Oberste Katholikin Deutschlands fordert: Die Regierung muss die Kirche zur Aufklärung zwingen
Irme Stetter-Karp verurteilt die Vertuschungen durch die früheren Erzbischöfe Zollitsch und Lehmann scharf. Ohne Zwang der Regierung, glaubt die Präsidentin des «Zentralkomitees der deutschen Katholiken» nicht an eine Aufarbeitung. Gleichzeitig wurde bekannt: Gegen Zollitsch wurde Strafanzeige erstattet.
Irme Stetter-Karp (67) hat sich scharf vom früheren Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch (84), distanziert. Zugleich forderte sie am Dienstag im Deutschlandfunk den Bundestag auf, eine Wahrheitskommission zu gründen und rechtliche Standards für eine Aufarbeitung von Missbrauch in allen Teilen der Gesellschaft festzulegen. Weder die Kirchen noch andere Institutionen dürften künftig die Möglichkeit haben, eine Aufarbeitung von Missbrauch zu unterlaufen.
Zollitsch ist ein Heuchler
Stetter-Karp sagte, der frühere Freiburger Erzbischof Zollitsch sei ein Heuchler. Er habe bei der Aufarbeitung von Missbrauch das Kirchenrecht komplett ignoriert, die Öffentlichkeit belogen und Missbrauchstäter geschützt.
Den von Zollitsch 2010 nach der Aufdeckung des Skandals organisierten Gesprächsprozess in der Kirche bezeichnete sie als Ablenkungsmanöver, mit dem die Probleme verkleistert werden sollten.
Bischöfe haben systematisch vertuscht
Dass führende Bischöfe wie Zollitsch oder der Mainzer Kardinal Karl Lehmann (†2018) Aufklärung systematisch verhindert hätten, habe sie lange nicht durchschaut, sagte die ZdK-Präsidentin.
Stetter-Karp räumte zugleich ein, dass auch das Katholikenkomitee zu lange gebraucht habe, um auf Betroffene von Missbrauch zuzugehen. Mittlerweile gebe es aber eine gute Zusammenarbeit.
Der Mehrheit der katholischen Bischöfe in Deutschland bescheinigte die ZdK-Präsidentin: Sie hätten verstanden, dass die im Synodalen Weg diskutierten Reformen der katholischen Kirche weiter gehen müssten.
Ermittlungen gegen Zollitsch eingeleitet
Es sei klar, dass das gegenwärtige Machtsystem der Kirche ein Ende haben müsse. «Wer sich der notwendigen strukturellen und inhaltlichen Erneuerung der Kirche verweigert, verweigert nicht zuletzt Katholikinnen und Katholiken ihre Heimat.»
Wie die Staatsanwaltschaft Freiburg heute bekannt gab, haben fünf Privatpersonen Anzeige gegen Erzbischof Robert Zollitsch erhoben. Untersucht werde der Vorwurf der Strafvereitelung. Zugleich prüfe man, ob sich aus dem am 18. April veröffentlichten Missbrauchsbericht neue Hinweise auf mögliche Straftaten ergäben. (kna/am)
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