Deutsche Polizei holt Flüchtling aus Kirchenasyl – Bischof entsetzt

Münster, 24.8.16 (KNA) Münsters katholischer Bischof Felix Genn zeigt sich schockiert über die Festnahme eines Flüchtlings im Kirchenasyl. Am Dienstagmorgen hatte die Polizei in Münster einen Flüchtling aus Ghana mit Gewalt aus einem Kapuzinerkloster geholt.

Genn erklärte am Abend: «Es erschüttert mich und macht mich betroffen, dass während eines laufenden Verfahrens ohne Vorankündigung zugegriffen wird.» Die Festnahme sei «ohne Not geschehen, es gab keine Fluchtgefahr, der Mann hätte sich gut weiter im Schutz der klösterlichen Mauern aufhalten können». Genn kündigte an, dass er sich weiter zugunsten des ghanaischen Flüchtlings einsetzen werde.

Das Bistum Münster unterstrich, dass das zwischen Kirche und Staat abgesprochene Vorgehen für ein Kirchenasyl eingehalten worden sei. Das dabei vorgesehene Dossier, in dem die Gründe für eine Härtefallentscheidung zugunsten des Ghanaers zusammengefasst sind, sei unmittelbar vor der Übermittlung an das zuständige Bundesamt gewesen, stellte das Bischöfliche Generalvikariat Münster klar.

Ein Polizeisprecher bestätigte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), der Mann sei im Kapuzinerkloster in Münster festgenommen und abgeführt worden. Als ihm Handschellen angelegt worden seien, habe der Mann einen Beamten in die Hand gebissen.

Flüchtling bereits in Ungarn registriert

Verantwortlich für die Festnahme seien die Ausländerbehörde des Kreises Coesfeld und eine Richterin, betonte der Polizeisprecher. Die Polizei sei lediglich für den Vollzug hinzugezogen worden. Der Flüchtling war zuvor in Ungarn registriert worden.

Auch Vertreter der Kirchen in der Stadt Münster reagierten schockiert auf die Auflösung des Kirchenasyls. Die evangelische Superintendentin Meike Friedrich und der katholische Stadtdechant Jörg Hagemann zeigten sich erschüttert: «Unfassbar, dass der Kreis Coesfeld den Ghanaer nach Ungarn zurückführt! Wir verweisen hier auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Münster, worin dieses die inhumanen Zustände für Asylbewerber in Ungarn feststellte», betonten die beiden Theologen.

Netzwerk Kirchenasyl protestiert

Auch das Netzwerk Kirchenasyl protestierte. Nach dem Dublin-Abkommen der Europäischen Union müsse ein Flüchtling zwar in dem EU-Staat Asyl beantragen, über den er in die EU eingereist ist. Bei den derzeitigen Zuständen in Ungarn sei es jedoch sehr zweifelhaft, dass der Mann aus Ghana dort ein faires Verfahren bekomme, kritisierte eine Sprecherin. Zudem sei der Mann herzkrank und brauche eine entsprechende medizinische Behandlung. (kna)

Drei Männer lancieren Kampagne für Schweizer Kirchenasyl

24. August 2016 | 10:15
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!