Kardinal Giovanni Angelo Becciu, 2018 im Vatikan.
Vatikan

Finanzprozess: Kardinal Becciu beklagt «mediales Massaker» an ihm

Bei der ersten Befragung im Vatikan-Finanzprozess hat der angeklagte Kardinal Giovanni Angelo Becciu seine Unschuld beteuert. Und er sprach von «absurden Vorwürfen» gegen ihn.

Anna Mertens

«Ich werde als korrupte, geldgierige Person dargestellt, illoyal gegenüber dem Papst, die nur die eigene Familie bevorteilen will», klagte der Kardinal am Donnerstag in einer vorbereiteten Erklärung zu Beginn der Verhandlung.

«Absurde Vorwürfe – unglaublich, grotesk, monströs», würden gegen ihn erhoben, so Becciu weiter. Gegen ihn laufe ein «mediales Massaker», um ihn zu zerstören. Aber er werde sich nicht beugen. Auch wenn es ihm nicht leichtfalle, im Gerichtssaal zu sprechen. Er sei erhobenen Hauptes gekommen. «Ich habe keine Angst vor der Wahrheit», betonte der 73-Jährige. Er werde vielmehr alles tun, um mit dem Gericht die volle Wahrheit herauszufinden.

Unkontrollierte Überweisungen wegen «Vertrauen in Caritas»

Befragt vom Vorsitzenden Richter Giuseppe Pignatone zu «formalen Unregelmässigkeiten» bei Überweisungen in seine sardische Heimatdiözese verwies Becciu auf das Vertrauen in die lokale Caritas.

Sein Bruder stehe der zur Caritas gehörenden Sozialkooperative «Spes» seit Jahren vor; diese organisiere Arbeitsprojekte für Jugendliche.

Auf Bitten des Bischofs habe er unbürokratisch helfen wollen. «Ein warmes Getränk oder warmes Essen» reiche nicht, so Becciu und zitierte Papst Franziskus. Der Papst erinnere immer wieder an die «Würde der Arbeit».

Nichts von Geld an Bekannte gewusst

Ihm sei eine Kontoverbindung genannt worden und er habe auf einen rechtmässigen Umgang vertraut, erklärte Becciu. Er kenne die diözesanen Strukturen nicht. Ob er gewusst habe, dass Geld an eine junge Dame, wohl eine Verwandte, weiterüberwiesen wurde, fragte Pignatone. Es sei keine Verwandte, nur eine Familienfreundin, und er habe nichts gewusst, so Becciu.

Prozessbeging im Juli

Der Prozess mit zehn Angeklagten hatte im vergangenen Juli begonnen.

Monatelang stritten die Parteien um formale Fragen. Im Zentrum stand die Befragung des Hauptzeugen Alberto Perlasca und deren Dokumentation. Die von der Strafverfolgung zur Einsicht herausgegebenen Beweismaterialien sind aus Sicht der Verteidigung nicht ausreichend.

Anfang März hatte das Gericht alle Anträge der Verteidigung auf Verfahrenseinstellung abgewiesen. Darunter den Einwand, es handele sich um ein Spezialverfahren, das nicht den Vorgaben für ein «faires Verfahren» entspreche.

Londoner Luxusimmobilie im Zentrum

Im Zentrum des Prozesses stehen verlustreiche Investitionen des vatikanischen Staatssekretariats in eine Londoner Luxusimmobilie – laut Strafverfolgung rund 270 Millionen Euro. Darüber hinaus geht es um die genannten Überweisungen von Becciu in seine Heimatdiözese und an die Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna. Dem Kardinal wird Veruntreuung und Amtsmissbrauch sowie Verleitung zur Falschaussage vorgeworfen.

Weitere Angeklagte

Ausser Becciu und Marogna sind angeklagt die italienischen Finanzmakler Enrico Crasso und Gianluigi Torzi sowie die Ex-Verantwortlichen der vatikanischen Finanzaufsicht (AIF), Tommaso di Ruzza und der Schweizer René Brülhart.

Ebenfalls angeklagt sind der Ex-Sekretär von Becciu, Mauro Carlino, der Fondsmanager Raffaele Mincione, der Rechtsanwalt Nicola Squillace sowie Manager Fabrizio Tirabassi. Für sie hatte die Strafverfolgung die Anklageschrift überarbeitet und im Januar erneut eingereicht.

Am 5. April ist René Brühlhard dran

Der nächste Verhandlungstag ist für den 30. März mit der Befragung von Carlino festgesetzt. Am 5. April sollen Brülhart und di Ruzza, am 6. April erneut Becciu zu weiteren Vorwürfen sowie Crasso befragt werden. (cic)

Kardinal Giovanni Angelo Becciu, 2018 im Vatikan. | © KNA
17. März 2022 | 16:37
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