Hubert Wolf hält die Festrede am Dies Academicus 2018 der Theologischen Hochschule Chur

Ecclesia semper reformanda

Medienmitteilung: Der bekannte Kirchenhistoriker Prof. Hubert Wolf hält die Festrede am Dies Academicus 2018 der Theologischen Hochschule Chur

Die Aula der Theologischen Hochschule Chur war bis zum letzten Platz gefüllt, als Rektor Prof. Christian Cebulj am Mo. 24.10. die Gäste zum Dies Academicus 2018 im Rahmen der Festwoche «50 Jahre Theologische Hochschule Chur» begrüsste. Vorausgegangen war ein Festgottesdienst, in dem Weihbischof Prof. Peter Henrici SJ, Honorarprofessor der THC, die Festpredigt hielt. An diesem Abend wurde auch der Churer Maturapreis für Religion 2018 verliehen.

Studium mit Weitblick

Rektor Cebulj blickte zunächst auf 50 Jahre Hochschulgeschichte zurück und hob die liberale Tradition des Hochschulstandorts Chur hervor. Viele Ehemalige erinnerten sich sehr positiv an ihre prägende Studienzeit in Chur. Das 50-jährige Jubiläum werde gefeiert, um sich öffentlich der eigenen Identität zu vergewissern. Dazu zähle der stolze Blick in die Vergangenheit, der angesichts der kirchenpolitischen Lage etwas verunsicherte Blick in die Gegenwart und ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft.

Zum Jubiläum hat die THC mit Hilfe der Werbeagentur miux AG/Chur ihre Öffentlichkeitsarbeit auf den neuesten Stand gebracht. Neues Logo, neue Webseite (thchur.ch), neu gestalteter Jahresbericht und eine Festschrift «1968-2018: Theologie mit Weitblick» seien sichtbare Zeugnisse dafür. Cebulj wünschte der THC den Mut, weiterhin durch niveauvolle theologische Bildung gegen Fundamentalismus und Ideologisierung anzukämpfen.

Vergessene Optionen der Kirchengeschichte

Festredner Prof. Hubert Wolf, bekannter Kirchenhistoriker von der Universität Münster und Bestsellerautor auflagenstarker Bücher wie «Papst und Teufel (2012), «Die Nonnen von Sant Ambrogio» (4/2013) und «Krypta» (2015), ging in seinem Festvortrag mit dem Titel «Ecclesia semper reformanda» vergessenen Optionen der Kirchengeschichte nach.  Einleitend gab er zu, dass das Fach Kirchengeschichte nicht in dem Ruf stünde, etwas zum Thema Reform und den heißen Eisen in der Gegenwart sagen zu können. Es gelang dem Referenten dann aber sehr leicht, die Kirchengeschichte aus diesem Negativ-Image zu herauszuholen. Unter dem Motto «Ecclesia semper inculturanda» zeigte Wolf, dass sich die Katholische Kirche in ihrer Geschichte immer wieder Inkulturationsprozessen unterworfen hat und bis heute zu Reformen fähig ist. Er betonte, die Kirche sei nie ein monolithischer Block gewesen. Vielmehr hätten immer unterschiedliche Katholizismen miteinander gerungen. An verschiedenen Beispielen wies Wolf nach, wie die Katholische Kirche Reformen durchführte, die im Lauf der Geschichte aber wieder rückgängig gemacht wurden.

Das Volk muss bei der Bischofswahl mitreden können

Im Blick auf heute unterstrich Wolf, Papst Franziskus wolle Reformen und auch der Ortskirche mehr Gewicht geben, da viele Probleme vor Ort gelöst werden könnten. Das sei eine Chance, welche die Ortskirchen aber auch ergreifen müssten. Reformbedürftig erscheine ihm auch das Verfahren zur Besetzung der Bischofsstühle. So habe das Kirchenvolk früher bei der Bischofswahl eine wichtigere Rolle gespielt als heute. Ohne die Akzeptanz des Volkes sollte niemand zum Bischof gewählt werden, denn sonst fühlten sich die Gläubigen übergangen.

Wolf betonte, die derzeit gültigen Verfahren der Besetzung von Bischofsstühlen und die Listen der Kriterien, denen Kandidaten zu entsprechen haben (priesterliche Kleidung, Zustimmung zu Humanae Vitae, gegen Priesterweihe von Frauen, kirchlicher Gehorsam gegenüber dem Papst), könnten keinerlei letztverbindlichen Charakter beanspruchen. Hier biete die Kirchengeschichte zahlreiche Möglichkeiten, den römischen Zentralismus einzuschränken und stattdessen die Ortskirchen aufzuwerten.

Äbtissinnen mit den Kompetenzen eines Bischofs

Was die Stellung der Frau in der Kirche betreffe, sei diese auch schon ganz anders gewesen, so Wolf. Heute werde durch Papst Franziskus wieder mehr über die Weihe von Frauen zu Diakoninnen gesprochen. Dabei werde vergessen, dass es jahrhundertelang Äbtissinnen gab, die die Kompetenzen eines Bischofs hatten. Es sei keineswegs so, dass alles «immer schon so war» und daher nicht veränderbar sei. Auch und gerade die Katholische Kirche sei eine «ecclesia semper reformanda», also ständigem Wandel unterworfen und habe die Aufgabe, die Herausforderungen der Zeit anzunehmen.

Mit seinen prominenten und spannend vorgetragenen Thesen sorgte der Vortrag von Prof. Hubert Wolf am Dies Academicus 2018 für Gesprächsstoff. Ein schönes Geschenk zum 50. Geburtstag der Hochschule!

Hubert Wolf hält die Festrede am Dies Academicus 2018 der Theologischen Hochschule Chur | © zVg | © zVg
Theologische Hochschule Chur
25. Oktober 2018 | 11:03