Vom «Segen für alle» bis zur «perversen Homosexualität»: So divers sind die Statements von Prag

Die europäischen Bischofskonferenzen haben im Februar in Prag über Synodalität diskutiert. Nun hat der CCEE die Statements aller Delegationen veröffentlicht. Die europäische Vielfalt zeigt sich etwa beim Thema LGBTQ+: Während Länder wie die Schweiz, Deutschland oder Luxemburg Inklusion wollen, ist für die ukrainische Delegation Homosexualität «pervers und sündhaft».

Annalena Müller

Zwischen dem 5. und 9. Februar debattierten Delegierte aus 39 europäischen Ländern in Prag über den synodalen Prozess. Vom 10. bis zum 12. Februar berieten die Bischöfe unter sich. Das Abschlussdokument ist noch nicht veröffentlicht. Dafür hat der Europäische Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) in St. Gallen am Donnerstag die Statements der nationalen Delegationen veröffentlicht.

Tatjana Disteli und Helena Jeppesen sprechen für die Schweiz

Am 6. und 7. Februar trugen die Delegierten in dreiminütigen Statements die Ergebnisse der vorangegangenen nationalen Synoden vor. Für die Schweiz sprachen Tatjana Disteli und Helena Jeppesen

Ausserdem diskutierten die Vertreterinnen Vertreter in Arbeitsgruppen über zentrale Themen der Kirche. Dazu gehörten Fragen der Zulassung Wiederverheirateter zur Kommunion, das Frauenpriestertum und die Inklusion von LGTBQ+.

Ost-West-Gefälle

Besonders beim Thema LGBTQ+ zeigte sich ein Ost-West-Gefälle: Während die westlichen Kirchen für Inklusion warben, lehnten die Delegierten der osteuropäischen Kirche diese weitgehend ab. Wie dem Statement der ukrainischen Delegation zu entnehmen ist, werden hier homosexuelle Beziehungen als «pervers und sündhaft» interpretiert. 

Mehr noch: Homosexualität sei «genauso sündhaft wie die Ausbeutung von Minderjährigen und Schwachen sowie sexueller Missbrauch, wirtschaftlicher Missbrauch, das heisst Korruption im weitesten Sinne, und Missbrauch in Bezug auf Macht und Gewissen, das heisst geistige und psychische Gewalt», heisst es im ukrainischen Bericht.

Verstörende Denkfigur

Hier spiegelt sich eine verstörende Denkfigur wider, die vor allem in Osteuropa anzutreffen ist. Vor allem die ältere Generation ist in einem Katholizismus aufgewachsen, der Homosexualität auf eine Stufe mit Mord stellte. Der tschechische Kardinal Tomášk (1899–1992) etwa verfasste 1955 einen Katechismus, wonach vier Sünden «zum Himmel schreien»: Unterdrückung von Untergebenen, Unterdrückung von Witwen und Kindern sowie Mord und Homosexualität.

Neben regionalen Unterschieden spielten auch politische Gegebenheiten in Prag eine Rolle. Der ukrainische Beitrag findet drastische Worte zum Krieg, während der russische in allen Bereichen auffällig vage bleibt. Weder der Krieg, noch Beziehungen oder Reformwünsche werden erwähnt. Man spürt beim Lesen geradezu den Maulkorb der Diktatur.

Transparenz das oberste Gebot des CCEE

Das Bemühen um Transparenz des CCEE war bereits in Prag deutlich zu spüren. Und mit der Veröffentlichung der nationalen Statements macht das CCEE das, was in Prag gesagt wurde, nachvollziehbar. Auch die Debatten können auf YouTube angeschaut werden.

Allerdings hat das CCEE das in Prag gemachte Versprechen nicht eingelöst, zeitnah den Abschlussbericht den Delegierten zur Verfügung zu stellen. Denn diese sollen ja auch noch Gelegenheit haben, Feedback und Änderungsvorschläge einspeisen zu können. 


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