«Laudato si» – Sonnengesang des Franz von Assisi

Rom, 18.6.15 (kath.ch) Der Name der Enzyklika «Laudato si» – zu Deutsch «Sei gepriesen» – stammt aus dem Sonnengesang des Franz von Assisi (1181/82-1226). Mit einem wiederkehrenden «Sei gepriesen, mein Herr» ruft er zum Lob Gottes durch die Schöpfung auf. Abgefasst ist der Text, der als erstes Werk der italienischen Literatur gilt, in der damaligen umbrischen Volkssprache.

Der Vatikan schreibt den Titel der Enzyklika offiziell «Laudato si’», also mit einem Auslassungszeichen. Dies kommt daher, weil in der ältesten erhaltenen Handschrift des Sonnengesangs aus dem 13. Jahrhunderts zunächst «laudato sie» steht, in den folgenden Nennungen jedoch «laudato si». Moderne Herausgeber ersetzen das ausgefallene «e» durch den sogenannten Apostroph. Der Pergament-Kodex selbst kennt dieses Satzzeichen noch nicht. Es wurde erst im 16. Jahrhundert eingeführt.

Weil bei einer korrekten Zitierweise des Titels drei Oberstriche aufeinanderfolgen würden (Apostroph plus Abführung), lassen deutschsprachige Medien den Oberstrich hinter dem «si» in der Regel weg. Manche schreiben auch «sii»; dies ist jedoch heutiges Italienisch und somit eine Mischung aus alter («laudato» statt «lodato») und moderner Sprache.

Der «Sonnengesang»

Die acht zentralen Strophen rufen mit dem wiederkehrenden «Sei gepriesen, mein Herr» zum Lob Gottes durch die Schöpfung auf. Genannt werden, jeweils mit einer lyrischen Charakterisierung, «Bruder Sonne» und «Schwester Mond», «Schwester Wasser» und «Bruder Feuer» sowie «Mutter Erde» und andere Erscheinungsformen der geschaffenen Welt.

Franziskus verfasste den Sonnengesang in schwerer Krankheit, vermutlich zwei Jahre vor seinem Tod. Dabei erscheint die Natur entgegen einer damals verbreiteten Weltverachtung nicht gezeichnet von Sünde und Vergänglichkeit, sondern positiv als Medium der Selbstmitteilung Gottes.

Zugleich spiegelt sich in der Hinwendung zu den Elementen und kosmischen Mächten die Geringschätzung des «Armenapostels» Franz gegenüber materiellen Gütern: Erde, Wasser, Luft und Feuer preisen Gott, nicht staunenswerte Kostbarkeiten. Ähnlich familiär wie von den «Geschwistern» der Geschöpfe sprach Franziskus auch von seiner «Frau Armut».

Obwohl ein Gebet, ist der «Sonnengesang» auch ein literaturgeschichtlich bedeutender Text. Franziskus verfasste ihn in seinem umbrischen Dialekt; er gilt als ältestes Werk der italienischen Literatur. (kna)

Beispiel für den «Sonnengesang» als moderner Liedtext.

18. Juni 2015 | 12:21
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