Kardinal Kurt Koch an einem Gottesdienst 2021 in Rom.
Vatikan

So funktioniert der Vatikan: 16 Dikasterien, ein Staatssekretariat, drei Gerichte und mehr

Papst Franziskus wertet mit der neuen Vatikan-Verfassung die Themen Evangelisierung und Dienst der Nächstenliebe auf. Das Dikasterium von Kurienkardinal Kurt Koch wird an elfter Stelle aufgeführt.

Anna Mertens

Nach mehrjähriger Arbeit hat der Vatikan am Samstag überraschend die Neuordnung der römischen Kurieveröffentlicht. Die Apostolische Konstitution «Praedicate evangelium» regelt den Aufbau der Kurie, darunter die Zuschnitte der Dikasterien, Justiz- und Wirtschaftsorgane sowie der Büros des Heiligens Stuhls. Sie soll am Pfingstsonntag (5. Mai) in Kraft treten. Eine Übersicht.

Staatssekretariat

Das Staatssekretariat bleibt oberstes Leitungsorgan der Kurie. Es setzt sich aus drei Abteilungen zusammen: Die Sektion für allgemeine Angelegenheiten, zuständig vor allem als päpstliches Büro und für die Kurie; die Sektion für die Beziehungen zu Staaten und internationalen Organisationen sowie die Sektion für das diplomatische Personal, die für Nuntiaturen weltweit zuständig ist.

Evangelisierung

Das neu geschaffene Dikasterium für Evangelisierung vereint den Rat für Neuevangelisierung und die Missionskongregration. Es bekommt zwei Sektionen: Eine für grundlegende Fragen der Evangelisierung, eineweitere für die Erstevangelisierung. Vorsitzender ist der Papst selbst. Jede Sektion wird von einem Pro-Präfekten geleitet. Eine der Aufgaben ist es zu verstehen, warum sich Menschen vom Glauben abwenden, sie vom Evangelium zu überzeugen sowie die Ortskirchen in dieser Arbeit zu unterstützen. Auch die Katechese-Arbeit von Laien soll gefördert werden.

Glaubenslehre

Das Dikasterium für die Glaubenslehre soll Papst und Bischöfen helfen, die kirchliche Glaubens- und Morallehre zu schützen, zu fördern und gegebenenfalls weiterzuentwickeln. Die Behörde hat ebenfalls zwei Sektionen: eine für Lehre und eine für Disziplinarangelegenheiten zur Aufklärung von Missbrauch. Neu ist,dass die Päpstliche Kinderschutzkommission in der Behörde angesiedelt und damit aufgewertet wird.

Dienst der Nächstenliebe

Das Dikasterium für den Dienst der Nächstenliebe ist die deutliche Aufwertung des bisherigen Päpstlichen Almosenamtes. Die Behörde soll im Auftrag des Papstes weltweit punktuelle Nothilfe leisten, vor allem für Arme. Sie darf daher um Spenden werben und diese annehmen.

Orientalische Kirchen

Das Dikasterium für die Orientalischen Kirchen ist für die katholischen Ostkirchen und deren Belange zuständig. Mitglieder sind automatisch deren Patriarchen, Erzbischöfe sowie der Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen.

Gottesdienst und Sakramentenordnung

Im Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung dreht sich alles um die Liturgie und das liturgische Leben. Hier ist auch die Vorbereitung von Eucharistischen Kongressen angesiedelt.

Selig- und Heiligsprechungen

Das Dikasterium für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse befasst sich mit den genannten Verfahren – von den eingereichten Dokumenten bis hin zum Datum der Selig- oder Heiligsprechung.

Bischöfe

Das Dikasterium für die Bischöfe ist zuständig für die Bischöfe weltweit, mit Ausnahme jener Regionen, um die sich bisher die Missionskongregation kümmerte. In diesem Sinne regelt es die Ernennung neuer Bischöfe, Rücktritte und Amtsverzichte und bringt sich bei der Aus- und Weiterbildung ein. Die Konstitution fügt hierexplizit an, die Ortskirchen und ihre Gläubigen sollten bei der Auswahl der Bischöfe einbezogen werden.

Klerus

Das Dikasterium für den Klerus soll eng mit dem für die Bischöfe zusammenarbeiten. Zugleich steht hier die Ausbildung neuer Priester im Vordergrund und die Frage, wie dem weltweiten Priestermangel abgeholfen werden kann.

Institute des gottgeweihten Lebens

Das Dikasterium für die Institute des gottgeweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens kümmert sich um kirchliche Orden und andere geistliche Gemeinschaften, um Neugründungen, aber auch um die Einhaltung ordensinterner Regelungen.

Laien, Familie und Leben

Das Dikasterium für Laien, Familie und Leben soll die Jugend- und Familienpastoral fördern. Zugleich hebt die Konstitution die besondere Rolle von Frauen und Männern hervor und hält fest, dass sich das Dikasterium mit der «Vielfalt der anthropologischen, soziokulturellen und wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen Paare und Familien zusammenleben» beschäftigen soll. Auch Gründe für Ehekrisen sollen untersucht werden.

Einheit der Christen

Aufgabe des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen bleibt es, das ökumenische Engagement innerhalb der katholischen Kirche wie auch die Beziehungen zu anderen Kirchen zu fördern. Der ehemalige Bischof von Basel, Kurienkardinal Kurt Koch, leitet die Behörde. Die beim Dikasterium angesiedelte «Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum» bleibt dort bestehen.

Interreligiöser Dialog

Das Dikasterium für den interreligiösen Dialog ist zuständig für den Austausch mit den nicht-christlichen Religionen – abgesehen vom Judentum. Hierbei soll es eine «Haltung des Zuhörens, der Wertschätzung und des Respekts» fördern, bis in die Pfarreien hinein. In Zusammenarbeit mit den betroffenen Bischofskonferenzen soll es im Nahen Osten Kommissionen für den Austausch mit Muslimen geben.

Bildung und Kultur

Aus dem ehemaligen Kulturrat und der Bildungskongregation wird das Dikasterium für Bildung und Kultur. Es ist in zwei Sektionen unterteilt. Die Kultursektion soll sich um den kulturellen Austausch und Erhalt des kulturellen Erbes kümmern. Die Sektion für Bildung befasst sich mit katholischen Schulen und Hochschulen weltweit. Das Dikasterium koordiniert auch die Aktivitäten einiger Päpstlicher Akademien.

Entwicklungsdikasterium

Im Dikasterium für den Dienst ganzheitlicher menschlicher Entwicklung, kurz Entwicklungsdikasterium, stehen die Themen Bewahrung der Schöpfung, Migration und humanitäre Notsituationen im Vordergrund. Ebenfalls genannt werden der Kampf gegen Menschenhandel und Sklaverei, Friedensförderung oder der Ausbau einer gerechten Gesundheitsversorgung. Hierbei soll es mit zivilgesellschaftlichen Organisationen eng zusammenarbeiten und übersieht weiterhin Caritas internationalis sowie die Migrationskommission.

Gesetzestexte

Das Dikasterium für Gesetzestexte soll die Kenntnis und die Akzeptanz des Kirchenrechts weltweit fördern. Es hilft bei der Formulierung neuer Dekrete und prüft, ob bestehende Rechtsvorschriften aktualisiert werden müssen.

Kommunikation

Im Dikasterium für Kommunikation wurden vor geraumer Zeit alle selbstständigen vatikanischen Medien zusammengeführt. Bei seiner Öffentlichkeits- und Medienarbeit soll es alle «derzeit verfügbaren und die sich in Zukunft entwickelnden Produktionsmodelle, technologischen Innovationen und Kommunikationsformen» nutzen. Und alle anderen Dikasterien unterstützen.

Justiz

Als die drei unabhängigen Justizorgane nennt die Kurienordnung: die Apostolische Pönitentiarie, das Oberste Gericht der Apostolischen Signatur als höchstes Verwaltungsgericht sowie die Römischen Rota. Letztere entscheidet unter anderem über Ehe-Nichtigkeitsverfahren, aber auch über Fragen der Nichtigkeit einer Priesterweihe. Hinzu kommt der Gerichtshof des Vatikanstaates samt Berufungsgericht.

Wirtschaftsrat

Für wirtschaftliche Fragen zuständig ist der Wirtschaftsrat, der die Verwaltungs- und Finanzstrukturen sowie deren Tätigkeiten überwachen soll. Er besteht aus acht Kardinälen und sieben Laien und genehmigt unter anderem den Haushaltsplan.

Der Rat soll eng kooperieren mit dem Sekretariat für Wirtschaft. Dieses ist für die Regulierung, Kontrolle und Überwachung der wirtschaftlichen, finanziellen und administrativen Angelegenheiten der Kurie zuständig. Hier wird der Jahreshaushalt erstellt. Hier sitzt die Direktion für das Personalwesen.

Vermögensverwaltung

Die Vermögensverwaltung des Apostolischen Stuhls kümmert sich um alle Liegenschaften und Vermögenswerte des Heiligen Stuhls. Der Generalrevisor indes übersieht mit seinen Mitarbeitern denkonsolidierten Haushalt des Heiligen Stuhls in allen Einzelheiten. Bei der Kommission für vertrauliche Angelegenheiten landen Verträge, die der Vatikan mit anderen Stellen schliesst. Ihm zur Seite steht derInvestitionsausschuss.

Innerhalb der vatikanischen Mauern gibt es des Weiteren die Präfektur des Päpstlichen Hauses. Der Präfekt überwacht die innere Ordnung, organisiert päpstliche Zeremonien und Audienzen sowie Reisen innerhalb Italiens. Das Büro für die liturgischen Feiern des Papstes kümmert sich um alle liturgischen Feiern im Namen des Papstes, auch wenn andere Kardinäle der Messe vorstehen. Der Camerlengo schliesslich kümmert sich um alles rund um und während einer Sedisvakanz, also nach Tod oder Rücktritt eines Papstes. (cic)


Kardinal Kurt Koch an einem Gottesdienst 2021 in Rom. | © KNA
19. März 2022 | 17:30
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