Indiana Jones (Harrison Ford, re.) trifft auf den letzten Kreuzritter, der den heiligen Gral beschützt. Screenshot Youtube Duck Channel 120/Youtube
Religion anders

Indiana Jones – Ein filmisches Handbuch religiöser Grundbegriffe

Zum fünften Mal rettet aktuell der Archäologe und Abenteurer, Dr. Indiana Jones, im Kinosaal die Welt vor machthungrigen Bösewichten. Auch im neuen Film spielt ein mystisch-religiöses Artefakt eine zentrale Rolle. Weshalb die «Indy»-Filme ein wahrer Schatz für religionsinteressierte Menschen sind, erklärt die Filmtipp-Redaktion.

Indiana Jones: Jäger des verlorenen Schatzes

Natürlich ist der erste Film und Auftakt zur Indy-Saga der beste Film der Reihe. Steven Spielbergs «Jäger des verlorenen Schatzes» wurde innerhalb kürzester Zeit zum neuen Standard für Abenteuerfilme. Er baute geschickt auf frühere Vorbilder wie «Robin Hood» und den John Huston/Humphrey Bogart-Klassikern «Der Schatz der Sierra Madre» und «African Queen» auf.

In den nachfolgenden Jahrzehnten, seit der erste Indy-Film 1981 zu einem Kassenphänomen wurde, sind viele weitere Gräber geplündert worden – auch in den Fortsetzungen – mit unterschiedlichem Erfolg. Keiner jedoch erreichte das gleiche Mass an Spannung und Magie.

In bleibender Erinnerung sind handgemachte Effekte, wie das Stop-Motion-Gesichtsschmelzen der Nazi-Superschurken, als Gott sie für ihre Hybris bestraft. Häufiger jedoch hinterlässt Spielbergs Talent für Beleuchtung und Bildausschnitt, für Reaktionsaufnahmen und visuelle Kunststücke den stärksten Eindruck.

Indiana Jones (Harrison Ford) entdeckt das Modell einer verschwundenen Tempelanlage. Screenshot ClipsTime/Youtube
Indiana Jones (Harrison Ford) entdeckt das Modell einer verschwundenen Tempelanlage. Screenshot ClipsTime/Youtube

Dabei wird der Film, wie auch seine Nachfolger, zwar von einem dünnen Gewebe aus altmodischer Romantik und historischem Humbug zusammengehalten. Doch gerade dieser Humbug ist von höchster Qualität – George Lucas und Philip Kaufman schrieben die Geschichte, Lawrence Kasdan die funkensprühenden Dialoge. Zudem fühlt sich das erste Indy-Werk in jeder Hinsicht so an, als hätten Spielberg und seine Freunde die Art von Abenteuer geschaffen, die sie schon als Kinder toll fanden.

Der jugendliche Geist des Films erlaubt es dem Publikum, eine karikaturistische Vision der Welt und der Geschichte zu akzeptieren. Aus dieser Perspektive ist Jones kein rücksichtsloser Plünderer der Schätze anderer Länder, sondern ein schneidiger Intellektueller, der auf einer Mission unterwegs ist, um wertvolle Altertümer für die Öffentlichkeit auszugraben.

Die Bundeslade wird von den Nazis entweiht – mit grässlichen Folgen. Screenshot ClipsTime/Youtube
Die Bundeslade wird von den Nazis entweiht – mit grässlichen Folgen. Screenshot ClipsTime/Youtube

Die spirituelle Entweihung des Nationalsozialismus wird hier durch eine heilige Beute, die Bundeslade, repräsentiert, die Hitler als Waffe von unvorstellbarer okkulter Macht einsetzen will. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Film es sich erlaubt, den Krieg mit den einfachsten Begriffen zu zeichnen, indem er den Nationalsozialismus als ein Verbrechen gegen Gott, als profan und anmassend darstellt. Gott dabei zuzusehen, wie er ein paar Nazis erschlägt, ist dann auch die Krönung eines Films, der sich ganz dem Vergnügen des Publikums verschrieben hat.

Sarah Stutte

Indiana Jones und der Tempel des Todes

Der zweite Teil der Saga um den abenteuerlustigen Archäologen Indiana Jones ist eigentlich ein Prequel und beginnt im Jahr 1935 in einem Shanghaier Nachtclub. Nach einem missglückten Tauschgeschäft müssen Indy, die Sängerin Willie und der chinesische Waisenknabe Shorty die Stadt überstürzt verlassen.

Das Trio landet in einem abgelegenen Dorf im indischen Urwald. Dessen Bewohner bitten Indy um Hilfe, denn sämtliche Kinder werden vermisst. Es wird vermutet, dass ihr Verschwinden etwas mit dem nahgelegenen Palast zu tun habe, von ihm gehe Böses aus. Indy lässt sich nicht lange bitten und so stolpern er und seine beiden Getreuen bald schon in ein unglaubliches Abenteuer.

Der zweite Teil der Indiana Jones-Saga hat mit seiner actionreichen Draisinenfahrt oder der Flucht über die Urwald-Hängebrücke die Filmgeschichte und das Kinopublikum geprägt; kaum ein Abenteuerfilm kommt danach ohne Verweise auf den «Tempel des Todes» aus. Doch obwohl der Film 1984 zu einem weltweiten Kassenerfolg avancierte, waren die Kritiken gemischt. Zu grausam sei der böse Hohepriester, zu gruselig das okkult angehauchte Setting. Sogar Regisseur Steven Spielberg mag rückblickend den zweiten Teil der Saga am wenigsten. In einem Interview liess er augenzwinkernd verlauten, das Beste am Film sei gewesen, dass er seine spätere Frau kennengelernt habe.

Indiana Jones (Harrison Ford) auf der Hängebrücke im Dschungel. Screenshot ClipsTime/Youtube
Indiana Jones (Harrison Ford) auf der Hängebrücke im Dschungel. Screenshot ClipsTime/Youtube

Genau dieses schelmische Augenzwinkern macht aber die Magie des Films aus. Zwar kann man sich über die allgegenwärtigen Ismen – Exotismus, Chauvinismus, Kolonialismus – aufregen, aber die pointierten Dialoge und absurde Situationskomik zeugen von Selbstironie. Der weisse Indy rettet zwar die einheimischen Kinder und erlöst sie vom barbarischen Todeskult, tollpatschig wie er ist, schafft er dies aber nur dank Glück und der Mithilfe seiner beiden Mitstreitenden.

Indiana Jones' Begleiterin Willie (Kate Capshaw) wird im Tempel eine indische Delikatesse serviert: Affenhirn auf Eis. ClipsTime/YoutubeScreenshot
Indiana Jones' Begleiterin Willie (Kate Capshaw) wird im Tempel eine indische Delikatesse serviert: Affenhirn auf Eis. ClipsTime/YoutubeScreenshot

Der «Tempel des Todes» ist nicht nur ein wichtiger Zeitzeuge, sondern hält dem westlichen Publikum auch den Spiegel vor: wenn im Palast «Affenhirn auf Eis» serviert wird, werden bestimmte Vorurteile gegenüber der indischen Kultur ad absurdum geführt. Der zweite Teil ist wohl der kontroverseste der Serie – und genau deshalb lohnt sich ein Augenschein.

Natalie Fritz

Indiana Jones und der letzte Kreuzzug

Er ist der Höhepunkt der Trilogie. Innerhalb der ersten 15 Minuten von «Indiana Jones und der letzte Kreuzzug» erfahren wir in einer grossen Actionsequenz, warum Indy eigentlich Angst vor Schlangen hat, warum er so gut eine Peitsche bedienen kann und von wo er seinen ikonischen Hut hat. Zudem lernen wir seinen Vater kennen. Gespielt von Ur-James Bond Sean Connery.

Aber nicht nur das macht den Film zu einer Aneinanderreihung von Highlights, sondern Indys neue Mission. Die Suche nach dem Heiligen Gral. Der Film erzählt, dass der Heilige Gral Jesu Kelch am letzten Abendmahl war. Der Kelch, mit dem Josef von Arimathäa das Blut Christi auffing und der danach 1’000 Jahre verschollen blieb, bis er im ersten Kreuzzug von drei Brüdern gefunden wurde. Wer diesen Kelch finden würde, erfährt ewiges Leben, heisst es weiter.

Jones Senior (Sean Connery, li.) und sein Sohn Indiana (Harrison Ford) in der Bedrouille. Screenshot Noble Treize/Youtube
Jones Senior (Sean Connery, li.) und sein Sohn Indiana (Harrison Ford) in der Bedrouille. Screenshot Noble Treize/Youtube

Und so spricht der dritte Teil der Indiana Jones-Reihe Themen an, die weit über die Leinwand hinausgehen. Die uns alle in den Kinosesseln oder auf dem Sofa ansprechen. Denn wenn die meisten Leute von einem Heiligen Gral sprechen, sprechen sie von etwas, nach dem sie lange gesucht haben.

Der verletzte Jones Senior (Sean Connery) trinkt aus dem heiligen Gral. Screenshot YouTube Duck Channel 120/Youtube
Der verletzte Jones Senior (Sean Connery) trinkt aus dem heiligen Gral. Screenshot YouTube Duck Channel 120/Youtube

Wir verbinden oft mit dem Heiligen Gral die Suche nach einem grösseren Ziel, einer Passion oder nach einem Schatz in uns. Im Film bringt es Indys Freund Dr. Marcus Brody mit einem Satz auf den Punkt: «Die Suche nach dem Heiligen Gral ist die Suche nach dem Göttlichen in uns» Machen wir uns also auf die Suche!

Silvan Maximilian Hohl

Die vier älteren Teile können auf Sky und Disney+ gestreamt werden. Der fünfte und neueste Teil der Serie, «Indiana Jones und das Rad des Schicksals», läuft aktuell in den Schweizer Kinos. Hier geht es zum Filmtipp von Sarah Stutte.


Indiana Jones (Harrison Ford, re.) trifft auf den letzten Kreuzritter, der den heiligen Gral beschützt. Screenshot Youtube Duck Channel 120/Youtube | © Youtube/Youtube Duck Channel 120
1. Juli 2023 | 07:00
Lesezeit: ca. 4 Min.
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Die «Indiana Jones»-Serie
1981 – «Indiana Jones: Jäger des verlorenen Schatzes (Indiana Jones: The Raiders of the Lost Ark)» (Steven Spielberg, USA)
1984 – «Indiana Jones und er Tempel des Todes (Indiana Jones and the Temple of Doom)» (Steven Spielberg, USA)
1989 – «Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (Indiana Jones and the Last Crusade)» (Steven Spielberg, USA)
2008 – «Indiana Jones und das Reich des Kristallschädels (Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull)» (Steven Spielberg, USA)
Dieser Film wird im Text nicht besprochen, der Fokus liegt auf den drei Teilen aus den 80ern.
2023 – «Indiana Jones und das Rad des Schicksals (Indiana Jones and the Dial of Destiny)»(James Mangold, USA)