Kardinal Turkson, Katholikentag, Auffahrt: Was diese Woche wichtig wird

Der Führungsstil im Zürcher Generalvikariat gibt zu reden. Kardinal Turkson ist beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Die Schweizer Bischöfe glänzen beim Katholikentag im nahe gelegenen Stuttgart mit Abwesenheit. Und der für die Schweiz zuständige ukrainisch griechisch-katholische Bischof kommt zu Besuch.

Raphael Rauch

Paul Vollmar, Peter Henrici, Josef Annen: Dass die Zeit der intellektuellen Generalvikare im Zürcher Hirschengraben vorbei ist, ist nichts Neues. Dass die Unzufriedenheit über den aktuellen Führungsstil im Zürcher Generalvikariat wächst, ist hingegen neu.

Urs Länzlinger sorgt für Kopfschütteln

Ein jüngstes Beispiel, das bei der Gruppierung «Vielstimmig Kirche sein» für Irritationen sorgt, ist die Reaktion von Personalchef Urs Länzlinger auf einen Artikel von kath.ch. 

Am Samstag porträtierte kath.ch Susanne Hirsch. Sie kam von Ostdeutschland in die Schweiz, ist Theologin und Kunsthistorikerin und findet sowohl in Chagalls Kirchenfenstern im Fraumünster als auch in den Fresken von Müstair Orte der Gotteserkenntnis. Seit Jahren ist sie in der Spitalseelsorge tätig, seit 1. Mai verstärkt sie die Leitung der Zürcher Spitalseelsorge.

Urs Länzlinger lädt Susanne Hirsch zu einem Gespräch ein

So weit, so harmlos. Wäre da nicht der Artikel auf kath.ch, dem auch zu entnehmen ist, dass Susanne Hirsch sich vor zwei Wochen öffentlich beim «Segen für alle» segnen liess – zusammen mit ihrer Freundin. Nun ist sie nicht die einzige Person im Bistum Chur, die eine Missio hat und homosexuell ist. Trotzdem sah es Urs Länzlinger als notwendig an, infolge des Artikels Susanne Hirsch für ein Gespräch einzuladen.

Vielleicht ist alles auch nur ein Missverständnis und Urs Länzlinger will Susanne Hirsch lediglich willkommen heissen, ihr zum Outing gratulieren und sagen, dass dem Bischof von Innsbruck zuzustimmen ist, der jüngst sagte: Die Kirche muss beim Thema Sexualität «pluralitätsfit» werden.

Fehlende Transparenz im Zürcher Generalvikariat

Trotzdem fragen sich Mitglieder von «Vielstimmig Kirche sein», welcher Wind im Zürcher Generalvikariat weht, und wer mit diesem willkürlich anmutenden Führungsstil motiviert werden soll. Zu erwarten ist, dass die Körperschaft einschreitet und verhindert, dass Susanne Hirsch alleine bei Urs Länzlinger antraben muss.

Der Transparenz halber hier die Fragen, die kath.ch dem Zürcher Generalvikariat gestellt hat:

Vielleicht kann das Generalvikariat noch einen Regenbogen-Crashkurs machen, bevor vom 25. bis zum 29. Mai 2022 der Jahreskongress des Europäischen Forums Christlicher LGBT-Organisationen in Zürich stattfindet – in der Paulus-Akademie. Mit Teilnehmenden aus ganz Europa. Mehr dazu hier.

Ob die bevorstehende Beförderung des Priesters Stefan Isenecker die Probleme im Zürcher Generalvikariat lösen wird, ist fraglich. Die Frauenquote im Zürcher Generalvikariat ist alarmierend tief. Bis auf Karin Iten, die als Präventionsbeauftragte ohnehin Exotinnen-Status hat, arbeiten im Zürcher Generalvikariat Frauen als Sekretärin oder als Putzfrau.

Gestern hat in Davos das Weltwirtschaftsforum begonnen. Zum ersten Mal nicht als Wintermärchen, sondern mit einer Prise Sommer. Unter den Anreisenden war auch Anastasiia Onufriv (32). Sie ist Teil der Klimabewegung «Fridays for Future» in der Ukraine. Statt Kriegshetze fordert sie von Patriarch Kyrill ökologisches Engagement à la Franziskus.

Kardinal Turkson in Davos

Kurienkardinal Peter Turkson vertritt den Heiligen Stuhl auf dem Weltwirtschaftsforum – allerdings ohne eine offizielle Botschaft des Papstes zu übermitteln. Die gibt es dieses Jahr nicht. Auch sonst macht sich der Vatikan dieses Jahr rar. Überhaupt gab es in früheren Jahren mehr katholische Promis. Vom katholischen Hochadel sind dieses Jahr lediglich Fürst Albert II. von Monaco und Erbprinz Alois von Liechtenstein vertreten.

Die Auftaktrede beim Weltwirtschaftsforum in Davos hält heute der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij, der digital zugeschalten wird. Seine Rede dürfte zugleich der Höhepunkt des diesjährigen WEF werden. Sein Aussenminister wird persönlich nach Davos reisen – ebenso Wladimir Klitschko.

«Russian Warcrimes House»

Die Liegenschaft, die normalerweise das «Russia House» beherbergt, ist dieser Tage in «Russian Warcrimes House» umbenannt. Hier sind Fotos und Videos der Kriegsverbrechen dokumentiert, die seit dem 24. Februar die Welt beschäftigen.

Die Gewalt wird mal explizit, mal implizit gezeigt. Ikonische Züge hat diese Darstellung von Mikhail Palichak, der eine Christusfigur ohne rechten Arm an einem Wegesrand bei Kiew fotografiert hat.

Dieses Foto ist auch theologisch spannend, schliesslich überliefert uns das Karfreitagsevangelium: Als die Soldaten «aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht». Dem Jesus bei Kiew indes wurde der rechte Arm sehr wohl abgeschlagen.

Die intakten Gebeine verweisen auf das perfekte Osterlamm

Ich habe mich immer gefragt, warum Jesu Beine am Kreuz nicht zerschlagen werden – da er ja eh aufersteht, dürfte es ja keine Rolle spielen, ob mit oder ohne Fraktur.

Genau diese Frage habe ich dem emeritierten Exegeten Walter Kirchschläger von der Uni Luzern in der Karwoche gestellt. Er erklärte mir geduldig im Podcast-Interview, dass die Karfreitagserzählung auf die Lesung des Gründonnerstags verweist: auf den Exodus, also den Auszug der Jüdinnen und Juden aus Ägypten.

Die Menschen feiern ein Abschiedsmahl und schlachten laut Überlieferung ein einjähriges, «fehlerfreies» Lamm. Laut Walter Kirchschläger durfte das Lamm also keine zerbrochenen Knochen haben. Und deswegen würden Jesus am Kreuz die Beine nicht zerschlagen – denn bereits Johannes der Täufer habe gesagt, Jesus sei das Lamm Gottes.

Die Brutalität des Krieges

Die Realität in der Ukraine indes ist brutal. Laut der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar mehr als 6,4 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine geflohen. Die meisten Menschen zogen in die Nachbarländer Polen (3,4 Millionen), Rumänien (943’000), Russland (888’000) und Ungarn (627’000).

Der Krieg in der Ukraine hat auch massive Konsequenzen für die Getreidepreise und die Welternährung. Nach Einschätzung der Vereinten Nationen könnten in den kommenden drei Monaten 18 Millionen Menschen in der Sahelzone akut von Hunger betroffen sein. Die Lage sei so gravierend wie seit 2014 nicht mehr.

Katholikentag in Stuttgart

Am Mittwoch beginnt in Stuttgart der deutsche Katholikentag. Seit dem Katholikentag 2004 in Ulm gab es kein nationales Treffen der deutschen Katholikinnen und Katholiken mehr, das so nahe an der Schweizer Landesgrenze stattfindet. Umso mehr überrascht, dass kein Schweizer Bischof an dem offiziellen Programm teilnimmt.

Dafür sind Schweizer Laiinnen und Laien umso prominenter vertreten. Eine Auswahl: Ökumenische Perspektiven auf Paulus und den Römerbrief gibt Thomas Schumacher, Professor für Neues Testament in Freiburg. Über Orden und Gemeinschaften im 21. Jahrhundert unterhalten sich unter anderem Jörg Hinderer, Geistlicher Begleiter im deutschen Rheinfelden, und Schwester Delia Klingler vom Diakonissenhaus in Riehen. Seit Jahren nimmt das gesamte Seelsorgeteam der Pfarrei Rheinfelden-Magden-Olsberg (Schweiz) als gemeinsame Weiterbildung an den Katholiken- und Kirchentagen teil – so auch dieses Mal in Stuttgart.

Patti Basler – eine Schweizer Antwort auf Caroline Kebekus

Die Frage «Auf dem Weg zur europäischen Solidarität? Der Beitrag von Christinnen und Christen» diskutiert unter anderem Jeannette Behringer, Vizepräsidentin der European Christian Convention in Zürich. Der Freiburger Moraltheologe Daniel Bogner gibt Antworten auf die Fragen: «Was fehlt in der globalen Welt von heute? Was fehlt in der katholischen Kirche? Was fehlt im theologischen Denken?»

Der Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz, Daniel Kosch, eröffnet Schweizer Partizipationsperspektiven auf Bischofsordinationen. Und Patti Basler wird den Deutschen zeigen, dass sie beim Poetry-Slam das Zeug für eine Schweizer Antwort auf Caroline Kebekus hat.

Auffahrt in Sempach mit Bischof Felix Gmür

Am Donnerstag ist Auffahrt. Sempach freut sich dieses Jahr auf einen ganz besonderen Umritt: Mit zwei Jahren Corona-Verspätung wird hier das 500-Jahre-Jubiläum gefeiert – mit Bischof Felix Gmür.

Am Freitag würdigt das Kloster Einsiedeln einen musikalischen Leckerbissen: Die h-moll-Messe von Johann Sebastian Bach, die 1950 zum ersten Mal in der Klosterkirche Einsiedeln aufgeführt wurde – im Rahmen eines Pontifikalamtes von Abt Benno Gut, der später Kardinal wurde. «Zweifellos wird es ein eindrückliches Ereignis, wenn nach über 70 Jahren erstmals wieder in einem Einsiedler Pontifikalamt die gesamte h-moll-Messe erklingt», teilt das Kloster mit. «Dieses Mal wird Abt Urban Federer zelebrieren und sein Amtsvorgänger als Abt des Klosters Einsiedeln, Pater Martin Werlen, die Predigt halten.»

Die Aufführung wird mit einem Symposium begleitet – mehr dazu hier. Mit Spannung wird erwartet, ob Schwestern aus dem Kloster Fahr die Liturgie mitgestalten. Oder ob das Pontifikalamt wie vor 70 Jahren ein klerikales Ereignis bleibt.

Bischof der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche in der Schweiz

Am Samstag kommt der für die Schweiz zuständige Bischof der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche in die Schweiz, genauer: der Apostolische Administrator der Eparchie Saint Vladimir le Grand de Paris. 

Er wird am Samstag aus Paris anreisen und am Sonntag in Lausanne einen Gottesdienst feiern. Auch ist er Gast der Vollversammlung der Schweizer Bischofskonferenz nächste Woche in Einsiedeln. Am Mittwoch, 1. Juni, wird er zudem eine Vesper in Bern und am Donnerstag, 2. Juni, einen Gottesdienst in Zürich feiern.

Was wird nächste Woche wichtig? Ich freue mich über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen

Ihr

Raphael Rauch


Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/kardinal-turkson-katholikentag-auffahrt-was-diese-woche-wichtig-wird/