Caritas Schweiz: Hilfe für Flüchtlinge auf Balkanroute «komplementär»

Luzern, 19.10.15 (kath.ch) Caritas Schweiz versteht ihr Engagement für Flüchtlinge entlang der Balkanroute als «komplementär». Den Schwerpunkt der Hilfe legt das katholische Hilfswerk auf Erst-Asylländer wie dem Libanon oder Jordanien. Dies sagte Kommunikationschef Odilo Noti am Montag, 19. Oktober, auf Anfrage von kath.ch. Caritas Schweiz bereitet jedoch ein Winterhilfe-Programm für die Balkanroute vor. Sie geht davon aus, dass die Glückskette die geplanten Projekte mitfinanziert. Die Sonntagspresse (18. Oktober) hatte kritisiert, dass die Glückskette bisher wenig Geld für Flüchtlinge auf der Balkanroute eingesetzt habe.

Barbara Ludwig

Das Hilfswerk und die Glückskette seien sich «einig» in der Beurteilung, dass die Erst-Asylländer die «grösste Flüchtlingslast» zu tragen hätten und die internationale Staatengemeinschaft ihnen viel entschiedener unter die Arme greifen müsse, so Noti. Die Glückskette war am Wochenende in die Kritik geraten, weil laut einem Bericht der Sonntagszeitung «Schweiz am Sonntag» (18. Oktober) weniger als zehn Prozent der im September gesammelten Glückskette-Spenden für Flüchtlinge auf der Balkanroute eingesetzt worden waren. Dies, obschon die Stiftung dem Bericht zufolge während des Sammelmonats versprochen hatte, das Geld vor allem für die Nothilfe auf der Balkanroute einzusetzen.

Caritas Schweiz habe bislang Flüchtlingsprojekte in Syrien, im Nordirak und in den Nachbarländern Libanon und Jordanien in der Höhe von zwölf Millionen Franken realisiert, sagte Noti gegenüber kath.ch. Die Glückskette habe Beiträge im Umfang von fünf Millionen Franken beigesteuert.

Zusammenarbeit mit anderen Caritas-Organisationen auf Balkanroute

Das Hilfswerk ist laut Noti aber auch auf dem Balkan aktiv. Zum einen engagiert es sich in der Soforthilfe in Serbien. Caritas Schweiz stellt in den Camps von Presevo, Kanjiza und Subotica den Flüchtlingen Güter des täglichen Bedarfs zur Verfügung und unterstützt ihre hygienische und medizinische Versorgung.

Zum andern hat es in Zusammenarbeit mit anderen europäischen Caritas-Organisationen «Erste-Hilfe-Projekte» entlang der Balkanroute lanciert, etwa in Kroatien. «Dort greift die Caritas Flüchtlingen mit raschen Massnahmen unter die Arme, indem sie Nahrungsmittel und sauberes Trinkwasser abgibt oder die ärztliche Betreuung sicher stellt», sagte Noti. Die Glückskette habe diese ersten Projekte mit 200’000 Franken mitfinanziert.

Der Winter steht bevor – Bürgerinitiativen genügen nicht

Caritas Schweiz bereitet zudem angesichts des bevorstehenden Winters ein Winterhilfe-Programm vor. «Hier braucht es institutionelle Hilfen», so Noti. Spontane Bürgerinitiativen könnten hier zu wenig ausrichten. Das Winterhilfe-Programm bestehe einerseits aus der Fortsetzung des Engagements in Serbien. Das Nothilfe-Programm soll bis in den April des kommenden Jahres dauern. Andererseits plant das Hilfswerk ein zweites Programm auf der Insel Lesbos. Dieses soll ab November gestrandeten Flüchtlingen zugute kommen. «Auf Lesbos sollen besonders verletzliche Flüchtlinge, etwa Familien mit Kindern, ein Dach über dem Kopf erhalten und mit dem Lebensnotwendigsten versorgt werden.»

Für diese beiden Projekte hat Caritas Schweiz bei der Glückskette 2,3 Millionen Franken beantragt. Glückshilfe-Direktor Tony Burgener wollte die Balkanhilfe allerdings auf sogenannte «Direktorenanträge» beschränken, wie die «Schweiz am Sonntag» berichtete. Damit können Projekte schnell und unbürokratisch bewilligt werden, sind aber auf 200’000 Franken pro Projekt beschränkt.

Caritas hofft auf Geld von Glückskette für Winterhilfe-Programm

Noti geht jedoch davon aus, dass die Glückskette diese Projekte mitfinanziert, wie er gegenüber kath.ch sagte. In einem öffentlichen Statement habe dieser gesagt, es handle sich nicht um eine definitive, sondern um eine provisorische Regelung. «Er signalisiert damit Flexibilität.»

Am Montag rechtfertigte sich Burgener gegenüber «Blick.ch» (19. Oktober). Die Situation in den Ländern entlang der Fluchtroute nach Europa ändere sich täglich, teilweise sogar stündlich. «Es gibt keine fixen Strukturen, die man unterstützen kann. Es macht keinen Sinn, zwei Millionen in ein Projekt zu schiessen.»

Der Glückshilfe-Direktor hatte jedoch bereits gegenüber der «Schweiz am Sonntag» Fehler eingeräumt. Man habe immer den Geldbedarf für die laufenden Projekte betont, die Kommunikation aber vielleicht zu stark auf die neue Situation auf dem Balkan ausgerichtet. Burgener versprach gegenüber der Zeitung «Flexibilität». «Am Ende werden wir vielleicht 50 Prozent der Mittel auf dem Balkan einsetzen, je nach Entwicklung und Projektanträgen.» (bal)

Freiwillige Mitarbeiterin der Caritas gibt Flüchtlingen Hygiene-Artikel in Belgrad | © 2015 Caritas/Catholic relief Service
19. Oktober 2015 | 17:10
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