Sandra Schmid Fries und Lukas Fries-Schmid.
Schweiz

Auf dem «Sonnenhügel» soll es für die Gäste hell werden

Schüpfheim LU, 19.10.18 (kath.ch) Am kommenden Wochenende feiert der «Sonnenhügel» im ehemaligen Kapuzinerkloster Schüpfheim ein Jubiläum mit Tagen der offenen Klosterpforte. Seit 25 Jahren wird hier Gastfreundschaft und Nächstenliebe gelebt.

Martin Spilker

Der Name «Sonnenhügel» ist in mehrfacher Hinsicht Programm: In Schüpfheim im luzernischen Entlebuch scheint im Herbst oft die Sonne, während das Mittelland noch im Nebel liegt. Im früheren Kapuzinerkloster lebt aber auch eine Gemeinschaft, die für sich einen Weg gewählt hat, der Menschen in Not den Blick zur Sonne wieder öffnen will.

Sandra Schmid Fries und Lukas Fries-Schmid leiten den «Sonnenhügel» seit 2009. Mit zur sogenannten Kerngemeinschaft gehören aktuell ein Mann und vier Frauen, die sich selbst zu einem klosterähnlichen Leben auf Zeit verpflichten. Dabei bestimmen alle frei, wie lange sie der Gemeinschaft angehören wollen.

Ort der Geborgenheit

Weiter beherbergen die alten Klostermauern und der fristgerecht auf das Jubiläumswochenende fertiggestellte neue Anbau regelmässig Gäste. Sie kommen für eine längere oder kürzere Auszeit hierher. Der Ort bietet ihnen Geborgenheit, Rückzugsmöglichkeiten und gleichzeitig die Gelegenheit, in einer Gemeinschaft zu leben.

Die Tage sind strukturiert, die überschaubare Anzahl der Gäste erlaubt ein vertrauensvolles Miteinander. Der «Sonnenhügel» ist keine Klinik und auch kein Therapiezentrum. Wer hierher kommt, muss die Verantwortung für sein Leben selber tragen, umschreibt es Lukas Fries. Die Gemeinschaft gibt einen Rahmen vor, unterstützt, begleitet.

Nicht helfen, da sein

Lukas Fries sieht die Aufgaben der Kerngemeinschaft als eine Form franziskanischer Tätigkeit in der heutigen Zeit. Die Motivation der Mitglieder ist eine christliche; tägliche Gebetszeiten prägen und stärken die Gemeinschaft. Allerdings ist ein klares Bekenntnis zur römisch-katholischen Kirche im «Sonnenhügel» keine Voraussetzung. «Wir werden von aussen eher als katholisch wahrgenommen. Aber eigentlich sind wir vollkommen frei», meint Lukas Fries schmunzelnd.

Aufgabe der Mitglieder des Kernteams ist es aber, für die Gäste da zu sein. Dabei ist es Lukas Fries wichtig, dass im Verhältnis Gemeinschaft-Gäste nicht von Hilfe die Rede ist. Unter dem Titel «Hör auf, mir zu helfen!» ist denn auch ein Beitrag des Theologen und Pastoralpsychologen auf dem Webportal «Feinschwarz.net» zum Jubiläum überschrieben.

Eigene Grenzen annehmen

Die Gäste auf dem «Sonnenhügel» bestimmen die Zeit ihres Aufenthalts selbst und bezahlen dafür Pensionsbeiträge. Wenn sie aktuell in einer Behandlung stehen, soll diese fortgeführt werden. «Ein Vorteil liegt darin, dass wir Plätze für Gäste sehr kurzfristig und auch zur Krisenintervention anbieten können», sagt Sandra Schmid Fries.

Die Gemeinschaft kann und will keine psychologischen oder medizinischen Begleitungen bieten. «Bei Suizidgefahr oder starker Suchtproblematik können wir, auch mit Blick auf die anderen Gäste, keine Begleitung bieten», erklärt Lukas Fries.

Grenzen gebe es aber auch im Alltag anzuerkennen, sagt Sandra Schmid Fries, und verdeutlich: «Wenn ich einem Gast nicht gerecht werden kann, schmerzt das.» In solchen Situationen sei es für sie wichtig, den Blick aufs Ganze nicht zu verlieren: Seit bald zehn Jahren ist das Ehepaar im «Sonnenhügel» tätig und weiss um den Wert der Einrichtung.

Ein Geben und Nehmen

Gefragt, wie sie als Familie mit ihren knapp fünfjährigen Zwillingen die Präsenz in der Gemeinschaft und mit den Gästen bewältigen, antworten die beiden ruhig und überlegt. «Von aussen gesehen macht es den Eindruck, dass wir viel hineingeben. Aber wir bekommen auch sehr viel», so Sandra Schmid Fries. Sie lerne Menschen und Geschichten kennen, die ihr sonst unbekannt blieben.

Aber es gelte auch, sich abgrenzen zu können. So wurden mit dem Neubau die Wohnbereiche für die Mitglieder der Kerngemeinschaft stärker vom Gästebereich des Hauses getrennt. Dies erlaube einen Rückzug ins Private. Für beide steht zudem fest, dass die gelebte Spiritualität auf dem «Sonnenhügel» eine wichtige Kraftquelle darstellt.

Das helfe auch, Ohnmachtsgefühle auszuhalten, die, wie Sandra Schmid Fries erklärt, durchaus aufkommen können. Oder, wie Lukas Fries es sagt: «Wir tun das, was wir können. Und wir lassen das, was wir nicht können.»

Sandra Schmid Fries und Lukas Fries-Schmid. | © Martin Spilker
19. Oktober 2018 | 10:23
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«Haus der Gastfreundschaft»

1980 haben die Schweizer Kapuziner ihr Kloster in Schüpfheim im Kanton Luzern verlassen. Während rund zehn Jahren wurde es als «Haus der Stille» von Kapuzinerinnen der Föderation St. Klara und zwischenzeitlich als Ersatz für das regionale Wohn- und Pflegezentrum genutzt. Seit 1993 trägt das Kloster die Bezeichnung «Sonnenhügel – Haus der Gastfreundschaft» und wird von einer Kerngemeinschaft in wechselnder Zusammensetzung geführt.

Die Trägerschaft ist als Verein organisiert. Finanziert wird der Betrieb aus Spendengeldern von Privaten und Stiftungen, den Pensionsbeiträgen der Gäste und dem Lohnverzicht der Mitglieder der Kerngemeinschaft. Diese sind teils auch ausserhalb der Gemeinschaft in ihren angestammten Berufen tätig. Zudem kann die Gemeinschaft auf einen Kreis freiwilliger Helferinnen und Helfer zählen, die im Haus regelmässig Arbeiten übernehmen.

Im Jahr 2011 haben die Kapuziner die Liegenschaft verschenkt. Eigentümerin ist seither die Stiftung Edith Maryon, die Grundstücke der Spekulation entzieht und dauerhaft für soziale oder kulturelle Projekte zur Verfügung stellt. Der «Sonnenhügel» verfügt über die Bewilligung des Kantons Luzern als «Einrichtung, welche Personen mit Behinderungen und Betreuungsbedürftigen Unterkunft und Betreuung gewährt». – Im «Haus der Gastfreundschaft» werden diese Personen Gäste genannt. (ms)