Matthias Katsch im Film "Meine Täter, die Priester", ARD 15.10.2018 (00:38:43)
Schweiz

Die Fakten zu Missbrauch gehören auf den Tisch, auch nach Jahren

Zürich, 16.10.18 (kath.ch) Ein Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester fühlt sich auch nach Jahren der Aufklärungsarbeit nicht ernstgenommen. Der deutsche Fernsehsender ARD hat Matthias Katsch, Sprecher der Opferinitiative «Eckiger Tisch», auf der Suche nach seinen früheren Peinigern begleitet. Ein TV-Kommentar von Martin Spilker.

«Meine Täter, die Priester.» Der Titel der Sendung über die persönliche Recherche von Matthias Katsch (ARD, 15. Oktober) ist messerscharf. Die Übergriffe, die der frühere Schüler des Berliner Canisius-Kolleg durch Priester erlebt hat, liegen Jahrzehnte zurück. Sie sind aus rechtlicher Sicht längst verjährt. Warum also dieser Film im Jahr 2018?

Seine Wut hat ihn nach Südamerika geführt.

Die Dokumentation von Eva Müller zeigt, wie die jeweiligen Verantwortlichen nach Bekanntwerden von Übergriffen die Priester von einer Station zur anderen versetzten. – Immer wieder, wenn neue Vorwürfe bekannt wurden. Die Missbräuche an katholischen Institutionen wie dem Canisius-Kolleg wurden 2010 öffentlich. Sie lösten einen Sturm der Entrüstung aus. Verantwortliche der Kirche bezogen Stellung, entschuldigten sich. Doch der Missbrauch ging weiter.

Das Fernsehteam begleitete Matthias Katsch nach Chile. Seine Wut führte ihn nach Südamerika. Denn zwei deutsche Priester, die ihn in seiner Jugend missbraucht hatten, leben heute in Chile. Und auch hier finden sich Opfer. Auch sie kommen zu Wort. Auch sie leiden bis heute. Katsch setzt sich dafür ein, dass auch ihre Fälle untersucht werden. Und er wollte das Manko kircheninterner Untersuchungen deutlich machen.

Für die Stimmen der Opfer ist immer noch Zeit.

Doch noch einmal die Frage: Ist das «Stoff» genug, um einen solchen Film jetzt zu machen? Ja. Es ist die Stimme eines Opfers. Kardinal Reinhard Marx, Präsident der deutschen Bischofskonferenz, hat an der Medienkonferenz im September über die Untersuchungen zu den Missbrauchsfällen in seinem Land deutlich festgehalten: «Wir haben den Opfern nicht zugehört.» Dazu ist immer noch Zeit.

Ob in der Form eines Buches wie vom Schweizer Missbrauchsopfer Daniel Pittet oder wie in dieser Dokumentation: Hier kommen Menschen zu Wort, die mit Missbrauchserfahrungen leben müssen. Sie reden für viele, die den Schritt an die Öffentlichkeit nicht wagen. Oder wie es Matthias Katsch im Film sagt: Es tue weh, das alles zu sagen. Aber die Fakten müssten benannt werden. Danach könne man weiterleben.

Matthias Katsch im Film «Meine Täter, die Priester», ARD 15.10.2018 (00:38:43) | Screenshot
16. Oktober 2018 | 12:00
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