Pressekonferenz zu Amoris laetitia
Schweiz

Unterschiedliche Meinungen von Kardinal und Theologen zu Amoris Laetitia

Chur/Brixen/Rom, 2.5.16 (kath.ch) Der Deutsche Kardinal Walter Brandmüller hat sich gegen Fehlinterpretationen des päpstlichen Schreibens zu Ehe und Familie durch reformorientierte Kräfte in der katholischen Kirche gewandt. Es gibt hingegen gute pastorale, theologische und moraltheologische Gründe dafür, den nach Scheidung wiederverheirateten Gläubigen den Zugang zu den Sakramenten der Versöhnung und der Eucharistie nicht kategorisch zu verwehren, betonen die Theologen Eva-Maria Faber und Martin M. Lintner in einem Beitrag für das theologische Feuilleton «feinschwarz.net».

Der im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Amoris Laetitia beschriebene Prozess der «Unterscheidung» impliziere nicht nur eine differenzierte Betrachtung der Schuldfrage, sondern wende sich mit würdigendem Blick auch der in diesen Situationen wirksamen Gnade ebenso wie dem subjektiv an Liebe und Treue Gelebten zu, schreiben die Churer Dogmatikerin Eva-Maria Faber und der Moraltheologe Martin M. Lintner an der katholischen Hochschule in Brixen im Südtirol.

Dies ermögliche es, die entsprechenden Lebensformen nicht mehr schlechthin als Widerspruch zum Ideal der sakramentalen Ehe zu beschreiben. Entscheidend sei schliesslich, dass das Schreiben nicht nur zu dieser umfassenden Unterscheidung aufrufe, sondern daraus ethisch gesehen folgerichtig auch Konsequenzen zulasse.

Brandmmüller spricht von Sackgasse

Die Deutung, dass nun Ausnahmen von der kirchlichen Lehre möglich seien, etwa im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, sei falsch, sagte Kardinal Walter Brandmüller am Montag in einem Interview des CIC in Rom. Kardinal Brandmüller zelebrierte am 15. Mai 2011 erstmals seit der Liturgiereform von 1969/70 ein Pontifikalamt im ausserordentlichen Ritus. Aufgrund seines Alters – Brandmüller war zum Zeitpunkt seiner Kreierung zum Kardinal schon älter als 80 Jahre – war er beim Konklave 2013 nicht wahlberechtigt.

«Was aus Glaubensgründen unmöglich ist, ist es auch im Einzelfall.» In Einzelfällen Ausnahmen zuzulassen, sei eine «Sackgasse», sagte im CIC-Interview Brandmüller. Das gelte nach der Veröffentlichung des Schreibens «Amoris laetitia» ebenso wie vorher. Zugleich verwahrte er sich gegen die Behauptung, ein Kritiker des Schreibens zu sein. Dies sei eine falsche Darstellung in den Medien.

Ein Weckruf

Mit Blick auf die katholische Kirche in Deutschland äusserte Brandmüller die Hoffnung, dass das päpstliche Schreiben «pastoralen Alleingängen, die die Glaubwürdigkeit der Kirche zunichtemachen und Uneinigkeit und Verwirrung stiften», ein Ende bereite. «Amoris laetitia» sollte in Deutschland als «Weckruf» verstanden werden, sagte der Kardinal.

Das Schreiben sollte dazu führen, die «tiefe Lehre der Kirche über Heiligkeit und Schönheit der Ehe authentisch zu vermitteln und den jungen Leuten Hilfen zum Gelingen einer Ehe und zum Aufbau einer Familie an die Hand zu geben».

Eine Fussnote

Die Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen erscheine nur in einer Fussnote, betonte Brandmüller. Demnach könne die Kirche «in gewissen Fällen auch die Hilfe der Sakramente gewähren», so der Kardinal. Abgesehen davon, dass nicht konkret benannt werde, um welche Fälle es sich handle, sei fraglich, ob «eine Fussnote von circa drei Zeilen ausreicht, um die gesamten Lehraussagen von Päpsten und Konzilien zu diesem Thema umzustürzen».

Auch diese Anmerkung müsse «in Übereinstimmung mit der beständigen Lehre der Kirche interpretiert werden», sagte der frühere Chefhistoriker des Vatikan. «Die Kirche kann sich nicht selbst widersprechen.» (gs/cic)

Pressekonferenz zu Amoris laetitia | © 2016 screenshot radio vatican
2. Mai 2016 | 17:21
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