"Musik sollte für die Kirche ebenso eine wichtige Rolle spielen wie Katechese"
Schweiz

Neuauflage von Rise up: Viel Pop und Lobpreis, aber kein Liebesgeflüster

Kriens LU, 23.4.16 (kath.ch) Nach dreizehn Jahren wurde «Rise up», das «ökumenische Liederbuch für junge Leute» neu aufgelegt. Die neue Ausgabe «Rise up plus» wartet mit 249 Liedern auf, 69 davon sind neu, 32 aus der ersten Ausgabe sind weggefallen. Wie aber wählt man aus, welche Lieder bleiben und welche raus müssen? kath.ch hat bei den Machern nachgefragt.

Sylvia Stam

«Unser Anspruch war, ein neues, nicht elitäres Liederbuch zu gestalten», sagt Markus Kappeler, Projektleiter des Rex-Verlags und von «Rise up Plus». Ausgewählt wurden die Lieder von einer siebenköpfigen Redaktions- und einer fünfköpfigen Theologenkommission.

Weggefallen seien vorwiegend Lieder, bei denen die Erfahrung gezeigt habe, dass sie sehr selten gesungen werden, erklärt Kappeler. Hierzu habe eine Vernehmlassung unter Kirchenmusikern stattgefunden. Die Gründe für den Wegfall seien vielfältig: Einige wirkten verstaubt, bei anderen habe die Melodie keine Höhepunkte gehabt oder der Rhythmus sei langweilig. Bei einem Lied wie «Halt an, wo läufst du hin?» etwa sei der Text von Angelus Silesius für junge Menschen unverständlich.

Frömmigkeit ohne Hand und Fuss

Die neuen Lieder wurden laut Kappeler von den beiden Kommissionen eingebracht. Die Redaktionskommission mit Musikern und Musikerinnen hat jedes gesungen, während die theologische Kommission anschliessend die Texte genauer prüfte. Entschieden hat die Redaktionskommission. «Wenn die Theologen bestimmt hätten, wären wohl einige Lieder rausgefallen», schmunzelt Kappeler. Er meint damit vor allem so genannte «Worship-Lieder», Popsongs zum Lobpreis Gottes.

«Es gibt Kreise, wo diese Lieder ‘in’ sind. Auch diese sollten im «Rise up» ihre Lieder finden», erklärt Kappeler und denkt dabei an evangelikale Bewegungen wie der ICF. Die Theologenkommission sei über solche Lieder nicht immer glücklich gewesen. Ein Lied wie «Danke für alles, was du gibst, Herr» gebe theologisch zu wenig her, es zeige eine «Frömmigkeit ohne Hand und Fuss».

Ein Gottesbild, das einen graust

Auch die Sprache sei bisweilen heftig diskutiert worden, etwa dann, wenn es um Liedertexte mit patriarchalem Gottesbild ging: «Wir haben mehrere Textautoren angefragt, ob das Wort «Herr» in «Gott» abgewandelt werden dürfe. Sie haben durchwegs abgelehnt mit der Begründung, dass das Lied in dieser Form bekannt sei und man nicht mehrere Versionen wolle», sagt Kappeler. Beim Lied «Vater, unser Vater» etwa, dessen sechste Strophe von einem «herrlichen Herrscher» spricht, sei die Theologenkommission vollkommen dagegen gewesen. «Das ist wörtlich verstanden ein Gottesbild, das einen graust», gibt Kappeler zu. Es sei dennoch reingekommen, weil das Lied sonst wirklich gut sei. «Die meisten Leute singen oft einfach mit», lautete der Trost der Redaktionskommission.

Dass die Melodie bisweilen wichtiger ist als der Text, zeigt sich auch bei einigen Popsongs, von denen es unter den neuen Liedern ebenfalls viele gibt. Roberto Alfarè, Kirchenmusiker im Pastoralraum Neuhausen-Hallau (SH) und Mitglied der Redaktionskommission, erklärt, dass solche Lieder grossen Anklang fänden: «Popsongs nehmen oft eine Realität auf und wickeln sie in ein musikalisches und textliches Kleid, das ankommt.» Es gebe auch ausserhalb der Kirchenmusik hervorragende Stücke, und zu diesen habe man mit der Neuauflage eine Brücke schlagen wollen. Jugendliche seien zudem oft weniger über den Text als über Melodien und Harmonien ansprechbar: «Wenn man es hört, spricht es einen an. Jugendliche sagen etwa über ein Lied, es tue ihnen gut.»

Kein Liebesgeflüster

Dennoch sind die Texte nicht unwesentlich: Bei Popsongs wie «Beautiful» (von Christina Aguilera) oder «An Englishman in New York» (von Sting) ist der Bibelbezug laut Kappeler zwar bisweilen schwach, aber es gehe bei diesen Liedern dennoch etwa um soziale Fragen. Einsamkeit in der Fremde, wie sie im «Englishman» beschrieben werde, sei durchaus ein Gefühl unserer Zeit. Wichtig sei bei der Auswahl gewesen, dass ein Popsong nicht bloss als Liebesgeflüster daherkomme, sondern auch Leid und Klage thematisiere.

Die erste Ausgabe von Rise-Up, die 100’000-mal verkauft wurde, war als «Liederbuch für junge Leute» konzipiert, wurde aber laut Kappeler durchaus auch für Erwachsene verwendet. Daher richtet sich die Neuauflage nicht mehr explizit an «junge Leute». Der Verkauf von 5000 Exemplaren seit November 2015 lässt vermuten, dass auch die Neuauflage zu einem Erfolg werden könnte.  (sys)

Hinweis: Fachtagung «Popularmusik in der Kirche», Offenes Singen und CD-Taufe zu «Rise up Plus» am 23. April, 9.30 bis 16 Uhr, Hirschengraben 50, Zürich.

«Musik sollte für die Kirche ebenso eine wichtige Rolle spielen wie Katechese» | © cantars zVg
23. April 2016 | 08:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Rise up plus |© 2016 Rex Verlag Rise up plus |© 2016 Rex Verlag

Rise up plus

«Rise up Plus» ist die überarbeitete und erweiterte Neuauflage des 2002 erstmals erschienenen «Rise up – ökumenisches Liederbuch für junge Leute». 180 Lieder wurden aus der ersten Auflage übernommen, 69 neue sind dazu gekommen: vor allem liturgische Gesänge, meditative Lieder, Lobpreis-Lieder sowie Popsongs und Lieder zu gesellschaftlichen Themen. Der Textteil, bestehend aus Gebeten, wurde ebenfalls erweitert. Die bisherigen Lieder sind auf den CDs 1 bis 6 eingespielt, die neuen erscheinen auf zwei weiteren CDs (7 und 8) Ende April. Bestellungen von Buch und CD’s beim Rex-Verlag.