Operation
Schweiz

Organspende: Bischöfe empfehlen ein Nein zum geänderten Transplantationsgesetz

Am 15. Mai entscheidet das Stimmvolk, ob jede verstorbene Person grundsätzlich zum Organspender oder zur Organspenderin wird. Es geht um den Wechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchsregel. Die Schweizer Bischöfe lehnen dies ab.

Barbara Ludwig

In der Schweiz gibt es heute mehr Menschen, die auf ein Spenderorgan warten, als Personen, die sich zu Lebzeiten bereit erklärt haben, sich nach dem Tod Organe oder Gewebe entnehmen zu lassen. Bundesrat und Parlament wollen dies ändern. Im Herbst hat das Parlament das Transplantationsgesetz angepasst.

Höhere Spenderate angepeilt

Die Vorlage, über die am 15. Mai abgestimmt wird, ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten». Neu soll, wer eine Organspende nach dem Tod ablehnt, dies zu Lebzeiten ausdrücklich so festlegen. Bundesrat und Parlament wollen so die Chancen von Patientinnen und Patienten erhöhen, ein Organ zu erhalten. Mit der Widerspruchslösung soll die Spenderate erhöht werden – das erhoffen sich zumindest die Befürworterinnen und Befürworter von der Gesetzesänderung.

Kompromiss kommt zur Abstimmung

Allerdings gibt es einen Unterschied zur Volksinitiative: Hat ein Verstorbener seinen Willen zu Lebzeiten nicht kundgetan, sollen nächste Angehörige nach dessen mutmasslichem Willen gefragt werden. Sind keine Angehörige erreichbar und ist der Wille der verstorbenen Person nirgends festgehalten, dürfen keine Organe entnommen werden. Die neue Regelung wird deshalb auch als «erweiterte Widerspruchslösung» bezeichnet.

Den Gegnerinnen und Gegnern eines Wechsels geht auch das zu weit. Mit einem Referendum wollen sie die Änderung des Transplantationsgesetzes verhindern. Das überparteiliche Komitee hält es für ethisch fragwürdig, auf eine ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen zu verzichten. «Schweigen heisst nicht Zustimmung», argumentieren sie. Die Widerspruchsregelung verletze das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit. Sie halten es zudem für unrealistisch, alle Menschen im Land ausreichend zu informieren.

Organspende ist ein «Akt inniger Nächstenliebe»

Im Referendumskomitee sind auch Katholikinnen und Katholiken: Der Luzerner Ethikprofessor Peter G. Kirchschläger, der Theologe Niklaus Herzog, ehemaliger Geschäftsführer der Ethikkommission des Kantons Zürich, und der Pfarrer von Unteriberg SZ, Roland Graf, Mitglied der Bioethik-Kommission der Schweizer Bischofskonferenz (SBK).

Auch die SBK-Kommission hat sich positioniert: Sie empfiehlt, am 15. Mai ein Nein in die Urne zu legen. In ihrer Stellungnahme vom 23. März stellte sie jedoch klar, dass die katholische Kirche die Organspende im Grundsatz bejaht, weil sie «einen Akt inniger Nächstenliebe und Solidarität darstellt». Jedoch müsse ein Mensch frei und nach umfassender Aufklärung ausdrücklich einer Organspende zustimmen können. Laut der Bioethik-Kommission haben sich alle Ethikkommissionen gegen die neue Widerspruchsregelung ausgesprochen, weil mit dem Verzicht auf eine ausdrückliche Zustimmung die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen beeinträchtigt würden.

Wird Ziel mit neuer Regelung erreicht?

Zudem bezweifelt die bischöfliche Kommission, dass die Widerspruchsregelung zu mehr Organspenden führe. Beispiele der Nachbarländer und weltweit hätten gezeigt, dass sich ein Wechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchsregelung negativ auf die Spenderate auswirken könne, zitiert die bischöfliche Kommission die Nationale Ethikkommission (NEK).

Katholischer Frauenbund uneins

Auch der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) befürwortet die Organspende grundsätzlich. Doch sein Vorstand hat sich nicht auf eine gemeinsame Haltung zur erweiterten Widerspruchsregel einigen können. Er verzichtet deshalb auf eine Parole.

Der SKF befürchtet zum einen, die erweiterte Widerspruchslösung könne zu einem Druck auf die Angehörigen führen. Zum anderen zweifelt er daran, dass es möglich sei, alle Menschen in der Schweiz über die Möglichkeit des Widerspruchs zu informieren.


Operation | © pixabay.com scotth23 CC0
19. April 2022 | 12:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!