Marienbild am Spitalbett
Schweiz

Künftig gibt’s im Wallis ein Recht auf Sterbehilfe im Altersheim

Das Walliser Stimmvolk hat entschieden, dass Sterbehilfe in Spitälern und Heimen nicht mehr verhindert werden darf. Der Ja-Anteil ist mit 75,8 Prozent überraschend hoch. Bistumssprecher Paul Martone warnt vor einer «Kultur des Todes».

Raphael Rauch

Die Wählerinnen und Wähler des Kantons Wallis haben dem umstrittenen Gesetz über Beihilfe zum Suizid in Institutionen und Einrichtungen zugestimmt. Wie die Staatskanzlei am Sonntag mitteilte, lag der Ja-Anteil bei 75,8 Prozent. Die Stimmbeteiligung lag bei 38,9 Prozent.

Bistum Sitten vom Resultat enttäuscht

Künftig müssen alle Spitäler und Heime im Wallis Sterbehilfe zulassen, wenn dies Bewohnerinnen und Bewohner verlangen. Bislang war es den Institutionen zwischen Matterhorn und Mont Blanc freigestellt, ob Sterbehilfe-Organisationen in Alters- und Pflegeheimen tätig werden dürfen.

Paul Martone
Paul Martone

Der Sprecher des Bistums Sitten, Paul Martone, ist über den Ausgang der Abstimmung enttäuscht: «Ein assistierter Suizid hilft einem Menschen nicht beim Sterben, sondern zum Sterben.» Martone warnt im Gespräch mit kath.ch davor, dass in Einrichtungen mit christlichen Namenspatronen wie St. Anna, St. Barbara oder St. Josef künftig eine «Kultur des Todes» Einzug halten könnte.

Wunsch nach einem neuen Hospiz

Der Priester des Bistums Sitten kann der Abstimmung nur einen positiven Aspekt abgewinnen: dass zugleich der Stellenwert der Palliative Care aufgewertet werde. Paul Martone ist überzeugt: Werde der Schmerz der Patientinnen und Patienten gelindert und würden diese gut betreut, nehme die Nachfrage nach assistiertem Suizid ab. 

Wenn das Leben dem Ende entgegengeht.
Wenn das Leben dem Ende entgegengeht.

Es gehe darum, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern und in jedem Fall die Menschenwürde zu wahren. «Wir unterstützen die Bemühungen des Vereins Hospiz Oberwallis zum Bau eines Hospizes, in dem Patientinnen und Patienten in ihrer letzten Lebensphase aufgenommen werden», teilt Paul Martone mit. 

Freundliche Präsenz und menschliche Begleitung

Der Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey, hatte im Vorfeld der Abstimmung für ein Nein geworben. Er warnte davor, dass die Sterbehilfe in Altersheimen salonfähig werden könne. Und er sprach von zusätzlichen Belastungen für das Pflege- und Ärztepersonal, denn der assistierte Suizid stelle ihr Berufsethos infrage: «Hilfe beim Sterben ist keine pflegerische Handlung.» 

Jean-Marie Lovey ist Bischof von Sitten und Augustiner-Chorherr.
Jean-Marie Lovey ist Bischof von Sitten und Augustiner-Chorherr.

Stattdessen solle der Kanton die Palliativ-Medizin ausbauen. «Der Wunsch nach Sterbehilfe verschwindet, wenn man mit einer freundlichen Präsenz und einer menschlichen Begleitung antwortet», sagte der Bischof von Sitten.

Mit dem Ja folgt das Wallis einem schweizweiten Trend. Die anderen Kantone haben zum Teil ähnliche Gesetze, wobei in manchen die Verpflichtung nur für staatlich subventionierte Heime und Spitäler gilt.


Marienbild am Spitalbett | © Sabine Zgraggen
27. November 2022 | 15:02
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