Drei Schweizer WJT-"Macher" (von links): Martin Iten, Jessica Schmid, Gabriel Müggler.
International

Eindrücke der Schweizer «Macher» am Weltjugendtag

Krakau, 30.7.16 (kath.ch) In der zweitgrössten Stadt Polens kommen noch bis zum 31. Juli zwei Millionen Jugendliche aus aller Welt zusammen, mit dabei auch etwa 1000 aus der Schweiz. Gabriel Müggler, Martin Iten und Jessica Schmid gehören zum Team, das im Hintergrund die Fäden zieht. 

Vera Rütimann

Zwei Jahre hat das Weltjugendtag-Team Schweiz auf das kirchliche Grosstreffen in Krakau hingearbeitet. So auch Gabriel Müggler, dem oft ein Smartphone am Ohr klebt. Der Arlesheimer ist für die Medienarbeit zuständig. Er weiss, wie dieses Grosstreffen tickt. In Gossau nahm der 22-Jährige Jura-Student erstmals an einem Schweizer Vortreffen für den Weltjugendtag (WJT) statt, der von Papst Johannes Paul II. 1986 einst ins Leben gerufen wurde. Er war sofort fasziniert. Er hat die Weltjugendtage in der Schweiz wachsen sehen und ist mit ihnen gewachsen.

So viele Gleichgesinnte am selben Ort

Der Weltjugendtag in Madrid 2013 war sein erstes internationales Treffen. Noch nie hatte er so viele gleichgesinnte Menschen auf einmal gesehen. Er erkannte schnell, dass Weltjugendtage mehr sind als Party und Papst. Obwohl mit dem Glauben vertraut aufgewachsen, nahm er die Kirche noch einmal ganz neu wahr. «Ich merkte plötzlich: Die Kirche ist jung, vital und in der Gesellschaft präsent.» Weltjugendtage sind für ihn eine optimale Gelegenheit, dies zu entdecken.

Die Kirche ist jung, vital und präsent

Benötigen Journalisten Informationen über den WJT, gelangen sie an ihn. Stets ist es Müggler ein Anliegen, zu erklären, dass es nicht allein um den Papst geht beim Weltjugendtag. «Papst Franziskus ist wichtig für die Jugendlichen. Doch genauso wichtig ist ihnen die Freude am Glauben, die sie untereinander teilen, gerade bei den Vortreffen in den Diözesen», so Müggler.

Wenn der drahtige junge Student nicht mit anderen unterwegs ist, füttert er die Facebook-Seite mit Bildern, Texten und Videos oder versendet Pressemitteilungen. Es macht ihm sichtlich Spass, mit einem jungen Team zusammenzuarbeiten, das – wie er selber auch – ehrenamtlich arbeitet und sich punkto Erfahrung oftmals mutig ins kalte Wasser werfen muss. Fröhlich sagt er: «Auch das gehört zum Konzept des Weltjugendtages

Begeisterte Jugendliche – wichtiges Zeugnis

In Krakau unterwegs ist auch Jessica Schmid aus Gantenschwil. Die Studentin der Erdwissenschaften und Flight Dispatcher/Einsatzleiterin bei Edelweiss Air hat ebenfalls schon eine bewegte Weltjugendtags-Biographie. Sie begann 2011, als sie durch einen Kollegen zum nationalen Weltjugendtag in Brig eigeladen wurde. «Besonders der Lobpreis und die Freude des Glaubens haben mich stark berührt und gestärkt. Die vielen begeisterten Jugendlichen waren für mich ein wichtiges Zeugnis», erinnert sie sich. Kurz darauf meldete sie sich zum internationalen Weltjugendtag in Madrid an.

Begegnung mit überwältigender Gastfreundschaft

Jessica Schmid arbeitet im «OK Reise» des Weltjugendtages mit. Sie war dabei, als es bei einem Treffen im Raum Zürich unter dem Namen «Kompanie Krakau» zum ersten Zusammentragen von Reiseideen zum Weltjugendtag kam. Die Vision der Kajak-Messe wurde dort bereits thematisiert. Sie sollte sich später als ein Highlight an der Vorreise herausstellen.

Eine neue Tiefe erfahren

«Dort packte mich die Lust, mich im OK Reiseteam zu engagieren», sagte sie. In den letzten zwei Jahren galt es, die entdeckten Reisepläne konkret zu verwirklichen. So waren sie intensiv auf Unterkunftssuche, haben verschiedene Reisewege und -varianten durchgespielt und konnten ein Jahr vor dem Sommer ihre Planung auch vor Ort rekognoszieren. Jessica Schmid erinnert sich: «Die dabei entstandenen Begegnungen mit unseren Gastgebern haben einerseits bereits die überwältigende polnische Gastfreundschaft gezeigt und andererseits unsere Vorfreude auf den Weltjugendtag wachsen lassen.»

Auch an früheren Weltjugendtagen sind aus Gemeinschaftserlebnissen Freundschaften entstanden. Allein die letzten zwei Jahre haben die Studentin reifen lassen. Sie sagt: «Spirituell hat mir dieses Mithelfen nochmals eine neue Tiefe geschenkt.” Denkt sie zurück an die Tage vor dem Weltjugendtag in Krakau, erinnert sie sich besonders gern an die verträumten Landschaften in Bornholm zurück. Auch als Gruppe habe man dort sehr gut zusammenfinden können. Dabei seien gute Gespräche entstanden.

Die Schönheit der Weltkirche gesehen

Martin Iten ist einer der Erfahrensten im Weltjugendtag-Vorbereitungsteam. Der 30-Jährige gelernte Polygraph aus Zug gehört zu den «Gesichtern» der Weltjugendtage. Der Medienmacher (»Fisherman.F und «Melchior Magazin») ist im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft ARGE Weltjugendtag in einem 20-Prozent-Pensum für das Fundraising, die Werbung und die Koordination zuständig. Beobachtet man Martin Iten in Krakau, sieht man einen Mann, der mit sich im Reinen ist.

Das Glück der tiefen Gotteserfahrung

In seiner Jugend war dies allerdings nicht immer so. Martin Iten flog fast von der Schule, war ein Draufgänger und hatte Probleme mit weichen Drogen. Das Leben drohte ihm zu entgleiten. Als 14-Jähriger nahm ihn seine Schwester mit zum Weltjugendtag in Rom im Jahr 2000. «Viel habe ich damals nicht mitbekommen, aber es hat mich schon beeindruckt, zu sehen, dass es so viele andere junge Gläubige gibt.»

Auch später bei den regionalen Weltjugendtagen in der Schweiz sah er etwas, was ihm neu war: «Diese Leute waren fröhlich, hatten einen Sinn gefunden in ihrem Leben und strahlten etwas aus. Diesen Sinn suchte ich auch. Dann hatte ich das grosse Glück, dass ich mit 16 Jahren eine tiefe Gotteserfahrung machen durfte.«

Vom WJT-Virus gepackt

Bald packte ihn selbst der Weltjugendtags-Virus. Der Zuger erlebte in den Folgejahren viele Momente, die sich in seinem Innern tief einprägen sollten. So etwa 2005 am Weltjugendtag in Köln, als die Nachricht von der Ermordung Frère Rogers, des Gründers der ökumenischen Gemeinscahft von Taizé in Frankreich, die Pilger erschütterte. Besonders berührte ihn die Reaktion der Pilger und der Taizé-Brüder: «Sie riefen nicht nach Vergeltung, sondern nach Frieden und Versöhnung. Das hat mich damals sehr berührt.«

Gleich nahm er auch die Stimmung jetzt in Krakau wahr, als die Nachricht von der Ermordung des französischen Priesters Jacques Hamel zu den Pilgern durchdrang.

Eine Grenzerfahrung

An Weltjugendtagen erlebte Iten oft Grenzerfahrungen. So etwa 2013 in Brasilien, in Rio de Janeiro: «Ich lag frierend und fiebrig im Bett. Es regnete die ganze Zeit. Doch die Begegnung mit drei Millionen jungen Menschen an der Copacabana und die Besuche bei Mutter-Theresa-Schwestern in den Favelas hob all das wieder auf.»

Schönheiten der Kirche sehen, nicht Strukturen

Martin Iten findet es schade, dass in der Schweiz zu häufig über Strukturfragen in der Kirche gesprochen wird. Das sei oftmals frustrierend. Er sagt: «Ich habe durch die Weltjugendtage die Schönheit der katholischen Weltkirche gesehen. Diese Erfahrungen haben mein negatives Kirchenbild, das ich in der Schweiz erlangt hatte, geheilt.«

Er selbst sieht seinen Beitrag darin, möglichst vielen Jugendlichen solche Erlebnisse an Weltjugendtagen zu ermöglichen. Martin Iten freut sich mit dem Team schon auf den nächsten Weltjugendtag, der wie manche sagen, in Südkorea oder in Südafrika stattfinden könnte.

Drei Schweizer WJT-»Macher» (von links): Martin Iten, Jessica Schmid, Gabriel Müggler. | © zVg
30. Juli 2016 | 09:34
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Weltjugendtag appelliert zur Hilfe für Flüchtlinge

Der 31. Weltjugendtag in Krakau hat am Freitag, 29. Juli, einen ersten Höhepunkt erreicht: Hunderttausende Jugendliche versammelten sich am Abend auf der Blonia-Wiese, um gemeinsam mit Papst Franziskus an Leiden und Sterben Jesu Christi zu erinnern.

Der Kreuzweg stand auch im Zeichen der Flüchtlingskrise. Die Weigerung, Flüchtlinge aufzunehmen, komme für die Betroffenen oft einem Todesurteil gleich, hiess es in einer Meditation über das Todesurteil für Jesus. «Sie klopfen an die Pforten unserer Länder, Kirchen und Häuser. Wir haben Angst vor ihrer Religion und vor ihrem Elend, es sind Fremde», so der von einem Jugendlichen vorgetragene Text weiter.

Unter den Teilnehmern des Kreuzwegs waren auch syrische Flüchtlinge, die der Papst besonders willkommen hiess. In seiner Rede sprach der Papst, der am Vormittag das Vernichtungslager Auschwitz besucht hatte, über das Böse in der Welt: «Wo ist Gott, wenn in der Welt das Böse existiert, wenn es Hungrige, Durstige, Obdachlose, Heimatvertriebene und Flüchtlinge gibt? Wo ist Gott, wenn unschuldige Menschen aufgrund von Gewalt, Terrorismus und Kriegen sterben?»

Die einzig mögliche Antwort für einen Christen sei die Selbsthingabe, betonte der Papst. Die Welt brauche heute junge Menschen, die bereit seien, ihr Leben für den «gegenleistungsfreien Dienst an den ärmsten und schwächsten Mitmenschen zu verwenden». Sie müssten «Vorkämpfer im Dienen» werden, so Franziskus. Für Christen stehe ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel, wenn es um die Aufnahme von Ausgegrenzten oder Sündern gehe. (cic)