Priesterweihe der traditionalistischen Piusbruderschaft in Ecône VS.
Vatikan

Bischof sieht «Annäherung» zwischen Rom und Piusbrüdern

Rom/Ecône/Bonn, 27.7.16 (kath.ch) Der Vatikan ist den Piusbrüdern offenbar deutlich entgegenkommen. Kurienerzbischof Guido Pozzo sprach er von einer Annäherung zwischen Rom und der traditionalistischen Piusbruderschaft, die ihren Sitz in Ecône im Wallis hat. Denkbar sei eine von den Bischofskonferenzen weitgehend unabhängige Personalorganisation wie das «Opus Dei». 

In einem Beitrag der «Zeit»-Beilage «Christ und Welt» bekräftigte Pozzo seine Auffassung, bei den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils sei von einer «abgestuften Verbindlichkeit» auszugehen. Nach den Worten des Erzbischofs setzt der Vatikan neben der Klärung von Fragen der Kirchenlehre verstärkt auf Vertrauensbildung: «Man weiss, dass das Leben mehr ist als Doktrin.» Pozzo ist vatikanischer Sekretär der für die Piusbrüder zuständigen Kommission «Ecclesia Dei».

Differenzen bei «Orientierungshilfen» des Konzils

Dabei habe es zuletzt grosse Fortschritte gegeben, sagte er. Im Auftrag des Vatikan hätten ein Kardinal und vier Bischöfe die Seminare und Häuser der Priesterbruderschaft besucht. «So etwas gab es vorher nicht, aber das hat bei der Annäherung geholfen.» Pozzo betonte, die Piusbruderschaft bekenne sich zu den zentralen Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Dazu gehörten beispielsweise die Lehre über die Sakramentalität des Bischofsamtes sowie «die Lehre über den Primat des Papstes und des Bischofskollegiums zusammen mit seinem Haupt».

Die Aussagen des Konzils über den interreligiösen Dialog, die Ökumene und die Religionsfreiheit haben nach den Worten des Erzbischofs dagegen einen geringeren Grad an Verbindlichkeit. «Dabei handelt es sich nicht um Glaubenslehren oder definitive Aussagen, sondern um Anweisungen oder Orientierungshilfen für die pastorale Praxis», so Pozzo. Die Piusbruderschaft tue sich mit diesen Aussagen schwer; über sie könne man aber auch nach einer kanonischen Anerkennung der Bruderschaft weiter diskutieren.

Das «Opus Dei» als Vorbild?

Pozzo bestätigte, dass ihr die Einrichtung einer sogenannten Personalprälatur nach dem Vorbild des «Opus Dei» in Aussicht gestellt worden sei. Der Generalobere der Piusbruderschaft, Bernard Fellay, habe diesen Vorschlag akzeptiert, «auch wenn in den kommenden Monaten noch Details zu klären sind».

Die Kommission «Ecclesia Dei» ist in der Glaubenskongregation angesiedelt. Deren Leiter Kardinal Gerhard Ludwig Müller hatte jüngst erklärt, er erwarte von den Piusbrüdern eine vorbehaltlose Anerkennung von Glaubensfreiheit als Menschenrecht und eine Verpflichtung zur Ökumene. Im Juni sagte er der «Herder Korrespondenz», er erwarte auch eine Anerkennung der betreffenden Konzilserklärungen.

Dialog trotz einseitiger Vorwürfe

Zwischen der katholischen Kirche und den Traditionalisten bestehen seit Jahrzehnten Spannungen. Die 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründete Priesterbruderschaft lehnt wichtige Bestandteile der Konzilsbeschlüsse ab. Nach unerlaubten Bischofsweihen exkommunizierte Rom Lefebvre und die von ihm geweihten vier Bischöfe 1988. Unter Papst Benedikt XVI. kam es zu Annäherungsversuchen. Papst Franziskus kündigte an, den Dialog fortsetzen zu wollen.

Ungeachtet dessen nehmen die Piusbrüder immer wieder Priesterweihen vor, die kirchenrechtlich unerlaubt sind. Vor wenigen Wochen warf Fellay Papst Franziskus vor, Verwirrung und Irrtümern in der Lehre Vorschub zu leisten. (kna)

Priesterweihe der traditionalistischen Piusbruderschaft in Ecône VS. | © Jacques Berset
27. Juli 2016 | 14:49
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