Innehalten gibt Kraft

Rede von Regierungsrätin Jacqueline Fehr anlässlich von «Kraftstoff» – einem Anlass zur Corona-Pandemie des Interreligiösen Runden Tischs im Kanton Zürich.

Liebe Zürcherinnen, liebe Zürcher

Ein Jahr Pandemie. Diese Krise kam leise, und sie bleibt leise – Das Leiden ist oft still.

Doch die Krise ist mächtig. Sie fordert und verändert uns.

Vor allem die junge Generation. Die Lebensperspektive vieler jungen Menschen ist ins Wanken geraten. Sie stehen vor einer ungewissen Zukunft.

Doch auch wir Älteren haben genug. Genug von der Einsamkeit und Ungewissheit. Genug vom Warten, von diesem Schwebezustand, bis das Leben wieder richtig Fahrt aufnimmt.

Viele von uns haben Verlust erlitten und erleiden ihn nach wie vor. Das Leid hat viele Gesichter. Es zeigt sich uns in Menschen, die ihre Liebsten verloren haben. Es zeigt sich in Erkrankten, die um ihr Leben kämpften, ohne dass ihre Angehörigen ihnen bei-stehen konnten. Es zeigt sich in Patientinnen und Patienten, die noch lange an den Folgen der Krankheit leiden werden.

Die Krise zeigt ein Panoptikum von Schmerzen und Ängsten. Die Wirtin, die um ihre Existenz bangt. Der Pfleger, der erschöpft ist von unzähligen Doppel-Diensten. Betagte Menschen in Heimen, eingesperrt und einsam. Menschen mit psychischen Problemen. Arbeitslose auf schwieriger Jobsuche und Lernende ohne Praxis. Unzählige Men-schen, die trotz Ansteckungsgefahr täglich an der Front für uns arbeiten. Angestellte auf Kurzarbeit, verloren ohne Tagesstruktur.

Liebe Zürcherinnen und Zürcher

Als Vertreterin der Zürcher Regierung und auch der kommunalen Behörden spreche ich allen, die von Leid und Schmerz betroffen sind, mein tiefes Beileid aus.

Und allen, die in dieser schwierigen Zeit gemeinsam Grossartiges geleistet haben und leisten, meinen tiefen Dank.

Den Menschen, die Kranke pflegen. Den Menschen, die Kinder betreuen, unterrichten, lehren und das reibungslose Funktionieren der öffentlichen Dienstleistungen sicherstel-len. Den Menschen, die dafür sorgen, dass wir uneingeschränkt Zugang zu frischen Lebensmitteln haben. Den Menschen, die unseren Abfall entsorgen, die Strassen und Büros reinigen und auf den Baustellen, im Gewerbe und in den Fabriken arbeiten.

Nicht zuletzt auch den Schülerinnen und Schülern und Studierenden, die ihren Weg bis zum Abschluss mit ungebrochenem Willen weitergehen.

Und allen, die sich solidarisch und klaglos an die Vorgaben zur Eindämmung der Pan-demie halten.

Die Krise fordert uns. Aber sie wird uns auch weiterbringen. Denn sie verpflichtet uns zu Antworten: Wie viel vom Vorher brauchen wir, und wollen wir vielleicht auch etwas vom Jetzt mitnehmen?

Der Interreligiöse Runde Tisch hat uns heute eingeladen: Zu einem Moment des Inne-haltens. Dafür danke ich herzlich.

Das Innehalten schafft Trost. Und Trost schafft Kraft. Diese Kraft bringt uns gemein-sam vorwärts – mit Zuversicht und Hoffnung.

Liebe Zürcherinnen und Zürcher: Wir schaffen das. Gemeinsam. Wir werden uns wie-der umarmen und herzen. Wir werden uns wieder sorglos treffen und plaudern. Wir werden uns wieder lebendig fühlen. Und dabei vielleicht ein bisschen demütiger.

Bleiben Sie gesund!

Kanton Zürich
19. April 2021 | 14:27