Simone Curau-Aepli
Schweiz

«Frauen können mit Begegnungen zur rhetorischen Abrüstung beitragen»

Luzern, 3.2.17 (kath.ch) Was können Frauen in Anbetracht der Migrationsströme tun? Solche Fragen diskutierten am letzten Wochenende die Präsidien von fünf deutschsprachigen katholischen Frauenverbänden im Südtirol. Mit dabei war auch Simone Curau-Aepli, Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds (SKF). Im Interview erklärt sie, was Frauen in der Schweiz zunehmender Fremdenfeindlichkeit entgegensetzen können.

Sylvia Stam

Das Thema des Treffens war «Migration – Integration». Warum ist das für den SKF ein Thema?

Curau-Aepli: «Flüchtlinge» sind ein Schwerpunkt im Rahmen unseres Impulses «make up!» Im September wird es dazu einen Impulstag in Kreuzlingen geben. Dann möchten wir die kantonalen Verbände und die Ortsvereine motivieren, zu diesem Thema aktiv zu werden: Wo sind in unserer nächsten Nähe Flüchtlinge? Wo braucht es uns Frauen?

Wo braucht es Frauen denn beispielsweise?

Curau-Aepli: Frauen können Begegnungen schaffen und damit die Integration verbessern. Uns wurde ein Projekt aus dem Südtirol vorgestellt, bei dem eine Frau mit Hausaufgabenhilfe für Migrantenkinder angefangen hat. Dadurch ist sie auch mit deren Müttern in Kontakt gekommen. Als sie grössere Räume brauchte, fand sie diese in einem Altersheim. So entstehen auf ganz verschiedenen Ebenen Begegnungen.

In der Abschlusserklärung heisst es, die deutschsprachigen Verbände wollen zur «rhetorischen Abrüstung» beitragen. Was heisst das?

Curau-Aepli: In den Medien und seitens Politikerinnen und Politiker geschieht derzeit viel Populismus und Angstmacherei im Zusammenhang mit dem Fremden. Mit Begriffen wie «Islamisierung», mit Bildern wie der Burkaträgerin zur Parole gegen die erleichterte Einbürgerung wird rhetorisch aufgerüstet.

In Medien und Politik geschieht viel Angstmacherei vor Fremden.

Wie können Frauen da zur Abrüstung beitragen?

Curau-Aepli: Indem sie Leserbriefe schreiben, wenn ihnen solche fremdenfeindlichen Pauschalisierungen auffallen, indem sie auf ihrem Facebook-Account reagieren. Sie können aber auch in Vereinen oder gegenüber Freundinnen und Freunden reagieren, indem sie zurückfragen: «Wie redest du eigentlich?»

Wie können Sie die Frauen an der Basis für dieses Thema sensibilisieren?

Curau-Aepli: Die Kantonalverbände kennen das Thema bereits. Es wurde sehr begrüsst, dass wir das Themensetting zu «make up!” von Anfang an bekannt gegeben haben. Nach dem Impulstag im September wird es 2018 auch Bildungsangebote zu diesem Thema geben.

Zum Beispiel zum Thema Zivilcourage?

Curau-Aepli: Kurse in Zivilcourage, das ist eine Anregung, die ich gerne mitnehme.

Nicht alle katholischen Frauen sind Flüchtlingen gegenüber offen. Gibt es auch Widerstand gegenüber diesem Thema?

Curau-Aepli: Direkte negative Rückmeldungen gibt es bisher nicht. Wir werden jedoch nicht immer gehört. Es gibt viele Ortsvereine, die in ihren Pfarreien viele gute Projekte, aber keinen engen Draht zur Dachebene des Verbands haben. Entsprechend bleiben sie solchen Impulstagungen dann allenfalls fern.

Was nehmen Sie persönlich mit von der Begegnung mit den deutschsprachigen Verbandspräsidentinnen?

In diesem Austausch ist viel Potenzial vorhanden.

Curau-Aepli: Ich bin begeistert! Der Austausch hat uns sehr gestärkt. Hier ist ein grosses Potenzial vorhanden, das ich für ausbaubar halte. Durch die gemeinsame deutsche Sprache kann die Kommunikation über die Grenzen hinweg noch intensiviert werden. Solche Synergien sind sehr gewinnbringend!

Simone Curau-Aepli | © Regina Jäger
3. Februar 2017 | 11:51
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Präsidientreffen der katholischen Frauenverbände

Vom 27. bis 29. Januar 2017 fand in Nals (Südtirol, I) das Treffen der Präsidien der fünf deutschsprachigen katholischen Frauenverbände statt. Vorstandsfrauen aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und dem Südtirol, die insgesamt rund eine Million Mitglieder vertreten, trafen sich für einen Austausch zum Thema «Migration-Integration».  In ihrer Abschlusserklärung halten sie fest, dass sie «den öffentlichen Diskurs über Migration und Integration mitprägen wollen.» Aufgrund des christlichen Glaubens fühlen sie sich zu Solidarität und Nächstenliebe berufen. «Populistische Tendenzen» als Reaktion auf die viele Schutzsuchenden bewegen die Frauen. «Deswegen wollen wir unsere Mitglieder stärken, politische Verantwortung übernehmen und zur rhetorischen Abrüstung beitragen», teilten die Vertreterinnen der fünf Verbände in einer gemeinsamen Presseerklärung am 1. Februar mit.

An der Tagung wurden unter anderem konkrete Integrations-Projekte vorgestellt und es gab Begegnungen mit Politikerinnen und Politikern aus dem Südtirol. Die Treffen finden jeweils alle zwei Jahre statt, das Thema wird im Vorfeld von den Verbänden gemeinsam ausgewählt. (sys)