Papst Franziskus, Felix Gmür und Joseph Maria Bonnemain am 15. November 2023 im Vatikan.
Schweiz

Felix Gmür: «Wir haben grünes Licht bekommen und können uns an die Arbeit machen»

Der Papst hat der Schaffung eines nationalen Kirchenstraf- und Disziplinargerichts zugestimmt. Die Meldung, dass der Papst auch die Archive der Nuntiatur öffne, sei hingegen «nicht korrekt», sagt Felix Gmür im Interview mit kath.ch.

Annalena Müller

Herzlichen Glückwunsch, Bischof Gmür, wie haben Sie und Bischof Bonnemain es geschafft, den Papst vom nationalen Strafgerichtshof zu überzeugen?

Felix Gmür*: Wir haben dem Papst gesagt, dass wir ein solches Gericht brauchen und dass es für die Kirche in der Schweiz wichtig ist. Das hat er sofort verstanden.

Bischof Joseph Maria Bonnemain (l) und Bischof Felix Gmür (r) am 15. November in Rom.
Bischof Joseph Maria Bonnemain (l) und Bischof Felix Gmür (r) am 15. November in Rom.

Eine Forderung der RKZ zum neuen nationalen Gericht: Es soll nicht nur aus Klerikern bestehen. Sondern ein Team aus geweihten und nicht geweihten Kirchenrechtlern und Kirchenrechtlerinnen sein, um Unabhängigkeit zu garantieren. Wird das so kommen?

Gmür: Wichtig sind Teams von Leuten mit Erfahrung im Kirchenrecht und im Strafprozessrecht. In den Statuten wird man festlegen, wie das Kollegium zusammengesetzt sein kann.

Wissen Sie schon, wie und wo entsprechende Experten und Expertinnen zu finden sind?

Gmür: Wir haben jetzt grünes Licht bekommen und können uns an die Arbeit machen. Die entsprechenden Fachpersonen zu finden, gehört auch zu dieser Arbeit.

«Die Kompetenz für diese Fälle liegt beim Dikasterium für die Glaubenslehre in Rom»

Ist schon geklärt, wo die Mittel herkommen?

Gmür: Zuerst muss man wissen, wofür genau die Mittel bestimmt sind, und dann wird man das in den zuständigen Gremien vorbringen.

In Frankreich gibt es bereits ein kirchliches Strafgereicht – allerdings kann dies keine Fälle untersuchen, die Minderjährige betreffen. Die Pilotstudie der Universität Zürich hat gezeigt, dass 74% der Missbrauchsbetroffenen minderjährig waren. Wird das Schweizer Strafgereicht auch Fälle von Minderjährigen bearbeiten können?

Gmür: Die Kompetenz für diese Fälle liegt beim Dikasterium für die Glaubenslehre in Rom. Es kann aber die Prozesse delegieren, was oft geschieht. Wenn das Gericht gut aufgestellt ist, sehe ich keinen Grund, diese Fälle nicht an das jetzt zu errichtende Schweizer Gericht weiterzugeben.

Der Petersplatz in Rom
Der Petersplatz in Rom

Was sind die nächsten Schritte?

Gmür: Die Bischofskonferenz erarbeitet mit Fachpersonen die Statuten. Die Punkte, die strittig sein können – wie z.B. Ernennung der Richter und Richterinnen – wird die SBK sicher vorher in Rom diskutieren. Das klingt vielleicht etwas kompliziert, aber es gehört zur Synodalität der Kirche, die verschiedenen Player im ganzen Prozess einzubeziehen.

«Die Archive der Nuntiatur und aller Botschaften sind durch internationale Abkommen geschützt. Der Heilige Stuhl hält sich daran und wird hier in keinem Fall das Recht brechen.»

SRF hat gestern gemeldet, dass der Papst den Forschenden der Uni Zürich Zugang zu den Archiven der Nuntiatur gewährt, ist das korrekt?

Gmür: Das ist nicht korrekt. Die Archive der Nuntiatur und aller Botschaften sind durch internationale Abkommen geschützt. Der Heilige Stuhl hält sich daran und wird hier in keinem Fall das Recht brechen. Eine andere Sache sind die Archive in Rom. In begründeten Einzelfällen kann man dort wohl in Zukunft um ein Einsichtsrecht nachfragen. Darauf haben wir in der Schweiz jedoch keinen Einfluss. Das liegt in der alleinigen Kompetenz der römischen Behörden.

Hat es Sie überrascht, dass der Papst Ihrem Anliegen zugestimmt hat? Mussten Sie Überzeugungsarbeit leisten?

Gmür: Wir haben dem Papst ruhig und sachlich unsere Anliegen vorgebracht. Dass er diese gut nachvollziehen kann, ist für mich keine Überraschung. Gleichzeitig habe ich gespürt, dass die Mitarbeiter des Papstes bei allem Verständnis für Sonderfälle immer auch die ganze Kirche und mögliche Auswirkungen auf andere Länder und die Beziehungen zu den Staaten im Blick haben.

*Felix Gmür (57) ist Bischof von Basel und Vorsitzender der Schweizer Bischofskonferenz. Zusammen mit Bischof Joseph Maria Bonnemain war er am 14. und 15. November in Rom und konnte bei Papst Franziskus ein Partikularrecht für die Schweiz erwirken. Das Kirchengericht soll Ende 2024 die Arbeit aufnehmen.

** Das Interview wurde schriftlich geführt.


Papst Franziskus, Felix Gmür und Joseph Maria Bonnemain am 15. November 2023 im Vatikan. | © KNA
17. November 2023 | 14:00
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