Bischof Büchel: Familiensynode trifft zentrales Thema der Gesellschaft

Luzern, 25.6.15 (kath.ch) Mit einer Bischofssynode zum Thema Familie treffe Papst Franziskus ein zentrales Thema der Gesellschaft, sagte Bischof Markus Büchel an einem Vortrag an der Universität Luzern am Mittwoch, 24. Juni. Die weltweiten Unterschiede in traditioneller, wie auch in politischer Ausgestaltung des Familienlebens erforderten von der katholischen Kirche allerdings viel Fingerspitzengefühl. Büchel gab damit Einblick in den für die Weltkirche bedeutenden Prozess der Familiensynode.

Martin Spilker

Der St. Galler Bischof Markus Büchel hatte in den Stunden vor seinem Referat in Luzern noch allerhand zu tun. Am Dienstag war das Arbeitspapier zum zweiten Teil der Bischofssynode zum Thema Familie veröffentlicht worden, so dass er als Teilnehmer der ersten Verhandlungssession in Rom gleich wieder ein gefragter Mann war. Nicht erstaunlich, dass an einem schönen Sommerabend über 120 Personen der Einladung des Ökumenischen Instituts der Theologischen Fakultät Luzern zu diesem Vortrag zu einem hochaktuellen Kirchenthema gefolgt waren.

Briefträger in Sachen Familienpastoral

Um die Bedeutung des zweiten Arbeitspapiers herauszuarbeiten, warf der St. Galler Bischof zuerst einen Blick zurück auf die erste Session der Bischofssynode 2014. Als Teilnehmer habe er sich als «Briefträger» der katholischen Kirche Schweiz verstanden, die im Rahmen einer breit angelegten Umfrage die Kirchenmitglieder nach deren Anliegen in der Frage Kirche-Ehe-Familie befragt hatte. Um diese Anliegen einzubringen, seien ihm genau vier Minuten zur Verfügung gestanden, sagte Markus Büchel schmunzelnd, fügte aber sogleich an, dass es allen Vertretern der weltweiten Bischofskonferenz gleich ergangenen sei.

Als einer dieser Delegierten aus der ganzen Welt sei ihm schnell deutlich geworden, dass das Thema Familie aus christlicher Sicht ganz starke, einheitliche Grundlagen habe, es umgekehrt aber auch eine kontinental oder kulturell differenzierte Sicht erfordere. Bischof Markus Büchel schätzte es denn auch sehr, dass Papst Franziskus die beiden für die Schweiz bedeutenden Aspekte unbedingt weiter behandeln wollte: den Zugang zu den Sakramenten für wiederverheiratete Geschiedene und die Haltung der Kirche gegenüber homosexuellen Menschen. Dies, obwohl sie in der Schlussabstimmung der ersten Session nicht die erforderliche Unterstützung erhalten hatten.

Braucht Öffnung und Vertiefung

Der für seine Nähe zu seelsorgerlichen Fragen bekannte Bischof machte kein Geheimnis daraus, dass der Begriff «Familie» in der katholischen Kirche wohl auch nach Abschluss der Synode nicht einheitlich und letztlich auch nicht abschliessend definiert werden könne. Markus Büchel hofft deshalb darauf, dass die Versammlung nach Wegen suche, die kulturell unterschiedliche Zugänge zu Fragen der Familienpastoral offen lasse.

Auf alle Fälle, so der St. Galler Bischof, brauche die Kirche für die Auseinandersetzung mit der Familie sowohl eine Öffnung zu den humanwissenschaftlichen Ansätzen, wie auch eine Vertiefung der theologischen Diskussion. Denn, so Markus Büchel: «Die theologische und die Glaubensdefinition von Familie sind weit weg von der Realität.» Wo aber eine Spannung zwischen Glaube und Alltag herrsche, sei die Kirche gefordert, eine Sprache zu finden, mit der sie ihre Werte, ihre Ideale vermitteln könne.

Werte anbieten, nicht Normen aufstellen

Das vorliegende Arbeitspapier zur zweiten Session der Familiensynode wertet Bischof Markus Büchel als neue Grundlage für einen weiteren «intensiven Prozess, der mehr Dialog enthalten muss». Er vermisst darin beispielsweise neue Ansätze zu Partnerschaften ohne Kinder oder zu Fragen des Gewissens. Oder dass zur Homosexualität im Papier «keine Diskriminierung, aber auch keine Anerkennung» vorgenommen werde, bezeichnete er als «behutsame Annäherung», sieht darin aber noch keine wirksame Entscheidung.

Wichtig ist für Bischof Büchel, dass im Arbeitspapier nicht mehr nur negativ von anderen Formen des Zusammenlebens als der Familie gesprochen werde. Und als Seelsorger und Bischof machte er auch klar, dass die Kirche im Fall einer Ehescheidung nicht leichtsinnig von Fehler sprechen dürfe. Sie habe vielmehr die Aufgabe, betroffene Menschen in ihrem Trennungsschmerz zu begleiten. Überhaupt spricht sich Büchel dafür aus, dass die Kirche zuerst Werte anbieten müsse, statt Normen aufzustellen, um die christliche Botschaft zu vermitteln.

Am zweiten Teil der Bischofssynode wird Markus Büchel nicht mehr teilnehmen. Dies nicht, weil er keine Lust mehr habe, so Büchel, sondern weil die Bischofskonferenz übereingekommen sei, eine weitere Stimme aus der Schweiz in diesem Prozess zu Wort kommen zu lassen. Deshalb werde Bischof Lovey im Herbst in Rom die Anliegen aus der Schweiz vertreten. Zusammenfassend sagte Bischof Markus Büchel mit Blick auf die Bischofssynode: «Die Erwartungen sind hoch, nicht alle werden erfüllt werden können. Aber das Thema ist mit diesem Prozess angestossen.» (ms)

Bischof Markus Büchel |© Oliver Sittel
25. Juni 2015 | 15:11
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