Kirche der Pfarrei Sacré-Coeur in Genf, 2015
Schweiz

Genf will kein Burka-Religionsgesetz

Genf, 4.1.17 (kath.ch) Der Grosse Rat in Genf muss dieses Jahr über ein neues «Gesetz über die Laizität des Staates» befinden. Eine linke Gruppierung stellt sich gegen dieses und will den anerkannten Kirchen jegliche gesetzliche Grundlage für den Einbezug des Staates bei ihrer Finanzierung entziehen. Die Gruppe, welche das Gesetz vorbereitete, warnte davor, die Verschleierung des Gesichts in die Vorlage aufzunehmen.

Georges Scherrer

Seit 2012 ist die Laizität des Staates in der Verfassung des Kantons Genf eingeschrieben. Ein Gesetz soll nun das Spielfeld des Kantons und der Religionsgemeinschaften abstecken.

Der Kanton Genf kennt keine Kirchensteuer. Er nimmt jedoch die freiwilligen Beiträge an die drei Landeskirchen auf und verteilt diese. Der Kanton wird für diese Verwaltungsleistung von den Kirchen entgolten.

Die Partei «Ensemble à Gauche» (EAG) will diese Dienstleistung des Staates jedoch unterbinden. Diese sei aus den Sicht der «Republik» Genf, wie der Kanton sich auch bezeichnet, nicht statthaft und stelle eine Ungleichheit für Bürger und Bürgerinnen dar, erklärte der EAG-Abgeordnete Pierre Gauthier im Genfer Grossen Rat gegenüber dem Westschweizer Radio. Es liege allein an den Kirchen, dafür zu sorgen, dass ihre Mitglieder einen Beitrag zahlen. Die Allgemeinheit müsse für diese Dienstleistung nicht aufkommen.

Der Staatsrat will hingegen an der Dienstleistung festhalten und sie auf weitere zehn Religionsgemeinschaften, die anerkannt werden könnten, ausweiten. Für die Anerkennung müssen diese jedoch Regeln erfüllen, die durch den Staatsrat festgesetzt werden. Dazu gehören der Respekt der Grundrechte wie Glaubens- und Gewissensfreiheit und der Gesetze, Toleranz, freie Meinungsäusserung und der Verzicht auf jegliche Gewaltanwendung. Das neue Gesetz würde den Gemeinschaften den Anspruch auf die bekämpfte Dienstleistung einräumen.

Historische Zusammenhänge

Der für Genf zuständige Bischofsvikar Pascal Desthieux erachtet den Vorstoss der Linkspartei als keine gute Botschaft. Das Ansinnen der Partei bedeute jedoch «nicht das Ende der Welt» für die Kirche. Den Vorwurf der Ungleichheit weist er zurück. Es handle sich um einen freiwilligen Beitrag. Die Dienstleistung des Staates habe zudem historische Hintergründe

Die reformierte Kirche im Kanton geht davon aus, dass sie 25 Prozent weniger einnehmen würde, sollte das Vorhaben der linken Gruppierung im Kanton Gehör finden. Eric Vulliez, in der reformierten Kantonalkirche verantwortlich für den Finanzbereich, meinte gegenüber dem Radio, es sei nicht sicher, ob erfolgreich neue Wege für die Sicherstellung der Finanzierung der Kirche gefunden werden könnten. Jedenfalls wäre dann der Aufwand gross und würde viel kosten.

Verhältnis von Staat und Religion regeln

Das Gesetz soll die Glaubens- und Gewissensfreiheit garantieren und die Religionsvielfalt erhalten. Für die Religionsgemeinschaften soll es die Basis bilden, damit sie ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalten leisten können, und das Verhältnis zu den Behörden regeln.

Gemäss dem Gesetz sollen die Gemeinschaften freiwillige Spenden bei ihren Mitgliedern erheben dürfen, die über den Staat eingezogen und ausgezahlt werden. Ihnen werden weitere Rechte wie öffentliche Auftritte oder die Seelsorge in öffentlichen und subventionierten Institutionen gewährt. Das Recht auf die Integration von Fremden wird festgeschrieben.

Burka kein Thema

Die Arbeitsgruppe, welche das Gesetz vorbereitete, hält in ihrem Bericht von Ende 2014 bezüglich der Anerkennung von Religionsgemeinschaften fest, es würde nicht der Laizität des Staates entsprechen, wenn dieser den Islam ausschliesse. Es dürfe kein Gegeneinander von Staat und Islam entstehen. «Der Islam darf keine kollektive Obsession werden, welche die Religionskonflikte wiederbelebt.»

Bezüglich der Burka rät die Kommission, das Verbot der Verschleierung des Gesichts nicht in das Gesetz aufzunehmen. Die Debatten über einen entsprechenden Punkt würden dem Religionsfrieden mehr schaden als die «Bedrohung, von der man angebe, man wolle sie über das Gesetz bekämpfen». (cath.ch/gs)

 

Kirche der Pfarrei Sacré-Coeur in Genf, 2015| © upcaj.ch | © upcaj.ch
4. Januar 2017 | 16:35
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