Papst Franziskus nach seiner Rede in Dublin
International

Papst bekennt in Irland Scham über «abscheuliche Verbrechen»

Dublin, 25.8.18 (kath.ch) Papst Franziskus hat in Irland Scham über die «abscheulichen Verbrechen» katholischer Kleriker an Minderjährigen bekannt. Er müsse den «schweren Skandal» anerkennen, der durch den Missbrauch Minderjähriger durch Mitglieder der Kirche verursacht worden sei, «die beauftragt waren, sie zu schützen und zu erziehen», sagte der Papst am Samstag zu Beginn seines zweitägigen Besuchs.

Der Skandal mache zugleich die Notwendigkeit bewusst, jungen Menschen eine «besonnene Begleitung und gesunde Werte für ihren Wachstumsprozess anzubieten». Franziskus äusserte sich in einer Rede im Schloss von Dublin vor Vertretern aus Politik und Gesellschaft.

«Ursache von Leid und Scham für die katholische Gemeinschaft»

Franziskus räumte ein «Versäumnis» von Bischöfen, Ordensoberen und anderen Verantwortungsträgern ein, auf die Vergehen an Minderjährigen angemessen zu reagieren. Dies habe «zu Recht Empörung hervorgerufen» und bleibe «eine Ursache von Leid und Scham für die katholische Gemeinschaft». Zum Thema Aufarbeitung verwies er auf seinen Vorgänger Benedikt XVI. Dessen «freimütiges und entschlossenes Eingreifen» sei weiterhin Ansporn, strenge Regeln zu erlassen, damit sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholten, sagte Franziskus in seiner von Applaus nicht unterbrochenen Rede.

Spannungen zwischen Irland und dem Vatikan

Auf frühere Spannungen zwischen Irland und dem Vatikan spielte Franziskus mit einer «vorübergehenden Wolke am Horizont» an. Ende 2011 hatte Dublin seine Botschaft beim Heiligen Stuhl geschlossen und dafür Sparzwänge geltend gemacht. Im Hintergrund stand eine Auseinandersetzung über den kirchlichen Umgang mit sexuellem Missbrauch. Der damalige Premierminister Enda Kenny warf dem Vatikan damals vor, Ermittlungen zu sabotieren. Zeitweilig berief auch der Vatikan seinen Nuntius aus Irland ab.

Abtreibung als Ausdruck einer «Wegwerfkultur»

Franziskus äusserte Sorge über eine «Schwächung der Ehe und des Familienlebens». Die Familie sei der Kitt der Gesellschaft; ihr Wohl müsse «mit allen geeigneten Mitteln gefördert und geschützt werden». Dabei erwähnte er die Weitergabe des Lebens und die Erziehung neuer Generationen. Auf die Ehe als Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau ging er nicht ausdrücklich ein. Hingegen kritisierte er eine «Wegwerfkultur», die Ungeborenen das Lebensrecht abspreche.

Abtreibung seit Mai legalisiert

Das traditionell katholisch geprägte Irland hatte in einem Referendum im Mai für die Möglichkeit legaler Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche gestimmt. Bereits 1995 führten die Iren gegen den Willen der Kirche das Recht auf Scheidung und Wiederheirat ein. Seit 2015 können homosexuelle Paare heiraten. Der seit Juni 2017 amtierende Premierminister Leo Varadkar hat einen männlichen Partner.

Papst betet für Missbrauchsopfer

In der Bischofskirche St. Mary’s in Dublin besuchte der Papst am Samstag zudem eine Seitenkapelle, die dem Gedenken an von Priestern missbrauchte Minderjährige gewidmet ist. Neben dem Tabernakel brennt dort eine weisse Kerze auf einem Leuchter. Die Kapelle wurde anlässlich eines Bussgottesdienstes im Februar 2011 eingerichtet. Franziskus verweilte dort minutenlang schweigend.

Bitte um Vergebung

In den Jahren zuvor war durch mehrere Untersuchungsberichte bekanntgeworden, dass in katholischen Einrichtungen und durch Kirchenmitarbeiter über Jahrzehnte Tausende Kinder und Jugendliche misshandelt und sexuell missbraucht wurden. In der Busszeremonie 2011 wuschen der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, gemeinsam mit Kardinal Sean O’Malley acht Missbrauchsopfern die Füsse. Beide baten damals um Vergebung für die «Sünden der Kirche».

Anlass der Papstreise nach Irland ist das neunte katholische Weltfamilientreffen, das seit Dienstag in der irischen Hauptstadt tagt. Überschattet wird der Besuch von einer neuerlichen Debatte über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. (cic)

 

Papst Franziskus nach seiner Rede in Dublin | © Keystone/Yui Mok/PA Wire
25. August 2018 | 14:58
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