Joseph Bonnemain antwortet auf Klage

Eingabe zu Canon 212 § 3 des Codex des Kanonischen Rechtes zu Recht und Pflicht der Gläubigen 

Sie haben als Vertreter der Katholikinnen und Katholiken im Bistum Chur verbunden in der Initiative , «Vielstimmig Kirche sein» beim Diözesangericht mit Datum vom 12. Okto ber 2020 ein Rechtsbegehren eingereicht. Sie wehren sich – gestützt auf CIC c.212 § 3 – gegen den Apostolischen Administrator der Diözese, weil dieser Ihnen bis jetzt kein Gesprächsangebot gemacht hat. 

Sie haben sich mit Ihrem Rechtsanspruch an das Diözesangericht gewandt. Dies zeigt eindeutig, dass Sie vorhaben, den prozessualen Weg zu beschreiten. Es handelt sich somit nicht um einen administrativen Rekurs, bei dem das Gericht auf jeden Fall der falsche Adressat wäre. Das Erste, was ein Gerichtsvorsitzender bei der Entgegen nahme eines Antrages tun muss, besteht darin, die Zuständigkeit des Gerichtes – in diesem Fall des Diözesangerichtes – in der Sache abzuklären. 

Die Bestimmungen von CIC cc. 1405 § 3,1° und 1406 § 2 lassen betreffend Zuständigkeit unseres Diözesangerichtes in Ihrem Anliegen keinen Zweifel zu: 

Can. 1405 § 3. Der Römischen Rota ist die Rechtsprechung vorbehalten: 1° über Bischöfe in Streitsachen, unter Wahrung der Vorschrift des can. 1419, § 2; 

Can. 1406 § 1. Wird gegen die Vorschrift des can. 1404 verstoßen, so gelten die Rechtshandlun gen und Entscheidungen als nichtig. § 2. In den Fällen des can. 1405 sind andere Richter absolut unzuständig. 

Ein Apostolischer Administrator ist bekanntlich den Diözesanbischöfen gleich gestellt. Zudem ist der gegenwärtige Apostolische Administrator des Bistums Chur, Msgr. Peter Bürcher, selber Bischof. Wie Sie nun selbst feststellen können, wäre demzufolge jede Rechtshandlung in dieser Angelegenheit meinerseits nichtig und wirkungslos. 

Obwohl es sich hier – wie ausgeführt – nicht um einen bereits begonnenen Rechtsstreit handelt, sondern um die Feststellung meiner Unzuständigkeit, möchte ich Sie gerne auf c. 1446 aufmerksam machen: 

Can. 1446 § 1. Alle Gläubigen, vor allem aber die Bischöfe, sollen eifrig bemüht sein, daß Rechtsstreitigkeiten im Gottesvolk ohne Beeinträchtigung der Gerechtigkeit nach Möglichkeit vermieden und baldmöglichst friedlich beigelegt werden. § 2. Wann immer der Richter irgendeine Aussicht auf Erfolg erkennt, soll er es zu Beginn eines Rechtsstreites und auch zu jedem anderen Zeitpunkt nicht unterlassen, die Streit teile zu ermuntern und ihnen behilflich zu sein, daß sie in gemeinsamer Überlegung für eine der Billigkeit entsprechende Beilegung des Streites sorgen; er soll ihnen dazu ge eignete Wege aufzeigen und sich auch angesehener Personen zur Vermittlung bedie nen. 

Ich hoffe sehr, dass alle Beteiligten diese Norm ernst nehmen und auf einer anderen Basis als jene eines Prozesses den entstandenen Konflikt lösen werden.

Indem ich diese Hoffnung zum Ausdruck bringe,verbleibe ich mit freundlichen Grüssen 

Joseph M. Bonnemain Gerichtsvikar 

Offizial des Bistums Chur
17. Oktober 2020 | 16:23