Jan Murer begleitete den Tetraplegiker Martin Doppmann für einen Porträtfilm.
Schweiz

Einen Tetraplegiker mit der Filmkamera begleitet – als Maturaarbeit

Luzern, 14.6.16 (kath.ch) Jan Murer hat im Rahmen seiner Maturaarbeit an der Kantonsschule Alpenquai Luzern ein eindrückliches Filmporträt über den Tetraplegiker Martin Doppmann gestaltet. Dafür wird er nun mit dem «Luzerner Religionspreis» der Universität Luzern ausgezeichnet. Der Film von Jan Murer sei ein «kraftvolles Zeugnis von Lebensenergie und Kreatitivität des Protagonisten unter schwierigsten Umständen», sagt die Jury-Präsidentin Monika Jakobs, Leiterin des Religionspädagogischen Instituts RPI der Universität Luzern.

Benno Bühlmann

Die Überraschung war gross, als er vor ein paar Tagen ahnungslos ein Couvert der Universität Luzern öffnete und den Inhalt des Briefes las: «Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass meine Maturaarbeit mit dem Luzerner Religionspreis ausgezeichnet werden könnte», erzählt der aus Root stammende Jan Murer (18), der während mehr als acht Monaten mit aufwändigen Dreharbeiten und anschliessendem Filmschnitt am Computer beschäftigt war.

Dokumentarische Filmarbeit war totales Neuland für mich

Sein Endprodukt, ein 20-minütiger Dokumentarfilm, reichte er im Fach Religionskunde und Ethik an der Kantonsschule Alpenquai Luzern ein. «Das Filmemachen fasziniert mich schon seit Jahren. Bereits als Bub investierte ich mein Taschengeld in den Kauf einer Sony Handycam und sammelte die ersten praktischen Erfahrungen.» Bis dahin hatte er in seiner Freizeit vor allem mit Sport- und kurzen Spielfilmen experimentiert. «Eine dokumentarische Filmarbeit war totales Neuland für mich.»

Tetraplegiker als zentrale Figur

Es sei ein grosser Glücksfall für ihn gewesen, den 54-jährigen Tetraplegiker Martin Doppmann als Protagonisten für seinen Film gefunden zu haben. Der frühere Maschinenmechaniker aus Malters wurde mit 44 Jahren durch einen Sportunfall brutal aus seinem gewohnten Leben herausgerissen – einem Leben, das wesentlich durch sportliche Aktivitäten wie Skifahren und Klettern geprägt war. Seit dem Unglück vor knapp 10 Jahren ist es Martin Doppmann trotz schwerer Behinderung gelungen, mit Zähheit und Lebenswillen seinen Alltag in grösstmöglicher Eigenständigkeit zu gestalten.

Was dies konkret bedeutet, hat Jan Murer in seinem Porträtfilm auf eindrückliche Weise dokumentiert. Murer begleitete den Tetraplegiker mit seiner Kamera in verschiedenen Lebenssituationen und versuchte mittels Interview zu erfahren, was ein Leben mit starken Einschränkungen trotzdem lebenswert macht. Gerade das für den Filmtitel gewählte Zitat von Martin Doppann – «Ich träumte, ich kann fliegen» — bringt etwas von dieser Hoffnung und Zuversicht zum Ausdruck: dass auch unter schwierigen Umständen noch viel Lebensqualität möglich ist.

«Ein kraftvolles Zeugnis»

Die Jury der Universität Luzern würdigt in ihrer Begründung zur Vergabe des diesjährigen Luzerner Religionspreises insbesondere die unvoreingenommene Darstellung des Themas, die dem Zuschauer viel Deutungsspielraum überlasse: «Die gelungene filmische Umsetzung provoziert jene Nachdenklichkeit, die notwendig ist, um das Leben nicht nur in seiner Vitalität, sondern auch in seiner Zerbrechlichkeit bewusst werden zu lassen.»

Solidarität ist keine graue Theorie

Der Film von Jan Murer sei ein kraftvolles Zeugnis von Lebensenergie und Kreativität des Protagonisten unter schwierigsten Umständen, betont die Jury-Präsidentin Monika Jakobs, Leiterin des Religionspädagogischen Instituts RPI der Universität Luzern: «Nicht zuletzt macht der Film die Solidarität eines unterstützenden Freundeskreises, für welche die grösstmögliche Selbstbestimmung eines Menschen mit Handicap keine graue Theorie, sondern konkrete Lebenshilfe ist, auf eindrückliche Weise sichtbar.»

Der mit 500 Franken dotierte Luzerner Religionspreis wird jährlich von der Theologischen Fakultät in Zusammenarbeit mit dem Religionswissenschaftlichen Institut der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern verliehen. (bbü)

Der Porträt-Film von Jan Murer «Ich träumte, ich kann fliegen» findet sich auf der Internet-Seite von Martin Doppmann.

Jan Murer begleitete den Tetraplegiker Martin Doppmann für einen Porträtfilm. | © 2016 Benno Bühlmann
14. Juni 2016 | 10:33
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Mit Fingerspitzengefühl umgesetzt

Beim Betrachten des Kurzfilms wird dem Zuschauer die Stärke der Dokumentation von Jan Murer schnell einmal deutlich: Mit viel Fingerspitzengefühl, jenseits von Voyeurismus oder falscher Romantisierung, ist es ihm gelungen, hinter dem Behinderten den Menschen Martin Doppmann dem Publikum nahe zu bringen. Wichtiger als die körperlichen Einschränkungen ist der Optimismus, den Martin Doppmann auch nach seinem schweren Unfall behalten konnte. Und es ist nicht zuletzt sein Sinn für Humor, der auch in einem kürzlich erschienenen Poesie-Buch mit dem Titel «Alles Käse» zum Ausdruck kommt. Martin Doppmann, der eine besondere Vorliebe für Wortspiele hat, beginnt sein mit eigenen Bildern illustriertes Büchlein bezeichnenderweise mit den folgenden Zeilen: «Im Haus ist ein Düfte himmlisch Spektrum. So hat jetzt die Maus um die Hüfte ziemlich Speck drum.»

Für Jan Murer war letztlich nicht nur der Entstehungsprozess seines Films an sich, sondern auch die persönliche Begegnung mit Martin Doppmann eine wertvolle Bereicherung: «Ich bewundere Martin Doppmann für seine positive Einstellung zum Leben und seine humorvolle Art, dieses zu meistern. Die Konfrontation mit einem solchen Schicksalsschlag hat auch mir viele Denkanstösse gegeben.» Deshalb ist es wohl auch kein Zufall, dass er ihn auch nach Beendigung seiner Maturaarbeit anlässlich der Buchvernissage Mitte Mai ein weiteres Mal als Kameramann begleitet hat. Denn die Dreharbeiten haben zu einem freundschaftlichen Verhältnis geführt, das auch noch weiter bestehen bleibt. (bbü)

Das neue Buch von Martin Doppmann mit dem Titel «Alles Käse» ist zum Preis von 24 Franken erhältlich info@martindoppmann.ch