Max Feigenwinter ist offen für Begegnungen
Theologie konkret

Ein christlicher Mutmacher: Autor Max Feigenwinter

Der Autor Max Feigenwinter will die Menschen aufrichten. Mit Büchern, die sich am Neuen Testament orientieren. Sein neustes heisst: «Jeder Tag ist eine Chance.» Kath.ch hat den 77-Jährigen in Sargans besucht, der seinen Optimismus aus dem Neuen Testament schöpft.

Vera Rüttimann

Max Feigenwinters Paradies liegt gleich vor der Haustür. Nach wenigen Gehminuten fängt der Gonzenwald an, der Hausberg von Sargans. Jeden Morgen geht der 77-Jährige da spazieren. «Das ist für mich ein idealer Einstieg in den Tag», sagt er.

Der nahe Gonzenwald bietet ihm Inspiration: Max Feigenwinter
Der nahe Gonzenwald bietet ihm Inspiration: Max Feigenwinter

Die Natur gebe ihm Impulse, ebenso Begegnungen. Damit setzt er sich auseinander. Solche Gedanken sind auch in sein neues Buch «Jeder Tag ist eine Chance – Worte der Zuversicht» eingeflossen.

Eine Grenzerfahrung

Max Feigenwinter empfängt den Gast auf der Veranda seines Hauses. Diese gibt den Blick frei auf Sargans und das Rheintal. Der Autor blättert in seinem Buch. «Sich und andere aufrichten, einander ermutigen und Chancen nützen sind mir wichtig», sagt er. Es gehe darum, die Hoffnung nicht zu verlieren.

Max Feigenwinter auf der Veranda seines Hauses in Sargans.
Max Feigenwinter auf der Veranda seines Hauses in Sargans.

Ein Erlebnis hat sein neues Buch geprägt: Max Feigenwinter hatte letztes Jahr eine Sepsis, eine lebensbedrohliche Blutvergiftung. Langer Spitalaufenthalt. Ausgang offen. Die Pläne: plötzlich durchkreuzt.  «Als ich an den Schläuchen hing, wurde mir klar, wie schnell das Leben zu Ende sein kann», sagt er.

Dennoch: In dieser Zeit wuchs seine Dankbarkeit für das Vergangene und das, was noch da sei und gestaltet werden könne. Er wolle «achtsam leben und sich bewusst sein, dass jeder Tag ein Geschenk und ein Neuanfang ist.»

Reden statt grusslos vorbeigehen

Max Feigenwinter braucht die Stille. Das war schon so, als er nebst seiner beruflichen Arbeit Lesungen hatte und Vorträge hielt. «Ich freue mich am Wachsen der Pflanzen in meinem kleinen Garten», sagt er.

Achtsamkeit und Stille sind ihm wichtig: Max Feigenwinter.
Achtsamkeit und Stille sind ihm wichtig: Max Feigenwinter.

Er nimmt sich auch bewusst Zeit für Menschen, die seinen Weg kreuzen. «Ich kann an zwei älteren Frauen, die ich beim Spazieren antreffe, grusslos vorbei gehen oder freundlich mit ihnen reden.» Es sei immer möglich, Gutes und Sinnvolles zu tun. Gerade jetzt, in der zweiten Welle der Pandemie, merkt Max Feigenwinter, wie wichtig der persönliche Austausch ist.

Bücherschatz im Untergeschoss

Im Untergeschoss seines Hauses hat Max Feigenwinter sein Büro. Daneben die Bibliothek, sein eigentlicher Leseraum. Dort sind auf einem Regal seine Aufsätze zu methodisch-didaktischen und pädagogischen Fragen zu sehen, die in Fachzeitschriften erschienen sind. Und natürlich seine Bücher mit Titeln wie «Sei du selbst», «Deine Spur in meinem Herzen» oder «Berührung geht unter die Haut».

Max Feigenwinter zeigt auf das Buch mit dem Titel «Lass dir Zeit». Es ist 1993 zum ersten Mal erschienen. «Das Buch wird immer wieder aufgelegt», freut sich der Mann, der sich seit vielen Jahren in der Erwachsenenbildung engagiert. Viele Lehrkräfte und Katechetinnen haben Kurse bei ihm besucht und mit seinen Texten im Unterricht gearbeitet.

Der Mann mit den wachen Augen legt Wert auf den Austausch mit seiner Leserschaft. Er betreibt einen Newsletter, den über 800 Personen abonniert haben. Und er hat eine Website, die sein ältester Enkel Robin betreut.

Über diese Kanäle sowie an Lesungen erhält der Autor Reaktionen auf seine Bücher. «Wenn mir jemand sagt oder schreibt, einer meiner Texte sei für ihn besonders hilfreich, dann ist das etwas, was man mit Geld nicht aufwiegen kann», sagt er.

Max Feigenwinter zeigt sein neues Buch "Jeder Tag ist eine Chance" in seiner Bibliothek.
Max Feigenwinter zeigt sein neues Buch "Jeder Tag ist eine Chance" in seiner Bibliothek.

Optimimus dank Neuem Testament

Max Feigenwinters Wesen besticht durch eine positive Grundhaltung. Diese zieht sich auch durch seine Bücher. Woher kommt sie? «Mein Vater ist mein Vorbild. Er war ein einfacher Handwerker mit grossem Herzen», sagt der Buchautor. Er habe immer ein Strahlen in seinem Gesicht gehabt und sei stolz gewesen, dass einer seiner Söhne Lehrer geworden sei.

Seinen Optimismus schöpft Max Feigenwinter hauptsächlich aus neutestamentlichen Texten. Er wollte einmal Pfarrer werden. Heute sagt er: «Jesus ist mir Beispiel. Er ist aufrichtend und heilend auf die Menschen zugegangen und hat mit seinen Geschichten gezeigt, wie wir miteinander leben sollten.» In seinen Vorträgen und Kursen arbeitet Max Feigenwinter oft mit biblischen Texten. Auch in seinen Büchern kommen teilweise biblische Texte vor.

Kirchenkritiker im Regal

Die Krise der katholischen Kirche beschäftigt den Autor. Er zitiert den Historiker Martin Kaufhold. Dieser schrieb, die katholische Kirche als Institution gebe es in Deutschland nur noch etwa 20 Jahre.

Max Feigenwinter in der Bibliothek seines Hauses
Max Feigenwinter in der Bibliothek seines Hauses

«Ich habe keine Hoffnung, dass sich in dieser Kirche Wesentliches ändert», betont Max Feigenwinter. Er sieht eine Diskrepanz zwischen dem, was die Institution Kirche verlangt, und dem, was Jesus wollte. Kein Zufall, dass sich in seinem Bücherregal auch Werke von kirchenkritischen Autoren wie Hans Küng und Hermann Häring befinden. Letzterer hat auch das Vorwort zu seinem Buch «Befreit glauben» (2019) geschrieben.

Statt Gottesdienste – Taizé-Feiern

Gottesdienste besucht Max Feigenwinter nur noch selten. «Ich habe Mühe mit den vielen Worthülsen und Phrasen, die unüberlegt nachgebetet werden», sagt er. Nicht selten denke er dabei an das Buch des deutschen Autors Erich Flügge mit dem Titel «Die Kirche verreckt an ihrer Sprache».

Taizé-Feiern in der reformierten Kirche in Sargans besucht Max Feigenwinter hingegen gerne. Dies gemeinsam mit seiner Frau, mit der er drei erwachsene Töchter hat. Und er liebt die mystische Atmosphäre in der romanischen Kirche St. Peter Mistail im bündnerischen Savognin.

Initiant der Sarganser Predigten

An solchen Orten holt sich Max Feigenwinter die Kraft für Projekte. Vor 16 Jahren initiierte er die «Sarganser Predigten». Dabei predigen Promis aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft zu einer freien Bibelstelle. Dafür gewinnen konnte sie Max Feigenwinter dank seines reichen Beziehungsnetzes. Die Evangelische Kirchgemeinde Sargans, Mels, Vilters-Wangs ist Gastgeberin und Mitorganisatorin dieser Gottesdienste, die weiterlaufen.

Dort gepredigt haben etwa der bekannte, inzwischen verstorbene Kinderbuchautor Max Bolliger, der ehemalige katholische Zirkuspfarrer Ernst Heller und der TV-Moderator Röbi Koller. Und auch der deutsche Kirchenkritiker Eugen Drewermann. Max Feigenwinter freut sich noch heute, dass er ihn für eine «Sarganser Predigt» gewinnen konnte. Für manche war das allerdings ein Skandal: «Man hat mir vorgeworfen, ich zerstöre damit den Religionsfrieden im Sarganserland.»

Befreit glauben

Ein Kirchenaustritt kam für Max Feigenwinter nicht infrage. Dies, obwohl ihm früher in der Kirche und zu Hause oft mit Hölle und Teufel gedroht wurde. Er habe später immer wieder Menschen getroffen, die ihm eine andere Kirche gezeigt hätten. Die sich – wie er – von alten, verstaubten Denkmustern und Glaubensätzen befreit hätten.

Viel über seine Erfahrungen mit und in der Kirche ist in seiner Autobiographie «Befreit glauben» zu erfahren. Es sei sein wichtigstes Buch, betont Max Feigenwinter.

Er will sich weiterhin an der Bibel orientieren. Er wolle den Sinn dieser Texte freilegen, sie neu entdecken und in die heutige Zeit übersetzen, sagt er. Denn: «Wir sollten versuchen zu leben, wie Jesus sich dies vorgestellt hat.»


Max Feigenwinter ist offen für Begegnungen | © Vera Rüttimann
21. März 2021 | 05:00
Lesezeit: ca. 4 Min.
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Vom Didaktiklehrer zum Autor

Max Feigenwinter, geboren 1943, besuchte die Volksschule in Reinach BL und Basel. Ab 1970 war er Lehrer für Didaktik, Fachdidaktik und Unterrichtspraxis am Lehrerseminar in Sargans, das er später auch leitete. Bis heute ist er in der Erwachsenenbildung engagiert.

Durch viele Vorträge und Kurse zu pädagogischen Fragen sowie Bücher wie «Sei dir gut», «Damit das Leben gelingt» und «Einfach gelassen bleiben» wurde Max Feigenwinter im In- und Ausland bekannt. 2009 wurde ihm der Sarganser Kulturpreis verliehen. 2016 erhielt er den Kulturpreis der Talgemeinschaft Sarganserland – Walensee. (vr)

Weitere Informationen unter www.maxfeigenwinter.com