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Neuer Vatikan-Posten für Argentinier, der plötzlich sein Bistum verliess

Rom/Buenos Aires, 26.12.17 (kath.ch) Für Stirnrunzeln sorgte eine nur zweizeilige Pressemitteilung des Vatikan, die vor einer Woche verschickt wurde: «Der Heilige Vater hat Seine Exzellenz Gustavo Oscar Zanchetta, emeritierter Bischof von Oran/Argentinien, zum Assessor der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls (Apsa) ernannt.» Wen? Und auf welchen Posten?, fragte sich da mancher.

Roland Juchem

Einen Assessor – Referenten, Dezernenten – der Vatikanischen Güterverwaltung gibt es bisher nicht. Jedenfalls nicht laut Päpstlichem Jahrbuch, dem kompletten Adressverzeichnis der katholischen Kirche. Dass im Zuge der Kurienreform durch den Papst ein Posten neu geschaffen wird, wäre nicht so ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist eher die Besetzung.

Denn die Formulierung «emeritierter Bischof» lässt an einen Endsiebziger denken. Doch Gustavo Zanchetta ist erst 53 Jahre alt, war bis Ende Juli dieses Jahres Bischof von Oran im Norden Argentiniens. Und das kaum vier Jahre lang. Dann, so berichteten argentinische Medien, verschwand er urplötzlich am 29. Juli aus seinem Bistum – ohne sich offiziell zu verabschieden.

Kein persönlicher Abschied

In einem Brief, der per Internet verteilt wurde, gab Zanchetta als Grund «ein gesundheitliches Problem» an, für das er sich sofort andernorts in Behandlung begeben müsse. Daher sei es ihm nicht mehr möglich, angesichts «der grossen Ausdehnung des Bistums und der enormen Herausforderungen», vor denen die Kirche im Norden des Landes stehe, «seinen pastoralen Dienst vollständig auszuüben». Es tue ihm leid, dass er sich nicht persönlich habe verabschieden können.

Die Entscheidung, ob der Papst seinen Rücktritt überhaupt annehmen würde, wartete Zanchetta nicht in seinem Bistum ab, sondern im 860 Kilometer entfernten Corrientes. Am 1. August dann teilten der Vatikan und die Nuntiatur in Buenos Aires mit, Zanchettas Rücktrittsangebot sei angenommen.

Das Gerüchtekarussell

In argentinischen Medien tauchten Gerüchte und Spekulationen auf. Sie reichten von diversen gesundheitlichen Gebrechen über finanzielle Unregelmässigkeiten im Bistum bis zu Drohungen der in der Region aktiven Drogenkartelle. Offizielle Erklärungen gab es bislang nicht.

Vor seiner Zeit als Bischof von Oran war Zanchetta im Bistum Quilmes bischöflicher Vikar für Wirtschaftsfragen, Generalbevollmächtigter und rechtlicher Vertreter aller Schulen der Diözese. Medienberichten zufolge gab es auch damals Vorwürfe gegen ihn, etwa wegen Misswirtschaft – ebenso später in Oran. Wie substanziell die Vorwürfe waren, wie viel innerkirchliches Konkurrenzdenken sich dahinter verbarg, ist unklar – in kirchlichen Kreisen galt Zanchetta wohl als ruppig und harsch. All das dürfte seinen Weggang in Oran beschleunigt haben.

Zweieinhalb Monate später, so der italienische Online-Dienst «Vatican Insider», tauchte Zanchetta in Madrid auf – bei der Eröffnung des akademischen Jahres an der kirchlichen Universität San Damaso. «Ohne erkennbare gesundheitliche Probleme», wie der Dienst schreibt. Ansonsten war so gut wie nichts von Zanchetta zu hören.

Weitere offene Fragen

Kurz vor Weihnachten zauberte ihn der Papst quasi aus dem Hut für einen neuen Posten in einer der einflussreichsten vatikanischen Behörden. Die Apsa fungiert für den Vatikan und den Heiligen Stuhl als eine Art Zentralbank.

Bislang ist unklar, welche Aufgaben Zanchetta als Assessor der Apsa wahrnehmen soll. Und ob er sich dafür ständig in Rom aufhalten muss, auch wenn er Medienberichten nach jüngst bereits im Vatikan gesehen wurde. Wenn der Argentinier denn Franziskus’ Kurienreform stützen soll, wäre eine Anwesenheit in Rom wohl dienlich. Der Leiter der Apsa, Kardinal Domenico Calcagno, vollendet jedenfalls Anfang Februar sein 75. Lebensjahr. Andrerseits ist das kein Datum, zu dem ein Kardinal unbedingt in den Ruhestand geht.

Eine eigene unabhängige Kontrolle der Behörde wird Zanchetta jedenfalls nicht leisten können. Dafür ist das von Franziskus neu geschaffene Wirtschaftssekretariat zuständig. Dessen Leiter, der australische Kardinal George Pell, lässt allerdings sein Amt derzeit ruhen, weil er sich in Australien vor Gericht wegen sexuellen Missbrauchs verantworten muss. (cic)

Rom | © pixabay
26. Dezember 2017 | 09:35
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