Das Diakonat ist ein kirchlicher «Wachstumsmarkt» mit Zukunft

Freiburg: Erste Tagung für Diakone der deutschsprachigen Schweiz

Freiburg i. Ü., 29.3.11 (Kipa) Die Diakone: Sie gehören zum Klerus der katholischen Kirche und sind dennoch meist verheiratet. Von den Laientheologen werden sie oft misstrauisch beäugt. Wer sind die ständigen Diakone, die es seit dem Konzil in der lateinischen Kirche wieder gibt? Welche Aufgabe haben sie? Am 28. März hat an der Universität Freiburg (Schweiz) eine Tagung für Diakone der deutschsprachigen Schweiz stattgefunden. Eine Premiere.

Für erhebliche Irritation unter den Diakonen hat Papst Benedikt XVI. am 15. Dezember 2009 gesorgt. Damals erschien sein Erlass «Omnium in mentem». Darin spricht der Papst den Bischöfen und Priestern zu, «in der Person Christi des Hauptes» zu handeln – nicht mehr aber den Diakonen.

Seither ergehen sich die Fachleute in Mutmassungen darüber, was den Papst zu dieser Äusserung bewogen haben könnte. Und manche Diakone stürzten dadurch in eine spirituelle Krise. Klaus Kissling (Frankfurt am Main), Diakon und Präsident des Internationalen Diakonatszentrums, äusserte an der Tagung die Vermutung, der Papst habe klarlegen wollen, dass die kirchlichen Leitungsaufgaben bei Bischöfen und Priestern liegen und der Diakon «in der Person Christi des Dieners» handelt. Der Diakon erinnere nämlich an «die sakramentale Würde der Geringsten». Er sei ihr Vertreter, «solidarisch und spirituell».

Die erste sakramentale Weihestufe

Das Amt des ständigen Diakons ist vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) als eigenständiges Amt der Kirche wiederhergestellt worden, das auch verheirateten Männern offen steht. Bis zum 5. Jahrhundert war das Diakonat in der Kirche von grosser Bedeutung, wurde dann aber zurückgedrängt.

Das Diakonat ist die erste sakramentale Weihestufe. Künftige Priester werden vor ihrer Priesterweihe zum Diakon geweiht und damit Kleriker. Jede Teilhabe am kirchlichen Dienst im Klerus setzt das Diakonat voraus. Deshalb bleiben auch Priester und Bischöfe Diakone, empfangen mit den weiteren Weihestufen aber besondere Vollmachten.

Mit der Wiederherstellung des ständigen Diakonats wollte das Konzil die dienende Dimension der Kirche stärken. Doch die Entwicklung einer eigentlichen Theologie der Diakonie blieb aussen vor. Klaus Kissling: «Das Konzil hat zwar das Diakonat aus seiner Schattenexistenz befreit, aber noch keine Theologie des Diakonats entwickelt.»

Die Freiburger Theologie-Professorin Barbara Hallensleben wies darauf hin, dass der Diakon zentral für die Aufgabe der Kirche stehe, «mitten in der jeweiligen Gesellschaft das zu sein, was diese Gesellschaft von innen her ist und doch nicht zu sein vermag. Der Diakon entspricht einem Verständnis des Menschen, der seinen Schwerpunkt nicht in sich selbst, sondern im anderen hat.»

Weltweit 36.000 Diakone

Weltweit zählt die katholische Kirche derzeit etwa 36.000 ständige Diakone. Sie sind es entweder im Hauptberuf oder, wie in vielen anderen Ländern, im Zweitberuf. Die Diakone sind gegenwärtig die einzige Berufsgruppe der Kirche, die kontinuierlich Wachstumsraten verzeichnet.

Auch in der Schweiz sei das ständige Diakonat ein «Wachstumsmarkt», und die Diakone seien für die Zukunft der hiesigen Kirche die «wichtigsten Träger», hob Urban Fink von der Schweizerischen Kirchenzeitung (SKZ) hervor; die SKZ hatte die Tagung in Freiburg gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Pastoraltheologie veranstaltet.

«Glückliche Diakone», aber keine «Ersatz-Priester»

Zur Tagung waren rund dreissig Diakone aus den Bistümern Basel, Chur und St. Gallen angereist. «Glückliche Diakone», in vielfältigen Ausgestaltungen des Amtes tätig, wie den Wortmeldungen zu entnehmen war. Und die ohne das ausdrückliche Ja ihrer Ehefrauen ihr Amt gar nicht ausüben könnten, wie ebenfalls betont wurde.

Manche Diakone sind als Gemeindeleiter in ihren Pfarreien tätig und nehmen damit Leitungsaufgaben wahr, die ihnen der jüngste Papst-Erlass eigentlich abspricht – der chronische Priestermangel lässt grüssen. «Ersatz-Priester» wollen und sollen die Diakone allerdings nicht sein.

Konfliktstoff ist dennoch vorhanden: Weil Diakone dem Klerikerstand angehören und im Vergleich zu den als Pastoralassistenten wirkenden Laien über erweiterte liturgische und sakramentale Befugnisse verfügen, kommt es da und dort auch zu Kompetenzstreitigkeiten. Und die Tatsache, dass die Kirche derzeit einen «Diakonat der Frau» ausschliesst, kann für zusätzliche Irritationen in den Seelsorgeteams sorgen.

Die Wiedereinführung des ständigen Diakonats ist offenbar eine Erfolgsgeschichte. Der Einsatz von verheirateten Klerikern bewähre sich, und diese seien von den Gemeinden vollauf akzeptiert, meinte etwa Matthias Westermann, Diakon des Bistums Chur.

Nährboden für die «viri probati» der Zukunft?

Sind die ständigen Diakone gleichsam der Nährboden, aus dem die sogenannten «viri probati» erwachsen werden – die «bewährten verheirateten Männer», von denen in der Kirche angesichts des Priestermangels nunmehr schon seit Jahrzehnten die Rede ist? Diese Vermutung äussert jedenfalls Annemarie Fenzl, einst enge Mitarbeiterin von Kardinal Franz König in Wien, in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift «Diaconia Christi».

Gleichzeitig betont sie jedoch, dass «der eigentliche und letzte Sinn» des Diakonenamtes gerade nicht darin liege, schliesslich doch Priester zu werden. Falle jedoch der Pflichtzölibat, würden viele jener Männer, die heute Diakone sind, zu Priestern geweiht werden können. Wer dann jedoch unter diesen veränderten Bedingungen Diakon werde, der wolle dies auch wirklich sein. Mit der Wiedereinführung des Diakonates habe das Konzil jedenfalls, so Fenzl, «etwas in die Wege geleitet, hat einen neuen Weg eröffnet, auf dem wir jetzt gerade im Begriff sind, den ersten Schritt zu tun.»

(kipa/job/bal)

29. März 2011 | 11:34
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