Links neben der Jesuitenkirche in Luzern steht das Theater. Es soll einem Neubau weichen, der nahe an die Kirche heranreichen könnte.
Schweiz

Bischöfe und kirchliche Körperschaften wollen mehr zusammenarbeiten

Freiburg/Zürich, 1.8.15 (kath.ch) In der Schweiz erfolgt die Finanzierung der Aufgaben in den Pfarreien, Bistümern und auf nationaler Ebene zum grössten Teil über die Kirchensteuern. Wenn Kirchenleitung und Körperschaften nicht gleicher Meinung über die Schwerpunkte der Seelsorge sind, kann dieses «duale System» zu erheblichen Konflikten führen, wie Differenzen im sogenannten «Fall Haas» zwischen dem Bistum Chur und kantonalkirchlichen Behörden gezeigt haben. Eine neue Vereinbarung soll nun Klarheit schaffen.

Martin Spilker

«Eine der Kernaufgaben und zugleich einer der wichtigsten Bereiche der Zusammenarbeit der RKZ mit der Bischofskonferenz ist die Finanzierung pastoraler Aufgaben.» In diesem Satz aus der Medienmitteilung zur letzten Plenarversammlung der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) im Juni steckt mehr, als er vermuten liesse. Denn im Unterschied zur Organisation in anderen europäischen Ländern kennt die katholische Kirche in der Schweiz eine sogenannt duale Struktur. Oberstes Führungsgremium ist die Schweizer Bischofskonferenz (SBK).

Anspruchsvolle Zusammenarbeit

Die meisten Aufwendungen für Seelsorge, Infrastruktur und Administration in der katholischen Kirche werden durch die staatskirchenrechtlichen Institutionen, das heisst die Kirchgemeinden und kantonalkirchlichen Organisationen (vielerorts «Landeskirchen» genannt) finanziert. Die Zusammenarbeit zwischen Seelsorge und staatskirchenrechtlichen Organen ist nicht immer leicht – und auch nicht leicht verständlich. Je nach Kanton sind auch die Strukturen und Begrifflichkeiten verschieden. Pastorale Aufgaben auf kantonaler Ebene – beispielsweise die Spitalseelsorge – werden aus den Beiträgen der Kirchgemeinden an die kantonalkirchlichen Organisationen finanziert und von Fachstellen oder Spezialseelsorgenden wahrgenommen, die von den pastoral Zuständigen beauftragt und von den staatskirchenrechlichen Organen angestellt und entlöhnt werden.

Für die überkantonalen, sprachregionalen oder nationalen seelsorgerlichen Aufgaben erfolgt die Finanzierung durch die RKZ. Diese setzt aktuell rund 10 Millionen Franken für pastorale Aufgaben der Kirche auf gesamtschweizerischer und sprachregionaler Ebene ein, wie in der erwähnten Medienmitteilung festgehalten wird. Diese Mittel werden als Betriebsbeiträge oder im Rahmen von Leistungsvereinbarungen an kirchliche Institutionen ausbezahlt, die zum Beispiel Medienarbeit leisten, berufsbezogene kirchliche Bildungsangebote machen oder als Dachverbände die Kinder- und Jugendseelsorge prägen und koordinieren.

Neben der RKZ gibt es andere Institutionen auf nationaler Ebene, die das Bild und das Wirken der Kirche mitprägen und dafür eigene Mittel aufbringen, namentlich die Hilfswerke wie Caritas Schweiz, Fastenopfer oder die Inländische Mission.

Gemeinsam an Strategie arbeiten

Für die seitens der RKZ für überregionale Aufgaben bereitgestellten Gelder wurde im Juni sowohl von der Bischofskonferenz als auch von der RKZ ein Mitfinanzierungsvertrag gutgeheissen, der jenen zwischen SBK, RKZ und dem katholischen Hilfswerk Fastenopfer aus dem Jahr 1983 ablöst. Er enthält allerdings die Bestimmung, dass er erst in Kraft tritt, wenn zwischen Bischöfen und der RKZ auch eine Vereinbarung über Grundsätze zur Zusammenarbeit unterzeichnet ist.

Eine solche Vereinbarung hat es bislang nicht gegeben. Mit Blick auf anstehende Aufgaben in der katholischen Kirche sei es aber sinnvoll, dass nebst den Finanzen auch Fragen der Strategie gemeinsam diskutiert würden, erklärte Walter Müller, Sprecher der Bischofskonferenz im Auftrag von SBK-Generalsekretär Erwin Tanner auf Anfrage. Die gelte vor allem für Fragen, die über das Tagesgeschäft hinausgehen, so Walter Müller.

Beim Geld geht es immer auch um Inhalte

Auch für RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch ist es wichtig, dass die Bischofskonferenz und die staatskirchenrechtlichen Gremien mehr zusammenarbeiten. Denn, so Kosch gegenüber kath.ch: «Bei jedem finanziellen Entscheid geht es letztlich auch um Inhalte des pastoralen Handelns.» Für den RKZ-Generalsekretär ist die geplante Vereinbarung deshalb ein wichtiger Schritt, um für künftige Herausforderungen gewappnet zu sein. Hauptanliegen der RKZ ist dabei, dass die Bischofskonferenz und die in der RKZ zusammengeschlossenen kantonalkirchlichen Organisationen gemeinsame Positionen entwickeln und kommunizieren, wenn es um die Stellung der Kirche in der Gesellschaft, das Verhältnis zum Staat und die eng damit verknüpften Fragen der Kirchenfinanzierung geht.

Im Verlauf dieses Jahres soll die Vereinbarung in gemeinsamer Arbeit von Delegationen der SBK und RKZ erarbeitet werden. Walter Müller fasst die Ausgangslage aus Sicht der Bischofskonferenz so zusammen: «Es ist angebracht, dass die Finanzgeber in die Entscheidungs- und Strategiefindungsprozesse der SBK auf geeignete Weise eingebunden sind. Umgekehrt ist es wichtig, dass die Bischöfe über die wichtigen  Entwicklungen auf Seiten der RKZ und ihrer Mitglieder aus erster Hand erfahren.» (ms)


 Stichworte SBK und RKZ

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) ist ein Koordinationsorgan der römisch-katholischen Bistümer in der Schweiz. Ihr gehören die Bischöfe der sechs Bistümer Basel; Chur; Lausanne, Genf und Freiburg; Lugano; St. Gallen und Sitten sowie deren Weihbischöfe an. Zudem sind die Äbte der sogenannten Territorialabteien Einsiedeln und Saint Maurice Mitglieder der Bischofskonferenz. Das Präsidium der Bischofskonferenz ist eine formale Aufgabe, welche die Leitung der Sitzungen und die Vertretung gegen aussen beinhaltet. Im Unterschied zu Diözesen in andern Ländern sind die Schweizer Bistümer nicht unter einem Erzbistum zusammengefasst.

Die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) ist der Zusammenschluss der kantonalkirchlichen Organisationen. Sie kümmert sich um die Finanzierung gesamtschweizerischer kirchlicher Aufgaben, zum Beispiel die Medienarbeit und Fachstellen, Jugend- und Erwachsenenverbände auf sprachregionaler Ebene, die gesamtschweizerischen Aufgaben im Bereich der Migrantenseelsorge. Zu den zentralen Aufgaben der RKZ gehört auch die Finanzierung des Generalsekretariates der Schweizer Bischofskonferenz mit einem Beitrag von rund zwei Millionen Franken jährlich. Die Plenarversammlung der RKZ tagt drei Mal pro Jahr. (ms)

Links neben der Jesuitenkirche in Luzern steht das Theater. Es soll einem Neubau weichen, der nahe an die Kirche heranreichen könnte. | © Barbara Ludwig
1. August 2015 | 09:05
Lesezeit: ca. 3 Min.
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«Vademecum»

Die Schweizer Bischofskonferenz hat 2013 ein «Vademecum», einen Leitfaden für die Zusammenarbeit der katholischen Kirche und der staatskirchenrechtlichen Körperschaften veröffentlicht. Dieses von einer Fachkommission der SBK unter Einbezug von Vertretern des Vatikans erarbeitete Dokument hält fest, dass es aus theologischem Gründen in der Kirche nicht zwei parallele Leitungsstrukturen geben kann. Die Leitung der Kirche liege bei den Bischöfen und den von ihnen beauftragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die staatskirchenrechtlichen Körperschaften werden als unterstützende Organe anerkannt. Die einzelnen Bistümer sind gemäss dem Vademecum angehalten, mit den staatskirchenrechtlichen Körperschaften der Bistumskantone Vereinbarungen abzuschliessen. (ms)