Kirchenrechtler: Keine Gründe gegen ein Bistum Zürich

Luzern, 4.5.14 (Kipa) Der Bischof von Chur sei Bischof mit vollen Rechten nur für die Katholiken in den Kantonen Graubünden und Schwyz sowie im Urserental UR. Die Kantone Zürich Obwalden, Nidwalden, Glarus und Teile des Kantons Uri seien dem Bischof nur im Rahmen einer Apostolischen Administratur unterstellt. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten von Adrian Loretan, Professor für Kirchenrecht und Staatskirchenrecht an der Universität Luzern, laut einem Bericht der «NZZ am Sonntag» (4. Mai). Eine Administratur sei jedoch nur eine vorübergehende Lösung, heute gebe es keine Gründe mehr, in Zürich nicht ein eigenes Bistum zu errichten, bestätigte Loretan gegenüber der Presseagentur Kipa.

In Auftrag gegeben wurde das Gutachten laut Zeitung vom Zürcher Synodalrat, um im Hinblick auf die Schaffung eines Bistums Zürich den kirchenrechtlichen Hintergrund kennen zu lernen.

Laut Loretan besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen einem Bischof und einem Administrator: Während ein Bischof selbständig ein Bistum leite und Vorsteher des Volkes sei, wirke ein Administrator nur als Stellvertreter des Papstes und auf dessen Weisung hin, erklärt Loretan in der Zeitung.

Widerrechtlich Bischof

Das Gutachten stellt weiter fest, dass Zürich fast zwei Jahrhunderte lang kirchenrechtlich nicht einmal als Apostolische Administratur dem Churer Bischof unterstellt gewesen sei: Laut Zeitung wurden 1815 die Schweizer Gebiete vom Bistum Konstanz losgelöst und zunächst dem Stiftspropst von Beromünster zur Verwaltung zugeteilt. 1819 sei die administrative Unterstellung «ad personam» unter den damaligen Churer Bischof Karl-Rudolf von Buol-Schauenstein erfolgt. Laut Gutachten habe «eine Ad-personam-Unterstellung keine Rechtswirkung für den Nachfolger auf dem Churer Bischofsstuhl». Chur könne sich einzig auf das Gewohnheitsrecht berufen.

Obschon Rom 1998 in der Urkunde zur Ernennung von Amédée Grab zum Bischof von Chur darauf reagiert habe und dessen Zuständigkeit für die Apostolische Administratur der Kantone Zürich, Obwalden, Nidwalden, Glarus und eines Teils von Uri ausdrücklich festgehalten habe, ist es laut Gutachten fraglich, ob diese Aussage den rechtshistorischen Texten standhält.

Gemäss Loretan wirkt der Churer Bischof in besagten Gebieten also widerrechtlich als Bischof und könnte dafür in Rom eingeklagt werden. Erfolg verspricht er sich jedoch nicht davon, denn «den Auftrag dafür bekam der Churer Bischof ja ebenfalls von Rom», zitiert die Zeitung den Kirchenrechtler.

Nichts Neues

Die Aussagen des Gutachtens seien allerdings keineswegs neu, sagte Loretan am Sonntag, 4. Mai, gegenüber der Presseagentur Kipa. Unter Wissenschaftlern sei dies seit langem bekannt, sagt Loretan, und verweist auf einen Artikel mit dem Titel «Ein definitives Provisorium?», den Kirchenhistoriker Urban Fink 1998 in einer Festschrift für Weihbischof Peter Henrici publiziert habe.

Für Synodalratspräsident Benno Schnüriger steht denn auch nicht die Frage im Zentrum, ob die Unterstellung der Zürcher Katholiken unter das Bistum Chur kirchenrechtlich rechtens sei oder nicht. «Das Gutachten zeigt uns vor allem, dass eine Apostolische Administratur nur eine vorübergehende Lösung ist», sagt Schnüriger in der NZZ. Laut kanonischem Recht werde eine Administratur «wegen besonderer und wirklich schwerwiegender Gründe» vom Papst als Provisorium errichtet. Inzwischen gebe es aber – nach 195 Jahren administrativer Unterstellung unter das Bistum Chur – keine schwerwiegenden Gründe mehr, warum in Zürich nicht ein eigenes Bistum errichtet werden soll, so Schnüriger laut Zeitung. Auch Loretan bestätigte gegenüber Kipa, dass es kirchenrechtlich gesehen keinen Grund gegen die Errichtung eines Bistums Zürich gebe.

Das Gesuch für die Schaffung eines Bistums Zürich liegt laut Zeitung zurzeit beim Apostolischen Nuntius in Bern und soll im Rahmen des Ad-Limina-Besuchs der Bischöfe in Rom im Dezember diskutiert werden. (kipa/sy)

4. Mai 2014 | 12:02
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