Joseph Bonnemains Predigt in voller Länge

«Lieber Bischof Peter,  lieber Weihbischof Marian,  liebe Mitbrüder,  liebe Schwestern und Brüder,

Ich danke Gott dafür, dass wir heute Abend gemeinsam Eucharistie feiern. Wir wollen damit ein starkes Zeichen setzen: ein Zeichen für das ganze Bistum.

Es ist angebracht, dass ich zuerst Bischof Peter danke, der bald zwei Jahre für die Diözese verantwortlich ist – und er leitet diese weiterhin, bis zu meiner Bischofsweihe und Amtseinsetzung.

Und ich danke auch Weihbischof Marian für alles, was er in diesen elf Jahren im Sinne Christi und der Kirche Gutes für uns alle getan hat. 

Ich danke Ihnen, den hier Anwesenden, dass Sie zu dieser Eucharistiefeier gekommen sind, und vielen anderen, die heute Abend im ganzen Bistum geistig mit uns vereint sind. Das ist ein starkes Zeichen und das soll ein starkes Zeichen der Eintracht für das ganze Bistum sein.

Wir haben gehört im Evangelium, dass die Pharisäer vom Herrn ein Zeichen verlangten. Ein Zeichen vom Himmel: etwas Aussergewöhnliches, Aufsehenerregendes, um zu beweisen, dass er der Messias ist. Jesus war aber nicht bereit, das zu tun. Es heisst im Evangelium: «Dieser Generation wird niemals ein Zeichen gegeben werden.» Es tönt abweisend, ernüchternd, ja als Absage. Aber wir wissen: Das war nicht das letzte Wort Christi. 

Christus setzt nicht Zeichen in die Welt, wie die Welt sie erwartet. Wir erwarten Auffälliges, Spektakel, wie die Menschen im heutigen Evangelium es auch gerne gehabt hätten. Doch Christus setzt mit seiner Hingabe, mit seinem Leiden – und mit der Hingabe seines Lebens – das Zeichen schlechthin.  

Das Kreuz ist das Zeichen der liebenden Hingabe Christi für die Welt. Deswegen: Erwarten Sie nicht von mir, dass ich ein Bischofswappen entwerfe und benütze, was üblicherweise der Fall ist. Mir reicht das Kreuzzeichen Christi. Und dieses, nur dieses, werde ich benutzen. 

Kommen wir nun zur heutigen Tageslesung, zur Geschichte von Kain und Abel. Es geht um Streit, Hass und zuletzt um Mord. Trotz allem verurteilt Gott zwar das Verbrechen von Kain, aber er lässt ihn nicht ganz fallen. Gott setzt ein Zeichen auf Kain, damit ihn keiner erschlage. Selbst Kain wurde nicht endgültig von Gott abgeschrieben, selbst er wird von der unkündbaren Liebe Gottes erreicht. Das Zeichen des erlösenden Kreuzes Christi ist auch für ihn da.

Stellen wir uns vor, wie Adam von Abels Tod erfährt, wie es ihn schmerzt, dass seine beiden Söhne sich bekämpfen. Was für ein Stich muss das im Herzen Adams gewesen sein! Für mich ist das ein Bild des Schmerzes unseres göttlichen Vaters, wenn er sieht, dass unter uns Menschen Zwietracht, Spaltungen, Kämpfe herrschen. Die Beklemmtheit im Herzen Adams – aufgrund der Rivalität zwischen Kain und Abel – betrachte ich als ein Gleichnis des Leidens Gottes, wenn Er die Zweitracht wahrnimmt, die unter uns herrscht.

Aber dafür hat Jesus sein Leben hingegeben, dafür dass unter uns schliesslich Geschwisterlichkeit und Eintracht herrscht. Wir sollten heute Abend die Bitte um Geschwisterlichkeit und Eintracht ins Zentrum unseres Gebetes für unser Bistum stellen: Ein starkes Zeichen für unser Bistum und vor unserem Bistum. Mit der Kraft der Hingabe Christi können wir uns versöhnen, können wir geschwisterlich miteinander umgehen und die Einheit des Bistums nicht nur als Utopie oder Traum betrachten.

Versuchen wir heute Abend, die Eucharistie in diesem Sinn zu feiern, damit das, was Gott im Herzen trägt und wofür er seinen Sohn hingegeben hat, unter uns Wirklichkeit wird.»

Bistum Chur
17. Februar 2021 | 11:21