Theodore E. McCarrick wurde 2019 von Papst Franziskus aus dem Klerikerstand entfernt.
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Papst entlässt Erzbischof wegen Missbrauchsskandal aus Kardinalsstand

Washington/Rom, 28.7.18 (kath.ch) Papst Franziskus hat den von Missbrauchsvorwürfen belasteten früheren Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick, aus dem Kardinalsstand entlassen. Wie der Vatikan am Samstag mitteilte, nahm Papst Franziskus ein entsprechendes Rücktrittsgesuch des 88-Jährigen an.

Laut Medienberichten soll McCarrick, der von 2001 bis 2006 die Erzdiözese Washington leitete, junge Priesteranwärter zum Sex genötigt sowie auch mindestens zwei Minderjährige missbraucht haben. Die bisher bekanntgewordenen Vorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum zwischen 1970 bis 1990 und damit auf die Zeit vor der Ernennung McCarricks zum Erzbischof von Washington.

Von priesterlichen Diensten suspendiert

Wie das vatikanische Presseamt weiter bekanntgab, ging der Brief McCarricks am Freitag ein. Franziskus habe ihn von der Ausübung sämtlicher priesterlicher Dienste in der Öffentlichkeit suspendiert. Zugleich wurde verfügt, dass sich der frühere Erzbischof an einen noch näher zu bestimmenden Ort zurückziehen solle, um dort «ein Leben in Gebet und Busse zu führen». Dies solange, bis die Anschuldigungen gegen ihn in einem kirchenrechtlichen Prozess geklärt seien.

Einen ähnlichen Fall gab es zuletzt 2015. Damals verlor der frühere Erzbischof von Edinburgh, Keith Michael Patrick O’Brien, seine Rechte und Privilegien als Kardinal. O’Brien hatte 2013 die sexuelle Belästigung von Priesteramtskandidaten zugegeben und kurz darauf sein Amt als Erzbischof der schottischen Diözese niedergelegt.

Rücktritte sehr selten

Wenig später zog sich O’Brien in Abstimmung mit dem Papst für mehrere Monate zu «geistlicher Erneuerung, Gebet und Busse» ins Ausland zurück. Zu dem 2015 eingereichten Verzicht auf die Kardinalswürde hiess es wörtlich aus dem Vatikan, diesen habe O’Brien «am Ende eines langen Weges des Gebets» eingereicht.

Der vorletzte Fall eines Rücktritts geht auf das Jahr 1927 trat der französische Kardinal und Jesuit Louis Billot (1846-1931) nach einem Streit mit Papst Pius XI. (1922-1939) zurück. Grund war Billots Unterstützung für die rechtsextreme und monarchistische Bewegung Action Française, die der Papst verurteilte.

Besondere Rechte gehen verloren

Mit dem Verzicht auf die Kardinalswürde (siehe Beitrag rechts) erlischt das Recht des Betreffenden zur Teilnahme an einer Papstwahl und zur besonderen Beratung des Papstes. Er kann nicht mehr an Konsistorien, den Kardinalsversammlungen, teilnehmen.

Mit dem Rücktritt McCarricks gibt es in der katholischen Kirche derzeit 224 Kardinäle. Davon sind 124 unter 80 Jahre alt und damit zu einer Papstwahl berechtigt. (kna)

Theodore E. McCarrick wurde 2019 von Papst Franziskus aus dem Klerikerstand entfernt. | © KNA
28. Juli 2018 | 13:54
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Kardinalswürde

Ein Kardinal ist der höchste katholische Würdenträger nach dem Papst. Das Wort «Kardinal» leitet sich vom lateinischen Wort «cardo» (Türangel) ab. Das Kardinalskollegium ist das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, für die Papstwahl zu sorgen. Der Papst bestimmt die Kardinäle frei.

Zu Kardinälen werden die Leiter aller römischen Kongregationen wie auch die Chefs anderer wichtiger Kurienbehörden ernannt. Ausserdem ist die Würde traditionell an grosse und wichtige Diözesen gebunden.

Aus der Schweiz gehören der frühere Bischof von Basel, Kurt Koch, als Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, sowie Henri Schwery, früherer Bischof von Sitten, zum Kardinalskollegium. Letzterer kann, da über 80 Jahre alt, nicht mehr bei einer Papstwahl mitwirken.

Am 28. Mai 1988 wurde der Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar durch Papst Johannes Paul II. zum Kardinal ernannt. Von Balthasar war seit 1969 Mitglied der Internationalen Theologen-Kommission in Rom. Er starb einen Monat nach der Ernennung und konnte die Kardinalswürde nicht mehr antreten. (kna/ms)