Demonstration des Vereins "Missbrauchsopfer im Bistum Trier" (Missbit).
International

Kritik wegen Vernichtung von Material im Fall Dillinger

Der 2022 verstorbene Trierer Priester Edmund Dillinger steht im Verdacht, zahlreiche junge Menschen missbraucht zu haben. Fotos und Unterlagen aus seinem Besitz könnten bei der Aufklärung helfen. Doch ein Teil der Dokumente wurde nun vernichtet, was auch kirchenintern für Kritik sorgt.

Anna Fries

Die Vernichtung von Dokumenten und Fotografien aus dem Besitz des Priesters Edmund Dillinger sorgt für Unverständnis und Kritik. Während sich die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken am Freitag für das Vorgehen entschuldigte, kündigte der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) eine Untersuchung dazu an.

Missbrauchsbetroffene, der Neffe des beschuldigten Trierer Priesters und ein kirchlicher Sonderermittler äusserten sich fassungslos. Der 2022 gestorbene Dillinger wird des sexuellen Missbrauchs verdächtigt. Bei ihm wurden Hunderte, zum Teil pornografische Fotos gefunden.

Nicht die richtige Massnahme

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken bestätigte am Freitag, dass ein Teil der Unterlagen aus dem Haus Dillingers von der Polizei vernichtet worden sei. Generalstaatsanwalt Manfred Kost entschuldigte sich dafür und erklärte, dies sei nicht die richtige Massnahme gewesen.

Rosenkranz auf einem zerstörten Kinderfoto.
Rosenkranz auf einem zerstörten Kinderfoto.

Die Behörden hätten prüfen müssen, «ob die Unterlagen noch für Vorgänge ausserhalb der Strafverfolgung mit Blick auf Opferschutzinteressen und kircheninterne Aufklärungen oder gar bei neuen Ermittlungsansätzen zur Verfügung stehen sollten, auch wenn sich aktuell keine Verdachtsmomente ableiten liessen».

Nur Reisefotos verbrannt?

Nicht vernichtet worden seien die zum Teil jugendpornografischen Fotos, so die Staatsanwaltschaft Saarbrücken. Sie befinden sich weiter bei der Staatsanwaltschaft Mainz. Verbrannt worden seien beispielsweise Reisefotos und Terminkalender.

Weiter gibt die Staatsanwaltschaft Saarbrücken an, Dillingers Neffe habe nur bestimmte Dinge aus dessen Besitz zurückhaben wollen und sei mit der Vernichtung der anderen Unterlagen einverstanden gewesen.

Neffe widerspricht Staatsanwaltschaft

Dem widerspricht der Neffe mit Nachdruck. «Ich gebe nichts frei, was ich nicht kenne», sagte er am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er habe keine Liste mit den im Haus seines Onkels sichergestellten Fotos und Unterlagen aus Saarbrücken erhalten.

Stofftier auf einer Kirchenbank
Stofftier auf einer Kirchenbank

Zudem habe er der saarländischen Polizei gesagt, dass er Unterlagen und Fotos in Empfang nehme, um sie anderen Stellen – beispielsweise dem Betroffenenverein Missbit – für eine mögliche weitere Aufarbeitung zu überlassen.

Terminkalender wären nützlich gewesen

Missbit kritisierte die Vernichtung am Freitag als übereilig. Womöglich seien nun wichtige Belege verschwunden. Gerade die Terminkalender hätten Betroffenen unter Umständen helfen können, Begegnungen mit Dillinger zu belegen. Für Geldzahlungen der Kirche oder in Zivilverfahren hätte das nützlich sein können.

Einer der beiden kirchlichen Sonderermittler für den Dillinger-Fall, der frühere Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer, nannte die Vernichtung bitter für die Aufarbeitung. Sein am 20. Juni in Saarbrücken gestellter Antrag auf Akteneinsicht sei noch unbeantwortet. Umso bedauerlicher sei es, dass nun ein Teil des Materials vernichtet sei. (kna)


Demonstration des Vereins «Missbrauchsopfer im Bistum Trier» (Missbit). | © KNA
16. Juli 2023 | 09:00
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