Philippa Rath, spielsüchtiger Pfarrer, Notker der Deutsche: Was diese Woche wichtig wird

Die deutsche Benediktinerin Philippa Rath ist heute Abend Gast in der Zürcher Paulus-Akademie. In Luzern muss sich der ehemalige Pfarrer von Küssnacht SZ vor dem Kriminalgericht verantworten. Und St. Gallen feiert den 1000. Todestag von Notker dem Deutschen.

Raphael Rauch

Die Benediktinerin Philippa Rath ist eine Frau mit vielen Talenten. Sie ist nicht nur Theologin, sondern auch Politikwissenschaftlerin und Historikerin. Als ehemalige Journalistin ist sie vor allem eines: klar und schnell.

Philippa Rath kommt in die Paulus-Akademie

Was keinen News-Wert hat, ist für Journalistinnen langweilig. Insofern dürfen wir gespannt sein, mit welchen News Philippa Rath heute Abend auftritt – in der Paulus-Akademie in Zürich. Herzlich willkommen! Gesprächsstoff gibt es genug. Zum Beispiel, was sie mit pastoralem Ungehorsam meint. Oder wie sie die neuesten Kirchenaustrittszahlen in Deutschland bewertet, die im Laufe des Tages für das Jahr 2021 bekannt gegeben werden. Wir werden berichten.

Philippa Rath hat vergangenen Freitag in Solothurn bereits die Bekanntschaft mit Schweizer Kirchengrössen gemacht, etwa der Berner Kantonalkirchenpräsidentin Marie-Louise Beyeler. Ihre Predigt ist auch drei Tage später noch lesenswert, vor allem die messerscharfe Diagnose:

«Sagen, was Sache ist, gehört nicht gerade zu den kirchlichen Spezialitäten. Weggehen, wenn’s schwierig wird, ist schon fast Programm. Aus Angst vor Veränderungen schauen viele gerne zurück in gute alte Zeiten, die es nie gab. Aber: Wir sehen einfach den Engel nicht, der uns losschickt, in genau unsere Zeit, unsere Anforderungen, in Neues hinein. Sein ruhig und gelassen ausgesprochenes ‘Fürchte dich nicht’ verhallt zu oft ungehört im Geschrei der Zeit.’»

Störung des Pride-Gottesdienstes

Am Sonntag vor einer Woche störte ein homophober Mob den Pride-Gottesdienst in Zürich – unter anderem mit einem Holzkreuz, auf dem «No Pride Month» stand. Der Berner Theologe Mathias Wirth verurteilt die Aktion wie folgt:

Trauer in Oslo

Wie verunsichert die LGBTQ-Community ist, zeigt sich nach diesem Wochenende gleich in doppelter Weise. In Oslo kam es zu einem mutmasslich islamistisch motivierten Anschlag. Statt fröhlichem Pride-Trubel war Trauerflor angesagt. Kronprinzessin Mette-Marit zündete am Sonntag in der Osloer Kathedrale eine Kerze für die Opfer an. Kronprinz Haakon konnte an der Gedenkfeier nicht teilnehmen: Er musste wegen einer Corona-Infektion kurzfristig absagen. Gute Besserung!

150 Verhaftungen in Istanbul

Auch in Istanbul erfährt die LGBTQ-Community immer mehr Repressionen. Früher gab’s in der Stadt, die Europa und Asien verbindet, ausgelassene Pride-Feiern. Doch der konservative Backlash unter Präsident Recep Tayyip Erdogan macht sich auch am Bosporus mehr und mehr bemerkbar.

Offiziell aus Sicherheitsgründen darf hier seit 2015 keine Pride mehr stattfinden. Dem Verbot widersetzten sich am Sonntag Menschen, um für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuelle, Trans- und queeren Menschen (LGBTQ) zu demonstrieren. Dabei wurden mehr als 150 Menschen festgenommen.

1000. Todestag von Notker dem Deutschen

Feststimmung in St. Gallen: Am Dienstag jährt sich der Todestag von Notker dem Deutschen zum 1000. Mal. Anders als der Name vermuten lässt, stammt Notker der Deutsche nicht aus Deutschland, sondern aus der Gegend um Wil SG oder Jonschwil.

Der Gelehrte war «der erste mittelalterliche Kommentator von Aristoteles, und seine Übersetzungen antiker lateinischer Schriften waren für die Klosterschulen, die Bildung, die Literatur (insbesondere die Sprachgeschichte) und Philosophie von grosser Bedeutung», würdigt ihn das «Historische Lexikon der Schweiz».

Eine kurzweilige Einführung in das Leben von Notker dem Deutschen gibt der Germanist Andreas Nievergelt auf YouTube:

Hier erfährt man auch, wie Notker zum Namenszusatz «der Deutsche» kam: Er war eine Art «Google Translator» des Mittelalters: Er übersetzte viele Texte aus dem Lateinischen ins Deutsche und machte so den Weg frei fürs Deutsche als Wissenschaftssprache.

Am Dienstagabend hält um 18 Uhr der Münchner Mediavist Ernst Hellgardt einen Festvortrag. Bis zum 1. Juli trifft sich die internationale Notkerforschung in der Stiftsbibliothek zu einer Tagung.

Kritik an Bischof Charles Morerod

Weniger intellektuell, dafür umso ausgelassener soll die «Soirée mousse» am Freiburger Bischofssitz werden. Am Donnerstag lädt Bischof Charles Morerod ab 17.30 Uhr zu einer Kostprobe ein: Der neunte Jahrgang des Bischofsbiers ist braufrisch. Es trägt den Namen «La Pie VII» (Pius VII.).

Das ein oder andere Bier dürfte helfen, Ärger wegzuspülen: Eine Gruppe von Seelsorgern hat sich mit einem Beschwerde-Brief an Papst Franziskus persönlich gewandt, um ihren Ärger über Bischof Charles Morerod zum Ausdruck zu bringen. Wir werden berichten.

Geistliche Musik in Freiburg

Vom 2. bis zum 10. Juli 2022 findet das 19. Internationale Festival geistlicher Musik FIMS in Freiburg statt – mit 14 Konzerten von Ensembles aus acht Ländern. Auch iranischer Klassizismus wird erklingen. Das ganze Programm finden Sie hier.

Immer am ersten Samstag im Juli wird in Mariastein das Wallfahrtsfest «Maria vom Trost» gefeiert – dieses Jahr am 2. Juli. Das Kloster Mariastein hat schon länger einen neuen Mitbewohner: den Ex-Pfarrer von Küssnacht SZ, der sich heute vor dem Kriminalgericht in Luzern verantworten muss. Er war spielsüchtig und hat über drei Millionen Franken verspielt. Auch hierüber halten wir Sie auf dem Laufenden.

Das nächste Rauchzeichen erscheint am 25. Juli – diesen Samstag verabschiede ich mich in die Sommerferien. Vielleicht hat das Bistum Basel bis dahin einen Weihbischof. Oder das Bistum Chur einen kompletten Bischofsrat und ein komplettes Domkapitel. Vielversprechender als Sommerloch-Thema dürfte indes Franziskus’ Knie werden. Am Wochenende war er nicht mit Bischofstab, sondern einem Stock zu sehen.

Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Juli mit der richtigen Balance aus Sonnenstrahlen und kühlendem Nass

Ihr

Raphael Rauch


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