«Geht es um Migration, so ist die Debatte sofort emotional»

Freiburg, 20.7.18 (kath.ch) Mitte Juli haben sich die Verantwortlichen für Migrationspastoral der europäischen Bischofskonferenzen in Stockholm getroffen. Patrick Renz, Nationaldirektor von «Migratio», hat aus dem Land, in dem die Katholiken eine kleine Minderheit sind, Anregungen für die Schweiz mitgenommen.

Martin Spilker

Im Zentrum des dreitägigen Treffens in der schwedischen Hauptstadt stand die Kommunikation über Migrationsfragen. «Wie bekämpfen wir die zahlreichen ‹Fake News›, die in den virtuellen Gemeinschaften verbreitet werden und die Realität verändern?», lautete eines der diskutierten Themen.

Bewusste Manipulation

Dabei wurde auf eine «bewusste Manipulation des Migrationsphänomens» hingewiesen, das «oft Missverständnisse, wenn nicht gar feindselige Haltungen in den Aufnahmegesellschaften» hervorrufe, wie es in einer Mitteilung zum Abschluss der Konferenz heisst. Das führe unter anderem dazu, dass im politischen Alltag Regierungen dazu aufgefordert würden, sich zuerst um die eigene Bevölkerung statt um Migranten zu kümmern.

Dem wollen die europäischen Delegierten mit gemeinsamen Kommunikationsmassnahmen bewusst etwas entgegenhalten. «Geht es um Migration, so ist die Debatte sofort emotional», bestätigt Patrick Renz, Nationaldirektor der Dienststelle «Migratio» der Schweizer Bischofskonferenz, gegenüber kath.ch.

Was er in der Schweiz sowohl in den Medien wie auch im Alltag immer wieder feststellt, wurde auch im Austausch an der Konferenz in Stockholm deutlich: Oft würden Argumente ins Feld geführt, die kaum zu überprüfen seien, oder unkontrolliert aus anderen Quellen übernommen würden, heisst es in der Mitteilung.

Bessere Abstimmung nötig

Die Kirche sei in der Verantwortung, «die menschliche Mobilität in ihren Tragödien» zu zeigen, aber auch von «ihrer Schönheit und Vielfalt zu erzählen», wie es im Abschlussschreiben heisst. Eine Erkenntnis aus dem Treffen war denn auch, dass in der Migrantenpastoral Seelsorge und Kommunikation besser miteinander verbunden und entsprechende Fachleute ausgebildet werden müssen.

Kommunikation versteht Renz hier als ein Bewusstmachen der Geschichten von Migranten wie auch der Geschichten von Einheimischen. «Nur im Gespräch mit dem Gegenüber können wir in der Beziehung zu Migranten weiterkommen», sagt Patrick Renz überzeugt und schlägt damit trotz der in Stockholm geäusserten Kritik an «Fake news» einen positiven Ansatzpunkt vor.

Gemeinden und Missionen verbinden

Persönlich erfahren hat dies Patrick Renz beim Austausch mit Vertretern der schwedischen Kirche. Von hier nimmt er zudem einen auch für die Schweiz interessanten Impuls kirchlichen Handelns mit: Hinsichtlich «Integration» sei es gemäss Anders Arborelius, Bischof von Stockholm, in Schweden genau umgekehrt. Die sehr kleine Minderheit katholischer Einheimischen hätte sich zum Überleben in die fremdsprachigen Gemeinden integriert.

Im skandinavischen Land sind die Katholiken in einer deutlichen Minderheit. Ein Zusammengehen, wie es der schwedische Bischof – der Ende Juni zum Kardinal ernannt wurde – versteht, fange vor Ort, mit einer «Kultur der Begegnung», an. Und hier hakt Renz wieder ein: Ihm ist es ein Anliegen, die fremdsprachigen Missionen näher an die Pfarreien vor Ort zu bringen und die Pfarreien näher an die Missionen: «mehr Bewusstsein im Nebeneinander und Miteinander».

Seelsorge «inklusiv» der Migrantenpastoral denken, das hat der Nationaldirektor in Stockholm in der Minderheitskirche erlebt. Beeindruckt hat ihn auch die warmherzige Aufnahme vor Ort. Für Patrick Renz ein Anstoss, sich hier weiter dafür einzusetzen, dass alle Katholiken sich als eine Gemeinschaft in Vielfalt verstehen. Und er fügt an: «Wir müssen ja nicht 40 oder 50 Jahre warten, bis uns nichts mehr anderes übrigbleibt.»


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Beitrag zum Verhältnis von Pfarreien fremdsprachigen Missionen in «Kirche heute», Pfarrblatt der Nordwestschweiz.

In einem Interkulturellen Frauentreff im Kanton Bern. | © zVg
20. Juli 2018 | 05:58
Lesezeit: ca. 2 Min.
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