Israelische Sperrmauer beim Flüchtlingslager Schu`fat in Ostjerusalem, im Jahr 2012.
Schweiz

Bischofsdelegation traf in Palästina auf verzweifelte Christen

Freiburg i.Ü./Amman, 12.1.16 (kath.ch) Die Menschen in der Region um Cremisan sind verzweifelt, sagt der Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), Erwin Tanner. Israel will im Tal eine Trennmauer errichten. Eine internationale Gruppe katholischer Bischöfe, unter ihnen Bischof Felix Gmür, besuchte Anfang Woche das Gelände. Der SBK-Generalsekretär reist mit.

Mitte August hatten Bauarbeiten an einem Teilstück der umstrittenen israelischen Sperrmauer auf privatem palästinensischem Gebiet bei Beit Dschalla begonnen, nachdem Israels Oberstes Gericht den Bau gestattet hatte. Das Gericht korrigierte damit ein eigenes Urteil von April. Von der Sperranlage betroffen sind neben 58 christlichen Familien zwei Klöster und eine Schule des Salesianerordens.

Salesianer-Niederlassung auf der Grenze

Die Bischöfe besuchten den Ort Beit Dschalla. Das palästinensische Dorf unweit von Jerusalem wird vor allem von Christen bewohnt. Zwischen der Ortschaft und jüdischen Siedlungen baut Israel eine Trennmauer. Nach ihrer Fertigstellung soll der Bau das Gebiet trennen, wo sich auf der heutigen Grenze zwischen Jerusalem und Beit Dschalla eine Niederlassung der Salesianer Don Boscos befindet. Die Mauer wird es zahlreichen Bauern und den Salesianern verunmöglichen, zu ihren Feldern zu gelangen.

Die Delegation der Bischöfe besuchte am Sonntag den Ort, wo gemäss Tanner kürzlich israelische Bulldozer den Boden eingeebnet haben. Die israelische Polizei habe ihn daran gehindert, auf dieses Gelände vorzudringen, weil sie als «militärische Sperrzone» eingestuft sei. Die Delegation konnte von Weitem einen Blick auf die Zone werfen und Fotos aufnehmen, erklärte der SBK-Generalsekretär gegenüber cath.ch. Die Bischöfe begegneten auch einem Eigentümer des Landes. Dieser sei wegen der Vernichtung seiner Olivenbäume sehr betrübt. Die Behörden in Jerusalem beanspruchen das Land von Beit Dschalla.

Die Angst vor dem nächsten Tag

«Die Einwohner von Cremisan befinden sich in einer sehr schwierigen Lage, besonders, weil sie in der Unsicherheit leben, was morgen geschehen wird», erklärte Tanner. Die von Jerusalem beanspruchten Gebiete gehören zum Teil Christen. Dort bauen sie Wohnungen. Sie wissen aber nicht, ob sie, nachdem Jerusalems Behörden ihre Hand auf das Gebiet gelegt haben, bleiben können. Die Einwohner und jene Gruppierungen, die sie unterstützen, bemühen sich zurzeit mit Einsprachen Zeit zu gewinnen. Sie hoffen auch, dass der internationale Druck Wirkung zeigen wird.

Am Montag befand sich die Delegation in Amman, der Hauptstadt Jordaniens. Dort begegnete sie christlichen Flüchtlingen aus dem Irak. Das lateinische Vikariat der Kirche in Amman bemüht sich um diese Menschen, indem sie diese etwa unterbringt. Gemäss Tanner gehen die Flüchtlinge nicht davon aus, dass sie jemals wieder in ihre Heimat zurückkehren können. Sie wollten ihr Glück vielmehr in den westlichen Ländern suchen.

Jordanien mit Willkommenskultur

Eine Schweizer Delegation besuchte kürzlich den Libanon. Die Situation in Jordanien unterscheide sich wesentlich von jener im Libanon, sagte Tanner. Im Libanon bestünden starke Spannungen zwischen Neuankömmlingen und der einheimischen Bevölkerung. In Jordanien bemühe sich König Abdallah II. um eine offene Willkommenskultur. Christen würden geschützt und unterstützt. Auch wenn langsam Probleme an den Tag träten, würden die Spannungen zwischen Flüchtlingen und einheimischer Bevölkerung gering bleiben.

Die verschiedenen christlichen Kirchen im Lande zeigten sich zudem solidarisch. Der lateinische Patriarch von Jerusalem habe anlässlich eines Besuchs der Delegation gemäss Tanner erklärt, die Gläubigen seien aufgerufen, eine «grosse christliche Familie» zu bilden.

Der Besuch ist Teil des «Internationalen Bischofstreffens zur Solidarität mit den Christen im Heiligen Land», zu dem sich bis Donnerstag, 14. Januar, Vertreter von Bischofskonferenzen aus 17 Ländern im Heiligen Land aufhalten. (cath.ch/gs)

Israelische Sperrmauer beim Flüchtlingslager Schu`fat in Ostjerusalem, im Jahr 2012. | © Andrea Krogmann
12. Januar 2016 | 15:45
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