Insektenparadies im ehemaligen Klostergarten

Schönthal BL, 12.9.16 (kath.ch) Am Tag des Offenen Denkmals (11. September) stand der Garten des ehemaligen Klosters Schönthal im Zentrum. Von einem Paradies für Insekten und einem Kunstpark mit Kühen berichtet die Reportage von kath.ch.

Boris Burkhardt

Es ist ein Kloster und doch kein Kloster. 1525 erhoben sich die Bauern im Schönthal BL zwischen dem Bölchen und dem Dorf Langenbruck im Oberbaselbiet und vertrieben die Herren, denen sie zinspflichtig waren. Die romanische Klosterkirche wurde danach als Ziegelbrennerei verwendet und dient heute als Kunstgalerie. Wenn aber das Klosterleben jemals etwas mit dem Respekt vor der Schöpfung und dem Einklang mit der Natur zu tun hatte, dann ist das Kloster Schönthal, heute ein Demeter-Landwirtschaftsbetrieb mit Skulpturengarten, noch heute ein Kloster. Am Tag des Offenen Denkmals stand der Klostergarten im Mittelpunkt.

Der kleine Klostergarten ist als solcher noch zu erkennen: vier Wege, die sich in der Mitte bei einem schmucklosen Brunnen treffen. Weiter betonen wollten Astrid und Michael Zemp diesen Charakter aber nicht: «Wir wollten keine Buchshecken hochziehen.» Das Ehepaar aus Basel, er studierter Botaniker, sie ehemalige Krankenpflegerin und begeisterte Hobbygärtnerin, pflegt den Garten seit zwölf Jahren mit dem Mandat der Klosterstiftung. Weil sie sich für eine «gewachsene Mischung von Zier- und Naturgarten» entschieden haben, «darf auch dosiert bleiben und zur Buntheit beitragen, was sonst im Garten als Unkraut verpönt ist», wie sie am Tag des Offenen Denkmals am Sonntag den knapp 30 Gästen erklärten.

«Keine Ingenieurskonstrukte»

«Die Dynamik des Werdens und Vergehens im Lauf der Jahreszeiten» ist der Grundgedanke für den Garten: Jetzt ist die Zeit der Sonnenblumen und Herbstastern. «Pflanzen sind keine Ingenieurskonstrukte», sagt Michael Zemp: «Zum Leben gehört auch, dass sie wieder eingehen.» Überraschung auch für den Gärtner ist Teil des Konzepts.

«Es hat sich mit der Zeit herausgestellt, dass im Frühling vor allem der vordere Teil des Gartens blüht und im Herbst der hintere», sagt Astrid Zemp, die während der Vegetationsperiode zwei bis dreimal in der Woche von Basel hier herauffährt. Sie pflanze auch gerne mehrjährige Pflanzen und warte dann ab: «Im Frühling braucht es viel Vertrauen, ob alles kommt», sagt sie.

Farben im Wandel der Jahreszeiten

Das Werden und Vergehen im Jahreslauf ist in diesem Klostergarten vor allem eine Sache der Farben. «Farbe bedeutet für uns Harmonie», sagt Michael Zemp. Im Frühling dominierten ein helles Gelb und Blau, während die Farben im Spätsommer und Herbst voller würden: dunkelgelb, violett, dunkelrot, orangetöne. «Wir steuern die Farben nicht nach Plan; wir machen das eher nach Intuition», erklärt der Botaniker. So wundere er sich auch nicht, wenn heimische Pflanzen «ganz von alleine» kämen: der Blutwüterich vom Ufer des Schönthalbachs zum Beispiel.

Aber auch im Klostergarten kann nicht alles dem Zufall überlassen werden. «Wie würde es hier wohl aussehen, wenn wir gar nichts im Garten machten?», sinniert Michael Zemp gemeinsam mit den Besuchern, von denen einige selbst fleissige Hobbygärtner sind. Giessen, zurückschneiden, die eine oder andere Pflanze mit einem Bambusstecken stützen – eine dezente Steuerung ist schon nötig. Im Winter werden nicht alle Pflanzen abgeräumt: Was kräftig ist, wird stehen gelassen. «Wir bringen Kontinuität in den Garten», nennt Zemp das.

Paradies für Insekten

Eine solche Blütenpracht ist natürlich auch ein Paradies für Insekten. Den Weissen Waldportier entdeckte Astrid Zemp vergangenes Jahr zum ersten Mal. Der Schmetterling ist aus dem westlichen Jura eingewandert. «Ich folgte ihm eine halbe Stunde durch den Garten, bis ich merkte, dass es Zeit fürs Mittagessen war», erzählt sie den Besuchern lachend. Eine Imkerei gibt es im Kloster nicht. Aber Michael Zemp versichert, dass die Bienen kilometerweit fliegen und den Garten oft besuchen.

Biologische Landwirtschaft mit Skulpturenpark

John Schmid kaufte das Kloster Schönthal 1987. «Eigentlich war ich nur auf der Suche nach einem kleinen Bauernhof», erzählt der Besitzer einer Werbeagentur, in deren Auftritt er heute auch das Klosteranwesen einbezieht. Als er jedoch auf seiner Suche von dem Klostergut erfahren habe, das schon lange in Privatbesitz, aber ziemlich heruntergekommen gewesen sei, habe er gewusst: «Das muss ich haben.»

Mit einer eigenen gemeinnützigen Stiftung, der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, Pro Natura, Birdlife und dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau renovierte er die Gebäude, richtete in der alten Klosterkirche die Galerie, den Seminarraum Christophorus und eine Wohnung ein. Der zugehörige Bauernhof wirtschaftet seit kurzem nach Demeter-Kriterien: Damit wollen Schmid und seine Partner «den Landschaftsraum gestalten und Artenvielfalt ermöglichen».

Kunstpark mit Kühen

Bekannt ist das Kloster Schönthal aber vor allem für den Skulpturenpark, den Schmid im Jahr 2000 initiierte. 32 Bildende Künstler aus der Schweiz, Deutschland, Grossbritannien und Israel haben seither Skulpturen in und mit der Landschaft geschaffen, die aktuellste 2013: menschliche Bronzefiguren und grosse Ringe aus Stahl, aber auch Holztreppen, Baumstämme und Monolithen, die nicht auf den ersten Blick als menschliche Kreationen erkennbar sind. «Ich lege grossen Wert auf ortsspezifische Arbeiten», sagt Schmid: «Die Künstler entwerfen die Skulpturen für die Landschaft.»

Beeinflusst ist der Skulpturenpark von ähnlichen Anlagen in England. In der Schweiz sei das Verständnis für Skulpturen sehr eng: «Das reduziert sich meist auf eine ‹Kunst am Bau›, wo eine Versicherung oder eine Bank noch ein paar Überbleibsel vom Baubudget spendet.» Der Skulpturenpark des Klosters Schönthal ist nur einer von zwei permanenten in der Schweiz. 100 Hektare umfasst er; das Gebiet ist Weideland geblieben: «Es ist beständige Kunst. Sie muss der Landschaft etwas entgegensetzen», sagt Schmid: «Die Kühe reiben sich sogar daran.» Schmid hat sich mit seinem Kloster einen Ort stillen Kulturgenusses geschaffen. Massenveranstaltungen und Kunsttourismus will er vermeiden: «Das verträgt die Landschaft nicht.»

 

 

Im Klostergarten | © Boris Burkhardt
12. September 2016 | 11:45
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!