Wenn der Vatikan mal wieder über die Gesundheit des Papstes schweigt...

Papst Franziskus und seine Gesundheit: Kaum ein Thema im Vatikan weckt grössere Aufmerksamkeit. Grund dafür sind mitunter wilde Spekulationen der Medien – und ein schweigender Vatikan.

Severina Bartonitschek

Der Papst war am Dienstag im Krankenhaus. Schon wieder. Das berichtete zuerst die italienische Nachrichtenagentur «Ansa» unter Berufung auf «zuverlässige Quellen». Demnach soll er um 10.40 Uhr am Dienstag in die Abteilung für Altersmedizin eingeliefert worden sein.

Der Grund: Kontrolluntersuchungen. Vor 12 Uhr soll er das Krankenhaus dann wieder verlassen haben. Aufgrund von Journalistenanfragen bestätigte der Vatikan den Klinikaufenthalt am frühen Nachmittag.

Negative Erinnerungen

Obwohl diesmal alles zusammenzupassen scheint, weckt der Grund des Klinikaufenthalts negative Erinnerungen. Ende März verbrachte Franziskus schon einmal drei Tage in der römischen Gemelli-Klinik.

Als damals seine Einlieferung bekannt wurde, sprach der Vatikan von «geplanten Untersuchungen». Italienische Medien berichteten hingegen von einer Krankenwagenfahrt Richtung kardiologische Abteilung, auch von einem Herzinfarkt war die Rede.

Vatikansprecher korrigiert: Atemwegsinfektion

Vatikansprecher Matteo Bruni korrigierte daraufhin seine erste Mitteilung. Franziskus habe eine Atemwegsinfektion, «die einige Tage lang eine angemessene medizinische Behandlung im Krankenhaus erfordern wird». Es solle sich weder um eine Lungenentzündung noch um eine Coronainfektion handeln.

Papst erzählt von Lungenentzündung

Obwohl Bruni diese Informationen vermutlich auf Anweisung herausgegeben hatte, liess ihn sein oberster Chef kurze Zeit später auflaufen. Vor versammelter Journalistenschar erzählte Franziskus freimütig von einer Lungenentzündung.

Er habe sich schlecht gefühlt und hohes Fieber bekommen und sei dann in die Klinik eingeliefert worden, so der Papst auf seiner Rückreise aus Ungarn. Also doch keine Bronchitis?

Wer einmal lügt…

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, lautet ein bekanntes Sprichwort. Das beschreibt derzeit treffend die Beziehung zwischen Journalisten und Vatikan-Presseamt. Alteingesessene «Vaticanisti» erinnern sich wehmütig an die Zeiten von Papstsprecher Joaquin Navarro-Valls: Knapp zwei Jahrzehnte lang begleitete der Spanier Papst Johannes Paul II. – bis zu dessen Tod 2005.

Klinik als «Nebenvatikan»

Der polnische Papst verbrachte zum Ende seines Lebens viel Zeit in der Gemelli-Klinik. Wegen seiner häufigen Aufenthalte dort bezeichnete er das Krankenhaus einmal scherzhaft als eine Art Nebenvatikan. Navarro-Valls begleitete seinen Chef in dem eigenen Papsttrakt der Klinik.

Und er versorgte Medienvertreter mit Informationen. Regelmässig klärte der Pressesprecher, selbst Mediziner, Journalisten über den Zustand des Papstes auf – proaktiv.

Heute wird erst mal nichts kommuniziert

Die Kommunikationsstrategie des Vatikans heute ist das exakte Gegenteil. Statt mögliche Spekulationen im Voraus zu vermeiden und offen über Vorgänge zu kommunizieren, passiert erst einmal nichts.

Getrieben von zahlreichen Medienanfragen folgt erst Stunden später eine kurze Mitteilung. Deklariert ist sie als Erklärung von Pressedirektor Bruni. Zuvor dürfte sie wohl schon durch viele Hände innerhalb der Kommunikationsbehörde und mitunter des Staatssekretariats gegangen sein. Das könnte die lange Reaktionszeit erklären.

Papst wirkte oft geschwächt

Nach seinem letzten längeren Krankenhausaufenthalt wirkte der Papst oft geschwächt oder angestrengt. Trotzdem schont sich der 86-Jährige nicht. Nur einen Tag nach seinem letzten Klinikaufenthalt feierte er eine Messe auf dem Petersplatz.

Mit Ausnahme des Kreuzwegs am Kolosseum nahm der Papst alle Ostertermine wahr, flog kurze Zeit später für drei Tage nach Ungarn und legte auch danach kaum eine Pause ein. Lediglich am 26. Mai sagte er alle Tagestermine aufgrund von Fieber ab.

Lungenentzündung verschleppt?

Gut möglich also, dass er dabei seine Lungenentzündung verschleppt hat. Vielleicht ist es auch eine geplante Routineuntersuchung nach seinem letzten Klinikaufenthalt. Spektakulär ist das alles nicht: Das Alter des Papstes, sein sowie schon angeschlagener Gesundheitszustand, der Kontakt mit vielen Menschen und das enorme Arbeitspensum bedingen Erkrankungen.

Für den als Sturkopf bekannten Franziskus ist «Kürzer treten» offenbar keine Option, weitere Gesundheitsprobleme werden sich kaum vermeiden lassen. Nach dem kürzlichen Kommunikationsdesaster war die Hoffnung auf eine geänderte vatikanische Medienstrategie gross – aktuell lässt sie noch auf sich warten. (cic)


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