Flucht über das Mittelmeer ist gefährlicher geworden

Berlin, 30.8.16 (kath.ch) Die Internationale Organisation für Migration (IOM) kommt in einer neuen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Flucht über das Mittelmeer in diesem Jahr gefährlicher geworden ist. Die aktuellen Daten zeigten, dass jeder 85. Migrant die Überfahrt in diesem Jahr nicht überlebt habe; 2015 sei jeder 276. ums Leben gekommen. Das berichtete Frank Laczko, Leiter des IOM-Datenzentrums, am Dienstag dem europäischen Zeitungsnetzwerk Lena, zu dem auch die «Welt» gehört.

Die aktuellen Zahlen stammen aus einer Untersuchung von IOM zusammen mit der Universität von York und der City University in London. Die IOM erklärt die Entwicklung unter anderem damit, dass viele Schleuser skrupelloser geworden seien und mehr Menschen auf Boote schickten, die nicht seetüchtig sind. Zudem kämen mehr Migranten aus Ägypten, von wo aus die Überfahrt deutlich gefährlicher sei.

Nicht alle Toten werden gefunden

Die Organisation kritisiert, dass Europa zu wenig unternehme, um Verbleib und Identifizierung vermisster Migranten aufzuklären. 2015 und in der ersten Hälfte des laufenden Jahres hätten die Behörden bisher 6600 Menschen gezählt, die bei der Flucht im Mittelmeer ums Leben gekommen sind. Das seien allerdings nur die aufgeklärten Fälle, betonte Simon Robins von der Universität in York, der Leiter der Studie: «Hinter der augenscheinlichen Katastrophe mit Schiffwracks und Leichen im Mittelmeer verbirgt sich eine unsichtbare, bei der Tote nicht gefunden werden und nicht genug unternommen wird, um Leichen zu identifizieren und Hinterbliebene zu benachrichtigen.»

Das internationale Recht sehe vor, dass jeder Staat dem ungeklärten Tod eines Migranten nachgehen müsse. Identität und die Todesursache müssten ermittelt werden, erklärte Robins weiter: «Wir haben allerdings festgestellt, dass der Tod von Migranten nicht untersucht wurde.»

Griechenland und Italien überfordert

Die Analyse kommt zu dem Fazit, dass die Behörden in den wichtigsten europäischen Ankunftsländern – Griechenland und Italien – nicht ausreichend vorbereitet seien, um mit der besonderen Situation umzugehen. Die Abstimmung der Behörden vor Ort sei schlecht. Zudem gebe es keine geregelten Abläufe für den Umgang mit Leichen von Flüchtlingen. Bis vor kurzem habe es noch nicht einmal Standards für das Zählen und Beerdigen der Toten auf Friedhöfen in der Region gegeben. Hinterbliebene würden zudem nur selten informiert. (kna)

30. August 2016 | 11:49
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