«Diskriminierend, sexualisierend, stigmatisierend»: Kopftuch für Kinder in Schule soll weg

Die Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller will Kopftücher für Kinder in der Schule oder im Kindergarten verbieten. Diesen Vorstoss hat die 64-jährige Politikerin schon vor zwei Jahren eingereicht. Nun stimmt das Parlament darüber ab.

Wolfgang Holz

«Es geht mir nicht um die Religion, die Religion ist mir völlig egal in diesem Fall», sagt Marianne Binder-Keller gegenüber kath.ch. Es gehe ihr bei dem 2020 eingereichten Postulat einzig um die Wahrung der Kinderrechte und des Kinderschutzes.

Behindert persönliche Entwicklung

Das Kopftuch für Kinder an Schulen und im Kindergarten sei «diskriminierend, sexualisierend und stigmatisierend» und behindere die persönliche Entwicklung der Mädchen. Sie habe schon zahlreiche Mails von Lehrerinnen und Lehrern erhalten, die einfordern würden, dass der Staat diesbezüglich aktiv werden solle.

«Ein Kopftuch ist ein Eingriff in die Grundrechte eines Kindes.» Und die Schule müsse ja die Ideale des Staats vertreten, argumentiert die Nationalrätin.

Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller.
Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller.

Um wie viele Fälle solcher Kinder es sich handelt, die in der Schule und im Kindergarten Kopftücher tragen müssten, weil dies ihre Eltern so bestimmen würden, weiss die Mitte-Politikerin nicht.

«Aber das spielt auch keine Rolle. Ob viele oder wenige Fälle – dadurch wird das Unrecht, das den Kindern durch das Tragen von Kopftüchern und Schleiern auferlegt wird, nicht kleiner», ist die Aargauerin überzeugt.

«In unseren Bildungseinrichtungen muss eine freie Entfaltung aller Kinder ohne Kinderkopftuch garantiert sein.»

Marianne Binder-Keller, Mitte-Nationalrätin

Der Bundesrat soll prüfen, ob eine Grundlage dafür geschaffen werden kann, um Kopftücher für Kinder in der Schule oder im Kindergarten zu verbieten. «In unseren Bildungseinrichtungen muss eine freie Entfaltung aller Kinder ohne Kinderkopftuch garantiert sein», schreibt sie in ihrem Postulat, das voraussichtlich morgen im Nationalrat behandelt wird.

Ähnliche Regelung wie in Frankreich angestrebt

Sie strebt eine ähnliche Regelung wie in Frankreich an, wo an öffentlichen Schulen bereits seit 2004 ein Kopftuchverbot gilt. Wie eine neue Studie der Paris School of Economics zeigt, habe sich das positiv auf die Integration muslimischer Mädchen ausgewirkt.

Der Bundesrat lehnt Binder-Kellers Vorstoss dennoch ab. Die Kompetenz, im Bereich der Religion gesetzgeberisch tätig zu werden, liege bei den Kantonen. Gemäss Bundesverfassung seien diese für das Schulwesen zuständig.

Parlament wird «eher nicht» zustimmen

Marianne Binder-Keller ist sich indes selbst nicht sicher, ob das Parlament ihrem Postulat zustimmen wird. «Eher nicht», sagt sie gegenüber kath.ch.

Vor über einem Jahr sprach sich die Schweiz für ein Verhüllungsverbot aus. Damit ist das Tragen von Burka und Niqab nicht mehr erlaubt. Das Verbot ist noch nicht in Kraft.

Das Bundesgericht fällte 2015 einen Grundsatzentscheid: Es wies die Beschwerde der Schule St. Margrethen im Kanton St. Gallen ab, die das Kopftuchverbot gegenüber einer muslimischen Schülerin durchsetzen wollte. Das Gericht kam zum Schluss, dass für diesen Eingriff in die Grundrechte des betroffenen Mädchens ein öffentliches Interesse fehlte.


 

Mädchen mit Kopftuch. | © Pixabay/Bintang_Galaxy, Picabay Licence
21. September 2022 | 14:27
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!