Willi Anderau, Kapuziner
Schweiz

Willi Anderau zum Hirtenbrief der Bischöfe: Sand in knirschendes Getriebe

Zürich, 4.11.15 (kath.ch) Die Schweizer Bischöfe halten am Predigtverbot für Laien fest. Die Homilie soll dem Priester vorbehalten bleiben, wie aus dem neusten Hirtenbrief der Bischöfe vom 2. November hervorgeht. In dem Dokument würden pragmatisch gewachsene Formen der Zusammenarbeit zwischen geweihten Priestern und Laien-Seelsorgern «mies gemacht», kritisiert Willi Anderau. Der Kapuziner, der selber auch Priester ist, nimmt als Seelsorger in einem Gastkommentar Stellung zu dem «seltsam unzeitgemässen» Hirtenschreiben.

Das Verhältnis zwischen Priestern und nicht geweihten Seelsorgerinnen und Seelsorgern in der katholischen Kirche der Schweiz gehört sicher nicht zu den grössten aktuellen Problemen der Schweizer Kirche und schon gar nicht unserer Gesellschaft; wenigstens nicht aus der Sicht der Gläubigen und Seelsorger. Dennoch haben die Schweizer Bischöfe sich vorgenommen, in ihrem Hirtenschreiben vom 2. September 2015 hier Ordnung zu schaffen. Wie sie in ihrem Begleitbrief vom 30. Oktober anmerken, hat der Hirtenbrief zum Ziel, «pastorales Handeln zu fördern, das erfüllt ist von der Freude am Glauben und der Einheit in wechselseitiger Liebe». An diesem Ziel wäre der Hirtenbrief also zu messen.

Diagnose richtig

Man fühlt sich erst einmal verstanden in der Diagnose des kirchlichen Lebens, wo auf die abnehmende Zahl der Seelsorger und Seelsorgerinnen hingewiesen wird und dass deshalb die traditionellen Seelsorgestrukturen an vielen Orten nicht mehr den Anforderungen der Zeit entsprechen. Erfreut nimmt man zur Kenntnis, dass die Bistümer sich deshalb diesen Herausforderungen stellen und ihre Seelsorgestrukturen anpassen wollen. Es folgt dann eine ausführliche Würdigung der grundlegenden Bedeutung der Eucharistiefeier im Leben der Kirche.

Und genau hier beginnt das Getriebe zu knirschen. Es wird darauf hingewiesen, dass vor fünfzig Jahren in der Seelsorge fast ausschliesslich Priester tätig waren, heute seien es vermehrt Laienseelsorger und Seelsorgerinnen. Hinter diesen Zeilen interpretiert man: Die Feier der vorher so hochgelobten Eucharistie kann nicht mehr in ausreichendem Masse gewährleistet werden.

Therapieziel verfehlt

Wer nun erwartet, dass der Hirtenbrief Wege aufzeigen würde, wie die Eucharistie auch von Menschen gefeiert und geleitet werden könnte, welche andere Qualifikationen mitbringen als die traditionell geforderten, sieht sich enttäuscht. Im Gegenteil, zusätzlich werden noch pragmatisch gewachsene Formen der Zusammenarbeit zwischen geweihten Priestern und Laien-Seelsorgern mies gemacht. Die angesagte Therapie, welche «das pastorale Handeln fördern soll, das erfüllt ist von der Freude am Glauben» läuft schlicht gesagt auf ein Predigtverbot hinaus für Pastoralassistentinnen und Assistenten innerhalb der Eucharistiefeiern. Und nicht genug. Man spiegelt gar noch vor, damit eine erneute «Klerikerkirche» zu vermeiden, indem man eine harte Grenze zieht zwischen geweihten und nicht geweihten Christen und Christinnen.

Zugegeben, es läuft nicht immer alles rund, es knirscht manchmal im Getriebe. Aber was sich bisher einigermassen eingespielt hat, kann und muss optimiert werden, wenn man schon das Übel des mangelnden Priesternachwuchses nicht an der Wurzel anpacken will. Wie ein Räderwerk bedarf jedes menschliche Zusammenspiel der Pflege. Hier wurde mit Sand gepflegt.

Ein Blick hinter die Kulissen

Dieses seltsam unzeitgemässe Hirtenschreiben ist offenbar die Ausführung eines Auftrages von höherer Stelle nach dem Ad-Limina-Besuch der Schweizer Bischöfe in Rom im Dezember 2014. Die Frage stellt sich, wer war der Auftraggeber und wer hat diesen Auftraggeber angestiftet? Zu denken gibt dem aufmerksamen Leser jedenfalls die Tatsache, dass gleichzeitig mit der Veröffentlichung dieses Hirtenschreibens, die Bistümer Basel und St. Gallen sich von den angestrebten Massnahmen distanzieren. (wa)

Kommentar von Charles Martig: Schweizer Bischöfe auf holprigem Weg

Schweizer Bischöfe bekräftigen Predigt-Verbot für Laien

Erläuterungen zum Hirtenbrief aus der Kommunikationsstelle der Bischöfe

Willi Anderau, Kapuziner | © Andrea Krogmann
4. November 2015 | 11:07
Lesezeit: ca. 2 Min.
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