Thomas Wallimann-Sasaki
Schweiz

«Justitia et Pax»-Forum: Kirche soll sich zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen äussern

Luzern, 2.11.15 (kath.ch) Seit ihrer Gründung setzt sich die bischöfliche Kommission «Justitia et Pax» dafür ein, Gerechtigkeit und Frieden voranzutreiben. Als sie 2012 von der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) massiv verkleinert wurde, hat das grosse Narben hinterlassen. Mit dem Forum «Zur Stärkung der sozial-ethischen und prophetischen Stimme der Kirchen» am Samstag, 31. Oktober, haben engagierte Kreise um die «Theologische Bewegung für Solidarität und Befreiung» dazu aufgerufen, dass das Ur-Anliegen Jesu – eine gerechte Welt für alle – kein Randdasein in der Kirche fristen sollte.

Sandro Bucher

Unter der Führung von Fachpersonen haben sich 50 Teilnehmende am «Justitia et Pax»-Forum im Romero-Haus Luzern zusammengesetzt, um die ökumenischen Prozesse für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung voranzutreiben.

«Die Stimmen in unserem Land sind zersplittert», hält Urs Häner von der Kommission zu Beginn der Tagung fest. «Durch Anlässe wie diese können wir die kirchlichen Kräfte in unserem Land bündeln und uns in der Gesellschaft breiter abstützen.» Gestärkt sieht sich die Kommission vom Revolutionsgeist von Papst Franziskus: «Die Systemspitze der Kirche befindet sich im Aufbruch, was sozial-ethische und prophetische Fragen betrifft. Zwar hat dieser Wind die Schweizer Bischofskonferenz noch nicht erreicht, doch Franziskus stärkt in uns die gemeinsame Hoffnung, die seit Johannes XXIII. nicht mehr so präsent war.»

«Mehr Druck auf Staat, Wirtschaft und Kirche aufbauen»

An sieben thematischen Tischen zu den Schwerpunkten «Kirche und Migration», «Friedensförderung», «Wirtschaftsgerechtigkeit», «sozial-ethische Netzwerke», «Kirchen und Umwelt», «Sozialethik an Universitäten und in Institutionen» sowie zur «Kommission Justitia et Pax» selbst wurde dazu eingeladen, Unbehagen und Wunschvorstellungen zu teilen, um gemeinsame Wege des Handelns und Lösungen voranzutreiben.

Zusammengefasst wurden die erarbeiteten Resultate in Form von Kurzbotschaften: «Subsidiär und eigenverantwortlich, solidarisch und gemeinwohl-verantwortlich handeln!», «Mehr Druck auf Staat, Wirtschaft und Kirche aufbauen, um den bestehenden Mechanismen zum Schutz von Gerechtigkeit mehr Biss zu verleihen!» oder «Es liegt in unserer Verantwortung, die Lebensgrundlagen zu erhalten und zur Zukunft eines vielfältigen Lebens beizutragen!» sind einige der Botschaften, die dazu aufrufen sollen, sich im Grossen und Kleinen zu engagieren.

Offizielle Kirche soll sich zu gesellschaftspolitischen Fragen äussern

Nach dem Entscheid der SBK vor drei Jahren, das «Justitia et Pax»-Sekretariat drastisch zu verkleinern, lancierte eine Arbeitsgruppe der Theologischen Bewegung das Memorandum «Zur Stärkung und Erneuerung von Justitia et Pax», das von 25 kirchlichen Organisationen mitgetragen wird.

«Justitia et Pax»-Interimspräsident Thomas Wallimann-Sasaki zeigte sich dankbar: «Wir haben Unterstützung aus verschiedensten Kreisen, die verlangen, dass sich die offizielle Kirche zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen äussert. Dies ist wichtig, auch wenn die Kirche nicht nur aus Papst und Bischöfen besteht. Es braucht Frauen und Männer, die den Glauben leben und wachsam sind, dass die Kirche gesellschaftlich Einfluss nimmt.»

Beitrag zur Bündelung der Kräfte

Auf die Frage, wie man konstruktiv auf den kirchlichen Schrumpfungsprozess reagieren kann, statt nur den eigenen Besitzstand zu wahren, antwortete Wallimann-Sasaki: «Zukunft und Gestaltung unseres Zusammenlebens sind von ethischen Grundlagen abhängig. Dort leistet die Kirche einen wichtigen Beitrag. Diesen Wert-Reichtum dürfen und sollen wir einbringen. Die intensivere Nutzung der sozialen Medien ist einer dieser neuen Wege. Im Austausch und Kontakt mit den Menschen hören wir die Fragen, lassen uns herausfordern und können zu neuen Perspektiven und Gestaltungsspielräumen für ein gutes Leben für alle beitragen.»

Durch den breiten Themenfächer kam es am Forum von «Justitia Pax» zu visionären und fundierten Ansätzen. Präzisiert werden sollen die Ergebnisse an konkreten Anlässen, etwa an der Tagung zur Migrationscharta am 23. Januar 2016 in Bern.

Die «Theologische Bewegung für Solidarität und Befreiung» will nach eigenen Angaben die «Bereitschaft fördern, die Anliegen von Menschen, welche durch ökonomische Ausbeutung, Rassismus, Sexismus oder kulturelle Entfremdung ausgegrenzt werden, zum Kriterium eigenen Handelns zu machen». Entstanden ist die Bewegung 1982. (sb)

Thomas Wallimann-Sasaki | © 2015 Sandro Bucher
2. November 2015 | 10:50
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