Produzentin und Regisseurin Sandra Gold
Schweiz

Filmemacherin Sandra Gold: «Eine Gotteserfahrung stellt alles auf den Kopf»

Eine spirituelle Erfahrung hat Sandra Gold bewogen, den Film «Wo ist Gott?» zu drehen. Darin erzählen vier Menschen aus den grossen Weltreligionen über ihre Gotteserfahrungen und ihrem Ringen, diese Erfahrungen konkret in den Alltag zu integrieren. Unter anderem eine Ordensschwester, die eigentlich nie ins Kloster wollte.

Jacqueline Straub

Ihr neuester Film heisst «Wo ist Gott?». Darin sind vier Menschen aus den vier grossen Weltreligionen zu sehen, die eine religiöse Erfahrungen gemacht haben. Warum haben Sie sich diesem Thema gewidmet?

Sandra Gold*: Vor einigen Jahren habe ich selbst eine spirituelle Erfahrung gemacht. Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt nicht, dass es so etwas überhaupt gibt. Ich habe knapp drei Jahre gebraucht, bis ich erstmal darüber sprechen konnte. Erst während meiner Recherche zu diesem Film habe ich herausgefunden, dass es solche spirituellen Erfahrungen, die alles auf den Kopf stellen, wirklich gibt.

Wollen Sie von Ihrer spirituellen Erfahrung erzählen?

Gold: Darüber möchte ich im Moment nicht sprechen. Ich finde, damit sollte man vorsichtig umgehen. Denn es kann leicht den Anschein erwecken, dass jene, die solch eine Erfahrung gemacht haben, besser sind. Dem ist nicht so. Es macht auch keinen Sinn einer spirituellen Erfahrung nachzujagen. Denn sie ist ein Geschenk. Das kann man nicht erzwingen.

«Als es auf die Erstkommunion zu ging, fiel dem Priester auf, dass ich gar nicht getauft bin.»

Sind Sie religiös aufgewachsen?

Gold: Ich bin nie angehalten worden, in die Kirche zu gehen. Zusammen mit einer Freundin bin ich aber schon als Fünfjährige regelmässig in den Kindergottesdienst gegangen. Ich war nicht einmal katholisch, dennoch hat es mich begeistert, diese Gemeinschaft zu erleben und auch die Geschichten von Jesus zu hören. In dieser Zeit habe ich auch begonnen zu beten.

Sie haben den katholischen Religionsunterricht besucht, obwohl sie gar nicht katholisch waren.

Gold: Als es auf die Erstkommunion zu ging, fiel dem Priester auf, dass ich gar nicht getauft bin. Meine Taufe fand dann kurz vor der Erstkommunion statt.

Gebet
Gebet

In Ihrem Film kommen einige Ordensschwestern zu Wort. Hatten alle eine Gotteserfahrung?

Gold: Nein. Manche hatten nur kleine Gotteserfahrungen. Jene von Schwester Veronika war aber so immens, dass es ihr Leben komplett veränderte. Sie trat ins Kloster ein, obwohl sie das eigentlich nie wollte. Sie ist vom Typ her eher rebellisch. Sie konnte ihrer Familie nicht ausreichend erklären, was damals geschehen ist und weswegen sie bei den Karmelitinnen eingetreten ist. Das führte zu Verletzungen. Denn diesen plötzlichen Wandel verstanden nicht alle.

«Das Leben mit Gott im Alltag muss nicht kompliziert sein.»

Kam es zu einem Gespräch zwischen Schwester Veronika und ihrer Familie?

Gold: Es ist uns filmisch gelungen, eine Begegnung mit ihrer Schwester zu begleiten und herauszuarbeiten, weswegen die damals junge Frau den Schritt des Klostereintritts gegangen ist.

Was beeindruckt Sie an Ihren Protagonistinnen und Protagonisten am meisten?

Gold: Die Liebe und Hingabe zu Gott im Judentum finde ich sehr beeindruckend. Der jüdische Protagonist Gabriel etwa vergisst Gott nie. Kurze Gebete sind fester Bestandteil in seinem religiösen Leben. Wenn er einen Kaffee trinkt, spricht er ein kurzes Gebet. Vor jedem Essen betet er. Er zeigte mir, dass das Leben mit Gott im Alltag nicht kompliziert sein muss.

Himmlische Liebe
Himmlische Liebe

Was ist das Verbindende in den Religionen?

Gold: Es ist die Liebe. Dazu gehören zuallererst die Liebe und Güte zu sich selber und zu anderen. Bei allen Protagonistinnen und Protagonisten habe ich auch eine starke Sehnsucht nach dem Göttlichen gespürt. Eine radikale Hingabe. Sie alle leben in einem Spannungsfeld und versuchen die Balance zwischen Himmel und Erde zu halten. Dabei haben die Schattenseiten ebenso einen Platz wie auch die guten Seiten. Im Film wird eine Form von Demut spürbar.

«Bewusstseinsarbeit ist notwendig.»

Haben Sie sich durch die Dreharbeiten verändert?

Gold: Ja, allerdings. Ich bin mir meiner Schattenseiten bewusster geworden. Ich übe mich noch immer darin, diese anzunehmen, eben weil sie ein Teil von mir sind. Zudem wurde mir bewusst, dass es eine gewisse Zeit am Tag braucht, die man sich reserviert, um eine spirituelle Tiefe zu erlangen. Es braucht eine gewisse Ruhe, um reflektieren zu können. Bewusstseinsarbeit ist notwendig.

*Sandra Gold ist Autorin, Filmregisseurin und Produzentin. Sie arbeitet für das Bayerische Fernsehen. Ihr Film «Wo ist Gott?» wird heute, 6. Dezember, ab 18.30 Uhr als Premiere im Kulturpark Zürich (Pfingstweidstrasse) gezeigt.


Produzentin und Regisseurin Sandra Gold | © Jacqueline Straub
6. Dezember 2022 | 16:59
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