Katholischer Theologe bekommt reformierten Predigtpreis

Bern/Kesswil TG, 17.10.17 (kath.ch) Mit Erich Häring wird erstmals ein katholischer Theologe mit dem Schweizer Predigtpreis des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) ausgezeichnet. Der Priester aus dem Thurgau sieht die Auszeichnung als «Zeichen dafür, dass es um die katholischen Predigten doch nicht so schlecht steht», wie er gegenüber kath.ch sagte.

Barbara Ludwig

Der mit insgesamt 3000 Franken dotierte Preis geht auch an den reformierten Pfarrer Philipp Roth aus Basel und an den italienischen Waldenserpastor Alessandro Esposito, teilte der SEK am Dienstag mit. Der Predigtpreis war in den zwei Sprachkategorien deutsch-rätoromanisch und französisch-italienisch ausgeschrieben worden.

Rund 30 katholische Predigten eingereicht

Im Unterschied zur ersten Vergabe des Schweizer Predigtpreises im Jahre 2014 gab es dieses Mal keine konfessionelle Einschränkung für die Teilnahme am Wettbewerb. Insgesamt sind gemäss Mitteilung 172 Predigten eingegangen, etwa 30 kamen von katholischer Seite, ausserdem mehrere aus den Reihen der Freikirchen.

Beurteilt wurden anonymisierte Predigten. Dass nun unter den Preisträgern ein Katholik ist, sei erst im Nachhinein mit Freude festgestellt worden, heisst es in der Mitteilung weiter.

Katholiken müssen noch immer von Reformierten lernen

Auch Erich Häring freut sich zum einen über die Auszeichnung als solche und zum andern, dass sie von einer evangelischen Institution verliehen wird, wie er am Dienstag auf Anfrage gegenüber kath.ch sagte. «Ich habe nicht damit gerechnet.» Der 71-jährige Priester im Ruhestand zeigte sich überzeugt, dass die Katholiken «im Umgang mit dem Wort Gottes noch immer von den reformierten Kirchen lernen müssen». Denn die Katholiken hätten der Dogmatik lange Zeit den Vorzug gegeben gegenüber der Bibelauslegung.

Der Thurgauer Theologe betrachtet die Auszeichnung auch als «schönes Zeichen dafür, dass es um die katholischen Predigten doch nicht so schlecht steht». Und er erinnert daran, dass der Basler Bischof Felix Gmür die Predigtkompetenz der Seelsorgerinnen und Seelsorger seiner Diözese stärken will, indem er sie zum Besuch eines Predigtkurses verpflichtete. Der Bischof ermunterte die Seelsorgenden im April auch, am Wettbewerb um den Schweizer Predigtpreis teilzunehmen.

Die Predigt von Häring, der zuletzt als leitender Priester im Pastoralraum Region Altnau am Bodensee arbeitete, war dem Gleichnis vom verlorenen Schaf gewidmet. Gehalten hat er sie laut eigenen Angaben in einem Sonntagsgottesdienst in Altnau TG im Herbst vergangenen Jahres. Häring habe die Lektion über das «Sich-finden-lassen vom Verlorenen» einem Zapfenzieher und einem Schaf in den Mund gelegt, «knapp, witzig und tiefsinnig», wie es in der Mitteilung des SEK heisst.

Predigten erscheinen in einem Buch

Die Preisverleihung findet zusammen mit einer Buchvernissage am 6. November in Bern statt. In dem Buch werden die drei prämierten Predigten publiziert sowie zehn weitere nominierte Predigten. «Sie alle zeigen die Vitalität und Kreativität einer Predigtkultur, zu der die Schweizer Reformation des 16. Jahrhunderts entscheidend beitrug», schreibt der SEK in seiner Mitteilung.

2014 wurde der Schweizer Predigtpreis erstmals verliehen. Preisträgerinnen waren damals drei reformierte Pfarrerinnen.


 

Erich Häring, katholischer Theologe und Priester | © zVg
17. Oktober 2017 | 17:18
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