Deutschland: Evangelische Kirche soll Opfer von Hexenprozessen rehabilitieren

Unna, 31.8.15 (kath.ch) Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) soll zum 500. Jahrestag der Reformation die im Mittelalter als Hexen verfolgten Menschen rehabilitieren. Die EKD müsse 2017 in einem Gedenkgottesdienst «die geistliche Verdammung der Opfer widerrufen und ihre Christenehre» wiederherstellen, forderte der Sprecher des Arbeitskreises Hexenprozesse, der pensionierte Pfarrer Hartmut Hegeler, am Montag, 31. August, in Unna.

Einen entsprechenden Aufruf hätten bereits mehr als 1000 Menschen unterzeichnet, so der evangelische Theologe. Hegeler appellierte an den EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Heinrich Bedford-Strohm, und an die EKD-Botschafterin zum Reformationsjubiläum, Margot Kässmann, die «dunklen Seiten von Martin Luther» nicht zu verschweigen.

In Deutschland 25’000 Menschen wegen Hexerei verfolgt

Jahrhundertelang habe Kirche zu ihrer Mitverantwortung an den Hexenverfolgungen geschwiegen, so der Arbeitskreis weiter. In Deutschland seien im Namen Gottes in evangelischen und katholischen Gebieten 25’000 Frauen, Männer und Kinder wegen angeblicher Hexerei angeklagt, gefoltert und verbrannt worden.

Wer sich mit der Hexenverfolgung befasse, erschrecke über die Rolle, die «die Kirchen der Reformation» gespielt hätten. Auch Luther habe unter Berufung auf das Alte Testament zur Verfolgung von Hexen und Zauberinnen aufgerufen. Seine Haltung zu Hexenverbrennungen werde heute zu Recht als Beleg einer todbringenden Intoleranz und als «dunkler Schatten» der Reformation erkannt, wie schon der frühere EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider gesagt habe.

Städte sollen Urteile revidieren

Auch gebe es direkte Nachfahren von Opfern der Hexenprozesse, die heute auf eine «Geste der Versöhnung» warteten, argumentierte der evangelische Theologe. «Das Unrecht darf nicht das letzte Wort behalten.» Der Unnaer Pfarrer Hegeler hat bereits in vielen Kommunen zusammen mit gleichgesinnten Bürgern an Stadträte appelliert, die alten Urteile zu revidieren.

In Deutschland haben bisher schon Dutzende Städte ihre «Hexen» rehabilitiert, darunter vor allem Orte in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen und Bayern. Dabei gehe es nicht um eine juristische, sondern um eine moralisch-ethische Aufarbeitung, so die Initiatoren.

Nach heutigen Schätzungen fielen dem Hexenwahn der frühen Neuzeit bis zu 60.000 Frauen, Männer uns selbst Kinder zum Opfer, fast die Hälfte davon in Deutschland. (kna)

Hinweis für Redaktionen: Fotos finden Sie in der KNA-Bild-Datenbank auf www.kna-bild.de

 

 

 

31. August 2015 | 16:44
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!