kath.ch-Redaktionsleiter Raphael Rauch.
Kommentar

Das Drama von Chur muss Köln erspart werden

Paukenschlag im Vatikan: Papst Franziskus ordnet eine Visitation im Erzbistum Köln an. Es gilt die Unschuldsvermutung. Doch die Gräben von Chur zeigen: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Kardinal Woelki sollte zurücktreten.

Raphael Rauch

Köln ist nicht irgendein Bistum. Es ist eines der reichsten und einflussreichsten Diözesen der Welt. Kardinal Joachim Meisner verstand sich einst als Wacht am Rhein: als Wächter der rechten Lehre, der einzig gültigen Form von Katholizität.

Ein Donnerhall braust von Köln nach Rom

Sein Nachfolger Rainer Maria Woelki wollte in Meisners Fussstapfen treten. Er gewann sogar einst fortschrittliche Theologinnen wie Vera Krause für seinen Führungsstab. Doch mehr und mehr entglitt dem Kardinal die Führung.

Woelki konnte es sich nicht leisten, auf die Verjährung zu pochen: Der Imageverlust wäre nicht wieder gut zu machen.
Woelki konnte es sich nicht leisten, auf die Verjährung zu pochen: Der Imageverlust wäre nicht wieder gut zu machen.

Nun braust ein Ruf wie Donnerhall vom Rhein nach Rom. Fortschrittliche Katholikinnen und Katholiken sehnen sich nach dem einst liberalen rheinischen Katholizismus. Im Rheinland wird alles nicht so ernst genommen, schon gar nicht das kanonische Recht. Ein Kardinal, der päpstlicher auftritt als der Papst, wirkt nur im Karneval nicht wie ein Fremdkörper.

Der Kardinal wird zur «persona non grata»

Als es um «Amoris Laetitia» ging und um Gottes Verständnis für Geschiedene, die ein zweites Mal heiraten, trat Kardinal Woelki als «Richter gnadenlos» auf. Bei der Aufarbeitung der Missbrauchskrise mass er jedoch mit zweierlei Mass. Zwar ist er juristisch entlastet. Politisch kann er daraus aber kein Kapital schlagen und wirkt angeschlagen auf der Kölner Kathedra.

Demonstrantinnen zeigen Kardinal Rainer Maria Woelki die Rote Karte.
Demonstrantinnen zeigen Kardinal Rainer Maria Woelki die Rote Karte.

Das Vertrauen im Erzbistum ist zerrüttet. Priester lehnen sich gegen ihn auf, Laien sowieso. Pfarreien erklären den Kardinal bei Firmungen zur «persona non grata», Frauen zeigen ihm die Rote Karte.

Déjà-vu mit dem Bistum Chur?

Aus Schweizer Sicht wirkt die Causa Woelki wie ein Déjà-vu. Die Menschen im Bistum Chur wissen genau, was das Sprichwort bedeutet: «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!» In Chur war der Schrecken erst am 19. März 2021 vorbei, als Joseph Bonnemain zum Bischof geweiht wurde.

Der Kniefall von Chur: Bischof Joseph Maria Bonnemain bittet am 19. März 2021 das Volk um den Segen.
Der Kniefall von Chur: Bischof Joseph Maria Bonnemain bittet am 19. März 2021 das Volk um den Segen.

Selbst wenn die Visitation den Kölner Kardinal am Ende entlasten sollte: Ein Hirte, der seine Herde in den Kirchenaustritt treibt, ist nicht mehr tragbar. Kardinal Woelki sollte zurücktreten und den Weg frei machen für einen Neuanfang.

Es braucht einen Neuanfang – sofort

Wie wohltuend ein Brückenbauer sein kann – das dürfen die Katholiken im Bistum Chur gerade erfahren. Den Kölnern ist ein Neuanfang à la Bonnemain zu wünschen. Nur schneller und mit weniger Wunden.


kath.ch-Redaktionsleiter Raphael Rauch. | © Elisabeth Real
28. Mai 2021 | 13:20
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