Früher Skirennprofi, heute Pfarreiratspräsidentin

Der Pfaffencup ist das traditionelle Ski- und Langlaufrennen der kirchlichen Mitarbeitenden im Oberwallis. In diesem Jahr fand er aufgrund Schneemangels nicht regulär statt. Pfarrer Konrad Rieder organisierte ein Alternativ-Programm. Mit dabei: Madlen Brigger-Summermatter, die 65 Weltcuprennen bestritt. Sie ist die Pfarreiratspräsidentin von Staldenried.

Sarah Stutte

Dienstagmorgen, 10.30 Uhr: Bei strahlendem Sonnenschein treffen sich pünktlich die kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Oberwallis beim Skilift Gluringen. Genauer gesagt: im Restaurant Tenne gegenüber. Es gibt einen Morgenkaffee.

Einige werfen einen wehmütigen Blick auf die fast schon frühlingshafte, weil mit wenig Restschnee bedeckte Skipiste, auf der normalerweise die traditionellen Pfaffencup-Slalomrennen stattfinden.

Dann verteilen sich fast 40 Menschen auf verschiedene Autos und gemeinsam geht’s nach Oberwald ins private Skimuseum des Gommer Langlauf-Urgesteins Toni Hischier.

Museum im Stall

Der führt die gut aufgelegten Oberwalliser Pfarrer, Altpfarrer, Sakristaninnen und Sakristane, Pfarreisekretärinnen und Katechetinnen, Pastoralassistentinnen und Pfarreiratspräsidentinnen in zwei Gruppen nacheinander durch das zweistöckige Chalet – einem ehemaligen, umgebauten Viehstall. Hier findet sich allerlei Kurioses auf engstem Raum.

Im unteren Stock gibt es ein Sammelsurium an historischen Alltagsgegenständen zu entdecken: vom alten Blechgeschirr und Puppen bis zu Instrumenten, Werkzeug, Kleidung und Möbel. Alles Dinge aus einer längst vergangenen Zeit, als die Dörfer im Obergoms noch weitgehend autark und zurückgezogen lebten.

Skistöcke aus Haselnuss

Eine schmale Holztreppe führt ins Obergeschoss – dem Herzstück des kleinen Museums. Vom Boden bis zur Decke ist der Raum mit Skiern aller Farben und Materialien geschmückt, vorwiegend Langlauf – aber auch alpine Bretter, die ältesten Stücke datiert auf das Jahr 1896.

Der 78-jährige Toni Hischier erzählt seinen Gästen mit viel Enthusiasmus und Leidenschaft interessante Anekdoten über Skier aus Eschenholz, Stöcke aus Haselnuss oder innovative Skischuhe mit Schnallen, die aus Velobremsen konstruiert wurden. Zu jeder Medaille, Unterschrift und jedem Accessoire gibt es eine Geschichte.

Mit viel Liebe gemacht

Das Pfarrergrüppchen, bestehend aus Konrad Rieder, Pfaffencup-Organisator und Pfarrer von Saas-Fee, Edi Arnold, Pfarrer von Brig, und Daniel Rotzer, Pfarrer von Glis, dem der Museumsbesitzer gerade etwas erklärt, staunt nicht schlecht. «Unglaublich, wieviel du hier hast und was du alles darüber weisst», sagt Konrad Rieder.

Auch die anderen kirchlichen Besucherinnen und Besucher, die sich nun vor dem Museum zum Apéro versammelt haben, sind vom Museum angetan. «Das ist schon sehr beeindruckend und mit viel Liebe gemacht», sagt Beatrice Kiechler, Sakristanin in Münster.

Ehemalige Skirennfahrerin dabei

Andere sind wiederum davon begeistert, dass eine ehemalige Schweizer Skirennfahrerin in ihrer Mitte weilt – und zusammen mit ihnen das Skimuseum besucht. Die Pfarreiratspräsidentin von Staldenried, Madlen Brigger-Summermatter, bestritt 65 Weltcuprennen. 1993 holte sie bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Colere die Silbermedaille im Super-G.

Konrad Rieder prophezeit deshalb der noch nicht so lange im kirchlichen Amt tätigen Summermatter einen satten Vorsprung, sofern sie im nächsten Jahr oder einem darauffolgenden ihren ersten regulären Pfaffencup bestreiten wird.

Derweil fragt Dolphy Veigas, Pfarrer von Stalden, Staldenried und Eisten während des Rundgangs diese spasseshalber, ob ihre Ski hier auch irgendwo hängen. Beide schauen zur Sicherheit einmal nach, werden aber ob der Menge nicht fündig.

Zuschauer statt Skifahrer

Nachdem alle einmal das sicherlich kleinste Museum im Oberwallis begangen haben und sich auf dem Platz davor mit Wein, Wasser und Rosinenbrötchen stärken konnten, führt die Fahrt zurück, wiederum ins Restaurant Tenne.

Beim gemeinsamen Mittagessen mit «Gsottus» erzählt Joseph Shen, Pfarrer von Gampel, dass ihm die Programmänderung lieber gewesen ist, als der Skianlass. Der gebürtig aus China stammende Shen sei normalerweise nur als Zuschauer am Pfaffencup dabei.

«Ich fahre nicht Ski. Das ist mir zu gefährlich», meint er. Konrad Rieder versucht ihn zu überzeugen, es im nächsten Jahr vielleicht doch einmal zu probieren. Shen bleibt jedoch skeptisch.

Hoffnung auf Schnee

Mit Gesprächen über die grösste Kirchenglocke in Europa klingt der Nachmittag gemütlich aus. Leider gibt es diesmal kein «Mälchgschirr» an die Renngewinnerinnen und Gewinner zu vergeben. Das bleibt nach zwei Jahren Corona-Pause und der diesjährigen Alternativveranstaltung vorerst bei den Siegern von 2020.

Eleonora Biderbost, Seelsorgehelferin Obergoms, gewann zuletzt bei den Frauen, Martin Furrer, Sakristan von Brig, bei den Männern. Fast alle hoffen deshalb auf mehr Schnee im nächsten Jahr, damit sich die Oberwalliser Kirchenleute wieder auf der Piste messen können.


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