburgerland und im Jura erlebe ich wahre Wunder.» Wo erlebten Sie Wunder?

Bischofberger: Das beginnt schon mit der Natur: Mit der S-Bahn ist man vom Bahnhof Bern in 35 Minuten im Schwarzenburgerland – und das ist eine fantastische Landschaft. Ich hatte sehr schöne Begegnungen mit der Natur erlebt und Tiere gesehen, wie Feuersalamander, Frösche oder Raubvögel. Jedes Mal sind es kleine Wunder der Natur, die ich aufmerksam in mir aufnehme.

«In diesen Tagen war wenig Ruhe für mich drin.»

Welche spirituellen Orte sind Ihnen beim Dreh besonders in Erinnerung geblieben?

Bischofberger: Besonders beeindruckt haben mich persönlich die Beatus-Höhlen. Ich habe sie einmal mit der Familie besucht und gedacht, das sei ein touristischer Hotspot. Dann aber habe ich dort den Heiligen Beatus entdeckt. Beat ist mein zweiter Vorname. Ich habe mich anschliessend tiefer mit der Geschichte dieses Heiligen beschäftigt, der einst einen Drachen aus dieser Höhle ausgetrieben haben soll.

Wir waren dann für die Dreharbeiten nach Betriebsschluss in den Beatus-Höhlen. Es war dunkel. Zuerst habe ich gedacht, dass sich ein Gefühl der Enge ausbreiten wird. Es war dann aber ein Gefühl der Geborgenheit, ein Gefühl des ganz nah bei mir seins.

Sie besuchten für Ihre Sendung auch eine Täufer-Gemeinschaft.

Bischofberger: Ja, ich besuchte das Geisskirchlein im Berner Jura. Dort nahm ich an der einmal im Jahr stattfindenden Gedenkfeier für die Täufer teil. Diese Gemeinschaft der Täufer und ihr inniger Glaube, das hat mich sehr beeindruckt und berührt. Wir kamen beim Dreh auch mit dem Bauern Pierre Zürcher ins Gespräch, der über die Täufer im Berner Jura und über seine Familiengeschichte geforscht hat. Auch dieser Fall zeigt: Wir hatten und haben bei diesem Filmprojekt wirklich die Chance, Menschen zu begegnen, die wir sonst vielleicht nicht ins Fernsehstudio einladen würden.

 

Erster Teil der Serie «Im Land des Beatus»:

 

Bei den Dreharbeiten ist mir insgesamt aufgefallen, wie tief die Wurzeln der Spiritualität reichen. An jeder Ecke trat etwas Religiöses zu Tage. Es konnte ein Kirchlein sein oder ein Ort, der lange schon als keltischer Kultort gilt. Wie tief diese spirituellen Wurzeln in den Landschaften und in die Geschichte eines Ortes reichen, erstaunte mich immer wieder.

Gab es Menschen beim Dreh, die Sie besonders beeindruckt haben?

Bischofberger: Da war diese Bäuerin aus dem Schwarzenburgerland, bei der Pilger und Pilgerinnen nachts im Stroh übernachten können. Sie selber bezeichnet sich als eine spirituelle Frau. Ich sprach mit ihr über das Pilgern heute. Bei ihr führt der Jakobsweg nach Santiago de Compostela vorbei. Sie erzählte mir von Menschen, die aus sehr unterschiedlichen Motiven pilgern: Zur Selbstfindung, zur Selbstläuterung, zur sportlichen Betätigung, aber auch, weil sie ein religiöses Ziel verfolgen.

Was macht das Pilgern mit Ihnen?

Bischofberger: Beim Gehen kann ich selber persönlich entschlacken. Es ist, wie wenn Ballast von mir abfallen würde. Andere setzen sich stundenlang aufs Meditationskissen. Bei mir klärt sich Vieles beim Gehen . Ich muss jedoch betonen, dass die Dreharbeiten zu diesen «spirituellen Wegen» sehr intensiv waren. Pro Folge waren wir vier Tage unterwegs mit drei Kameras plus Drohne. Ein hoher Personalaufwand, bei dem ich sehr gefordert war. Zudem war da immer auch ein gewisses Bibbern, dass das Wetter einigermassen hält. So war in diesen Tagen wenig Ruhe für mich drin.

Nach welchen Kriterien suchten Sie Leute und Orte für die Sendungen aus?

Bischofberger: Es gibt sehr viele spirituelle Orte und Wege in der Schweiz. Wir haben uns dann für eine erste Serie von drei Pfaden entschieden, die in der gleichen Region liegen. Deshalb gehen wir mit der Sendung zweimal ins Berner Oberland und einmal in den Berner Jura. Wir wollen die Reihe jedoch weiter führen und auch andere Gegenden und Landschaften besuchen.

Wie fallen die Reaktionen der Zuschauer auf Sendungen aus?

Bischofberger: Wir haben festgestellt, dass die Resonanz beim Publikum rein quantitativ über dem Durchschnitt der üblichen Sendungen von «Sternstunde Religion» liegt. Wir haben uns erhofft, dass es so ist. Es haben sich etliche Zuschauer gemeldet per E-Mail und über die sozialen Medien gemeldet. Verschiedene haben uns auch ihre Publikationen und  Bücher zugeschickt. Der Autor Bernd Steiner beispielsweise schickt mir sein  Buch «Götterwohnungen», das die Kulturgeschichte der sakralen Bäume zum Thema hat. Über solche Reaktionen freue ich mich sehr, weil diese Sendung für mich ein Herzensprojekt ist.

Pilgern, Kraftorte, Spiritualität: Woher kommt es, dass in der Schweiz das Bedürfnis nach diesen Dingen so gross ist?

Bischofberger: Ich habe für mich schon lange festgestellt, dass wir eigentlich vor der Haustüre wunderbare Wunderwelten haben. Vielleicht entdecken das jetzt viele andere auch, haben es vielleicht schon entdeckt! Über die Motivation anderer zu spekulieren, ist immer schwierig, aber vielleicht machen sich heute mehr Menschen selber auf den Weg, auch spirituell, und suchen eigene Pfade. Es sind dann vielleicht Pfade, die sich kreuzen mit den Wegen der grossen Konfessionen. Es sind vielleicht aber auch ganz persönliche Pfade, die Menschen für sich entdecken.

Die letzte Sendung der drei-teiligen Serie «Spirituelle Wege der Schweiz» auf SRF läuft am 29. Oktober um 10 Uhr.

 

Norbert Bischofberger | © SRF
26. Oktober 2017 | 11:22
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Norbert Bischofberger

Der Journalist und Theologe Norbert Bischofberger arbeitet seit 2002 als Redaktor und Moderator für die Sternstunden. Aufgewachsen in St. Gallen und römisch-katholisch sozialisiert, besuchte er vor seinem Theologiestudium das Internat der Benediktiner in  Sarnen. «Sei kein Frosch im nächsten Leben!» war das Motto seiner Doktorarbeit zum Thema Reinkarnation und christlicher Glaube. Bischofberger pflegt einen sehr weiten Begriff von Spiritualität. Er bedeutet für ihn Gottesbegegnung, Begegnung mit Menschen und mit der Natur. Die Vielfalt der Weltreligionen und die verschiedenen spirituellen Wege faszinieren ihn und finden Ausdruck in seinen Beiträgen für die Sternstunden.