Vitus Huonder bei der Predigt in der Kirchgemeinde Sancta Maria in Wil SG
Schweiz

Bischof Huonder: Alte Messe ist «ein Glaubensgut, das kein Papst und kein Bischof den Gläubigen wegnehmen darf»

Vitus Huonder hat in einer Predigt das Festhalten am vorkonziliaren Messritus verteidigt und die durch Papst Franziskus verfügte Einschränkung kritisiert. Der frühere Bischof von Chur spricht von einem «unglaublichen Autoritätsmissbrauch».

Barbara Ludwig

Die Predigt hielt der frühere Bischof von Chur in der Kirchgemeinde Sancta Maria in Wil SG, die zur schismatischen Piusbruderschaft gehört. Darin thematisierte Vitus Huonder die Frage, wann Gläubige dem Papst und den Bischöfen gegenüber Gehorsam schuldeten. Dabei unterschied er zwischen absolutem und relativem Gehorsam. Absoluter Gehorsam sei man nur Gott schuldig. Huonder betonte, die Gläubigen schuldeten dem Papst und den Bischöfen nur Gehorsam, insofern ihre Weisungen und Entscheidungen dem überkommenen Glauben nicht widersprechen.

Alte Messe ist Teil des Glaubensgutes

Für Huonder ist klar, dass der vorkonziliare Messritus Teil dieses überkommenen Glaubens ist. «Wir haben in der Offenbarung Gottes und der daraus erwachsenen Tradition ein sicheres Fundament für den Glaubensgehorsam», so der Bischof in dem Gottesdienst, der am 15. Mai stattfand und per Livestream übertragen wurde. Beim vorkonziliaren Messritus und der dazugehörigen Glaubenspraxis handle es sich um «ein Glaubensgut, das kein Papst und kein Bischof den Gläubigen wegnehmen darf», ist Huonder überzeugt.

«Die Gläubigen haben ein Recht, diesem überlieferten sicheren Glaubensgut anzuhängen.»

«Die Gläubigen haben ein Recht, diesem überlieferten sicheren Glaubensgut anzuhangen (anzuhängen, d. Red.).» Man könne von ihnen nicht verlangen, auf diesen Glauben und diese Glaubenspraxis zu verzichten. Papst und Bischöfe seien verpflichtet, den Gläubigen das zu geben, was ihnen diese Glaubenspraxis ermögliche. Wenn sie dieser Pflicht als «Hüter des Glaubens» nicht nachkämen, «sündigen sie schwer gegen Gottes Autorität», folgerte Huonder und kritisierte anschliessend Rom: «Das gegenwärtige Vorgehen der römischen Instanzen ist daher ein unglaublicher Autoritätsmissbrauch.»

Der Bischof nahm in seiner Predigt explizit Bezug auf den päpstlichen Erlass «Traditionis custodes». Mit dem Motu Propriu hatte der Papst im vergangenen Jahr die Feier des alten Messritus eingeschränkt. Diese Einschränkung entspricht aus Sicht von Huonder einem Verbot. Und die Absicht der päpstlichen Anordnung sei «fraglos die gänzliche Unterdrückung der Liturgie der Tradition».

Gehorsam nicht geschuldet

Huonder versicherte den Besucherinnen und Besuchern des Gottesdienstes in Wil unter Berufung auf Franz von Assisi, dass von ihnen in dieser Situation kein Gehorsam gegenüber Papst und Bischöfen gefordert sei. «Wenn aber der Vorgesetzte dem Untergebenen etwas gegen dessen Seele befehlen würde, so darf dieser ihm zwar nicht gehorchen, soll ihn aber nicht verlassen», zitierte der Bischof den Heiligen.

Aus Sicht von Huonder verstösst «gegen unsere Seele, wer uns vom überlieferten Glauben abbringen möchte». Im Zusammenhang mit den Weisungen zum vorkonziliaren Messritus sind dies demnach der Papst und die Bischöfe – sofern sie das Motu Propriu umsetzen.


Vitus Huonder bei der Predigt in der Kirchgemeinde Sancta Maria in Wil SG | © youtube
29. Juni 2022 | 17:34
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